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Kurt Ostbahn - Blutrausch

Kurt Ostbahn - Blutrausch

Titel: Kurt Ostbahn - Blutrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenter Broedl
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an. Der Vergleich macht Sie sicher.“
    Wir sind mittlerweile in der nicht sonderlich belebten Kirchengasse, sonst würde ich jetzt nicht tun, was vor wenigen Minuten Trainer und Trash getan haben. Aber so lasse ich mir vor dem Schaufenster einer Videothek die zwei Platten reichen und muß tatsächlich feststellen, daß sich die echte von der gefälschten Whitney dadurch unterscheidet, daß das Silber der echten einen leichten Rotstich hat, der der falschen fehlt.
    „Die Pantone“, freut sich der Trainer. „Ganz eindeutig. Die Einfärbung der Scheibe. Die haben die Piraten entweder übersehen oder, was wahrscheinlicher ist, sie haben den Farbton nicht richtig hingekriegt.“
    „Meine Herren!“ sage ich ehrlich beeindruckt. „Das war ganze Arbeit.“
    „Das war erst der Anfang“, sagt der Doc.
    „Ahja?“ sage ich. „Also mir ist alles sonnenklar.“
    Der Doc winkt ab.
    „Keine voreiligen Schlußfolgerungen“, sagt er. „Die bringen uns nicht weiter. Die führen in die Cul de sac.“
    „Darf ich trotzdem? Ausnahmsweise. Quasi als Laie. Und außer Konkurrenz. Ich hab nämlich einen wichtigen Termin und hätte die lästige Angelegenheit vorher gern ...“
    „Vergiß ihn“, sagt der Trainer.
    Ich will ihn kurz darüber belehren, daß das Leben noch größere Sensationen zu bieten hat als Whitney-Houston-Platten mit und ohne Rotstich. Dann bleibe ich lieber doch beim Thema. Diskussionen kosten Zeit. Diskussionen mit dem Trainer ganz besonders. Und Diskussionen mit Trainer und Trash können Tage dauern. Das würde mein junges Glück nicht überleben.
    Also setze ich den beiden Experten auseinander, warum der Fall Wickerl & Whitney für mich eine gemähte Wiese ist, wie man so sagt.
    „Unser Freund Wickerl war einer jener jungen haltlosen Menschen aus zerrüttetem Elternhaus, die in Ermangelung innerer Werte in ihrem Leben oft nur ein Ziel kennen: nämlich rasch und unbürokratisch an das große Geld zu kommen.
    Manche stellen das schlau an, andere wiederum, wie unser Wickerl, versuchen ihr Glück mit der Musik. Auch da trennen bald Plattenvertrag und Tantiemenregen den Wiffzack vom Verlierer. Der Wickerl verschrieb sich einer, zumindest in unseren Breiten, recht brotlosen Kunst. Er spielte Baß in einer Schwermetall-Combo, von der wir nicht viel mehr wissen, als daß sie „Mom & Dead“ heißt und entweder Death-, Trash- oder Sex-Metal spielt. Und weil das in der schönen aber auch rauhen Welt der Rock-and-Roll-Musik (und nicht nur da, sondern zum Beispiel auch in der weißen Welt der Ärzte) zum guten Ton gehört, soff der Wickerl wie ein Loch. Und wenn er was in die Finger bekam, das ihn schneller machte, als der Liebe Gott das bei ihm vorgesehen hatte, dann schluckte oder schnupfte er das Zeug ohne Rücksicht auf Verluste. Was nach einer Reihe von bandinternen Wickeln, von denen wir nur wissen, daß sie sowohl privater als auch finanzieller Natur waren, den Verlust seines Bassistenjobs zur Folge hatte.
    In dieser Zeit der persönlichen und monetären Krisen trifft der Wickerl auf einen Menschen, der die Wickerls dieser Welt für seinen Broterwerb ganz dringend braucht. Er ist Geschäftsmann, vielleicht der Boß persönlich, wahrscheinlich aber nur ein leitender Mitarbeiter, und in seiner Branche haben gestrauchelte junge Männer mit einem Faible fürs große Geld gute Aufstiegschancen. Vorausgesetzt, sie stellen nicht viel Fragen und machen in ihrer Lehrzeit jeden Job, den man ihnen schafft. Zum Beispiel: aus der Slowakei oder Ungarn Raubkopien von Platten und Videocassetten nach Österreich zu karren, ohne an der Grenze den Zollbeamten unnötige Arbeit zu machen. Ein zwar nicht ganz legaler, aber auch nicht wirklich halsbrecherischer Job, der dem Wickerl viel Freude macht, weil er dabei sogar seiner geliebten Musik verbunden bleibt. Wahrscheinlich würde er lieber Platten von Metallica oder Sepultura schmuggeln, aber die rechnen sich nicht, sagt sein Gönner, der Pirat, die bringen nicht das ganz große Geld.
    Also chauffiert der Wickerl die falschen Whitneys pünktlich zum Weihnachtsgeschäft nach Österreich, ins Lager der Firma Media Sales , wo sie dann in die gefälschten Covers gepackt werden sollen. Er macht das ein paar Mal, wird für seine Zusteildienste ganz ordentlich belohnt, aber vom wirklichen großen Geld ist er Lichtjahre entfernt.
    Und eines Nachts, vielleicht während einer seiner langen, einsamen Überlandfahrten, kommt der Wickerl auf eine grandiose Idee, die er sich ohne eine

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