Kurt Ostbahn - Blutrausch
Nachmittag wurde ein weißer Citröen am Parkplatz der Pension Gloriette gesehen. Vom Tagportier. Zirka zwei Stunden, bevor der Behrens ausgecheckt hat und am Parkplatz umgebracht und in seinen Kofferraum gepackt wurde.“
„Wann das nicht zufällig ein ganz anderer weißer Citröen war, der Ihnen heute von der Tomschik-Wohnung in die Reindorfgasse nachgefahren is, dann schaut’s schlecht aus, Herr Ostbahn“, sagt Skocik, der die meisten Menschen erst dann mag, wenn sie tot sind. Aber dann auch nicht so wirklich, weil sie ihm als Leiche nur viel Arbeit machen.
„Großartig“, sage ich.
Brunner hat sein zweites Gösser geleert, und das bringt ihn auf eine brilliante Idee.
„Also wann Sie noch ein Bier holen wollen, Herr Doktor“, sagt er, „dann begleit ich Sie hinunter zum Billa. “
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Es ist haarsträubend.
Da macht man einen Sprung zum Billa , und wenn man wiederkommt, liegen die ohnedies erbärmlichen Reste deines Privatlebens in Schutt und Asche.
Trainer und Trash haben, garantiert aufgehetzt von Menschenfeind Skocik, am Computer eine pervertierte Version meiner Theorie durchgespielt und präsentieren nun den Tathergang, Motiv und Täter.
Das hört sich zu Beginn noch recht harmlos, weil für den Laien völlig unverständlich an, und die vielen Namen, Stichworte und grafischen Symbole in den vielen netten Farben sehen zirka so gefährlich aus wie die High-Tech-Ausgabe des Pflanzenbestimmungsbuches meiner Schulzeit, aber schon bald nach der trockenen Einführung in die Logistik des Spieles beschleicht mich das kalte Grausen.
Von den drei Leichen, Wickerl, Rudi und Steve (die am Bildschirm hinter ihren Namen niedliche Dolche als Symbol für ihr unfreiwilliges Ableben tragen; Wickerl und Steve zusätzlich ein rotes Spielkartenherz als Hinweis auf die Spezialität des Schlächters), führt eine Vielzahl von bunten Verweisen zu sämtlichen uns bekannten Personen, Gruppen, Firmen und Vereinen, mit denen die Opfer Kontakt hatten.
Da gibt es eine Media Sales -Connection, eine besonders dicke Donna-Connection, eine AAS -Connection usw., die ihrerseits wiederum durch Querverweise und Stichworte (z.B. „Weißer Citröen“, „Whitney Houston“, Rallye ) miteinander in Zusammenhang gebracht werden können.
Wenn sich nun jemand in diesen Datendschungel begibt, um den potentiellen Mörder aufzuspüren, aber gleichzeitig und vor allem meinem desolaten Seelenleben einen weiteren Tiefschlag versetzen will, dann kommt er über viele bunte Connections natürlich auch auf Marlene und ihren psychisch ramponierten Zwillingssohn Gilbert Levy.
Und ich kann garnix tun, als noch ein Bier zu trinken und mir die mit garantiert unhaltbaren Vermutungen zusammengekleisterten Daten aus dem Dschungelbuch anzuhören:
Der schöne Gily, Elfi Tomschiks Dream-Lover, kommt also heute vor einer Woche aus LA und bringt seiner Liebsten als Gastgeschenk die Videos ihrer gemeinsamen AAS -Performance mit. Die Wiedersehensfeier des jungen Paares wird gestört durch den unangemeldeten Auftritt von Wickerl Auer, dem Ex-Lover und Langzeit-Flocki der herrischen Donna. Er bricht einen Streit mit Gily vom Zaun und fladert dem eingerauchten und liebestrunkenen Paar sechs Video-Cassetten.
Auf den Bändern, die ausschließlich für den Privatgebrauch der AAS -Gemeinde bestimmt sind, sieht man unter anderem den amerikanischen Serienstar Kelly Nichols, sowie Donna Tomschik und Gilbert Levy bei sexuellen Kampfsportübungen, die den von Eifersucht, Rachegelüsten, Geldgier und Drogenmißbrauch verwirrten Geist des Ludwig Auer auf eine fiese Idee bringen:
Die Regenbogen-Presse läßt für solche auf Videoband dokumentierten Ausschweifungen der Schönen und Reichen fürstliche Honorare springen.
Aber: das wirklich große Geld ist bei denen zu holen, die um ihr blütenreines Image, ihren guten Ruf und Namen fürchten müssen, wenn die finsteren sexuellen Praktiken ihrer Liebsten und Anverwandten in die Schlagzeilen geraten.
Der Herr Stadtbaumeister Dipl.Ing. Hans Tomschik, zum Beispiel, der dann mit den Ausbesserungsarbeiten an der Fassade seiner Musterfamilie so viel zu tun hätte, daß die Renovierung der Fassaden von Wiener Jugendstilhäusern, deren Revitalisierung sein täglich Brot bedeutet, arg darunter leiden würde;
oder der väterliche Freund von Kelly Nichols, der als Förderer der schönen Künste und Besitzer einer kalifornischen Autowaschanlagen-Kette sein Saubermann-Image für immer los wäre;
und in erster Linie der
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