Kurt Ostbahn - Blutrausch
plötzlich so in den Hörer brülle.
Also bringe ich ihn auf den neuesten Stand der Ermittlungen und treffe, während ich mir beim Reden zuhöre, eine längst überfällige Entscheidung.
„Ich hab ein Problem“, sage ich, und zu allem Überfluß mischt sich auch noch die seelenlose Stimme der Telefonistin aus dem Palace ein. Abgereist, sagt sie immer wieder. Und: Keine Nachricht. Tut mir leid.
„Mir wächst die Sache schön langsam über den Kopf. Und daher werden wir uns elegant und ohne Gesichtsverlust, aber dafür noch heute aus dem Metier zurückziehen. Eine letzte gute Tat, und dann ist Schluß.“
„Moment“, erhebt der Doc Einspruch, aber in Krisensituationen wie dieser mache ich die Prozeßordnung, und Einspruch ist da nicht vorgesehen.
„Ich werde noch heute Nacht der Frau Tomschik die Videocassetten, die ihr offensichtlich der Wickerl gefladert hat und die derzeit blöderweise in unserem Besitz sind, zurückerstatten. Wie ich dich kenne, hast du die Höhepunkte der AAS -Party schon längst für dein Archiv kopiert.“ „So ist es“, sagt der Doc.
„Gut. Ich bringe der lauten Donna also ihre teuflischen Videos zurück. Sie freut sich wie ein Schneekönig. Im Gegenzug erfahre ich, was ihr der Wickerl oder sie dem Wickerl angetan hat, was es bei Fürst Astaroths Sexualwarenhandel Neues gibt und wer aus ihrem immens großen Bekanntenkreis den Leuten gern das Herz aus der Brust schneidet. Diese Informationen wiederum gebe ich an meinen alten Freund Brunner weiter, der ein anständiger Mensch und Polizist ist, und damit sind wir aus dem Schneider, und wenn wir Glück haben, fällt für unseren finanzmaroden Freund, den Trainer, sogar noch eine Belohnung ab.“
„Klug gedacht, Kurtl“, attestiert mir der Doc.
Meint dann aber einschränkend, daß ein anständiger Krimineser immer noch ein Krimineser ist und wir zuerst im Trio absprechen sollten, was er von uns zu hören kriegt.
„Genau so wird das sein“, sage ich. „Aber da ist noch ein Problem.“
„Kann nicht sein“, sagt der Doc.
„Kannst du mit einer deiner Höllenmaschinen Kontakt zum Palace -Hotel in Paris aufnehmen?“
Als ein Mensch, der weder Schlaf noch sowas wie Privatleben kennt, ist der Doc mit den seelischen Abgründen, die hinter meiner bescheidenen Anfrage stehen, natürlich überfordert.
„Dienstlich oder privat?“ will er wissen.
„Ich will nur herausfinden, ob eine Madame Thompson heute dort eingecheckt hat, heute noch einchecken wird oder wie oder was.“
„Wie heißt die Flamme?“
„Thompson“, sage ich. „Marlene.“
„Der Name sagt mir was“, meint der Doc.
„Dietrich“, sage ich.
„Sehr witzig“, rügt mich der Doc. „Thompson, Thompson. Das ist mir neulich erst wo untergekommen.“
„Eher in Mayerling oder mehr in Sechshaus?“
„Ruf die strenge Donna an und melde dich dann wieder“, sagt er unwirsch und legt auf.
Im Falle Thompson hätte ich ihm Hunter S. anbieten können. Amerikanischer Journalist und Schriftsteller, der sich einige Jahrzehnte fast ausschließlich von Drogen und Alkohol ernährt hat und trotzdem oder gerade deshalb eine Menge sauguter Stories geschrieben hat.
Du liest Bücher? hätte mich der Doc mit leisem Spott gefragt. Nein, hätte ich geantwortet. Das hab ich vom Trainer. Briefing. Für den Fall, daß mir ein überschlauer Journalist beim Interview mit dieser Frage kommt.
Aber die Leitung ist tot.
Was nicht sein soll, soll nicht sein.
24
Donna hat Migräne. Oder es ist der Föhn. Oder der Rotwein gestern bei meinem Wirten. Vielleicht sind es aber auch die Folgen des Schneetreibens mit Plattenbruder Steve?
Egal.
Gnädigste sind leidend und haben eigentlich keinen Bock drauf, mich zu empfangen und das gestern nicht zustandegekommene Plauscherl unter Kollegen heute nachzuholen. Und das mit dem gemeinsamen Video, krächzt sie matt in den Hörer, das war gestern zwar recht lustig, aber bei Tageslicht besehen, passen eine Donna und der Kurtl nicht so wirklich zusammen. Imagemäßig.
„Und außerdem müssen wir zuerst die Platte aufnehmen, dann erst kann man sich über ein entsprechendes Video den Kopf zerbrechen“, spricht sie ein wahres Wort gelassen aus.
Ich sage in den himmelblauen Hörer des Chevy, daß ich sie eigentlich nicht der Geschäfte wegen treffen will, sondern aus persönlichen Gründen.
„Häh?“ macht Donna und lacht dann schrill.
Ihre Migräne ist im Abklingen.
„Willst mich rollen oder nimmst mich auf die Schaufel?“
„Es gibt da
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