Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kurt Ostbahn - Blutrausch

Kurt Ostbahn - Blutrausch

Titel: Kurt Ostbahn - Blutrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenter Broedl
Vom Netzwerk:
um sie nicht völlig zu entmutigen. Aber angesichts des drohenden Polizeigroßaufgebots hatte sie alles aus ihrer Festrede gestrichen, das nur irgendwie als anstößig, provokant oder gar diabolisch mißverstanden werden könnte.
    „Naja gilt nicht“, sagte Donna, „Wie is das? Leiwand oder Oasch?“
    „Eher letzteres“, sagte ich. „Alle Anwesenden wissen ganz genau, warum Sie da sind. Aber Du redst daher, als wolltest du ihnen Mottenkugeln oder Gesundheitsschlapfen verkaufen.“
    Drei Anläufe und vier hysterische Anfälle später war die Ansprache, nicht zuletzt durch meine Mithilfe als Astaroths Werbetexter, halbwegs brauchbar und nicht völlig schmähfrei.
    Das größte Problem stellte allerdings die letzte Phase der Mutation dar. Donna konnte sich einfach nicht entscheiden, was sie anziehen soll. Also sah ich so ziemlich jedes Stück aus den AAS -Kollektionen der letzten Jahre, auch in Kombination mit den besten Stücken aus Donnas eigenem Fundus, an mir vorüberziehen, gab meinen Senf dazu, wurde zuerst noch belächelt, dann ob meiner Inkompetenz gerügt und schließlich mit spitzen Lippen auf die Wange geküßt, weil das Werk vollbracht und Donna nach drei Stunden harter Arbeit mit sich selbst zufrieden war.
    In schwarzen Pumps mit lebensgefährlich hohen Bleistiftabsätzen, halterlosen Seidenstrümpfen und einem kleinen, lackglänzenden Schwarzen, das an ihrem Kurvenkörper klebte, als hätte es ihr der Designer (nicht Claude Levy übrigens) auf die nackte Haut gemalt.
    „Ziemlich geil“, sagte Donna zu Donna, als sie vor dem mannshohen Spiegel neben der Garderobe gleichzeitig Arsch und Busen rausreckte, während unten schon Brunners Wagen wartete, um uns zum Schauplatz der Konfrontation mit dem Schlächter zu kutschieren.
    Von dem fehlt nach wie vor jede Spur. Aber im Belle de Jour ist es mittlerweile nicht mehr ganz so einfach, den Überblick zu bewahren.
    Dem Heer der Unentschlossenen folgen nun zu später Stunde die überzeugten Poseure und eine gar nicht so kleine Delegation aus dem teuflisch strengen Lager. Diese Damen und Herren, die sogar den Fürsten Astaroth und Behemoth noch so manches blutige Vergnügen beibringen könnten, belächeln die Veranstaltung selbstverständlich als sadomasomäßige Kinderjause, bleiben aber trotzdem, denn was weiß man, vielleicht passiert noch was.
    Der Koberer hat auf Donnas Befehl das Musikprogramm von Sade und Phil Collins auf Dancefloor und Tekkno umgestellt. Mir war das eine zu fad und ist das andre zu laut, aber bei wem sollte ich mich beschweren, schließlich bin ich ja nicht freiwillig und nicht zum Vergnügen hier.
    Die drei Paare und zwei Solisten auf der Tanzfläche haben ihren Spaß. Das zählt.
    Und der Auftritt des Schlächters.
    Aber zuerst ist Donna dran. Mit unserer Ansprache. Vielleicht liegt es am reichlich genossenen Gerstensaft, vielleicht auch daran, daß Donna nicht im rosa Bademantel, sondern im aufgemalten kleinen Schwarzen die Tanzfläche zu ihrer Bühne macht, jedenfalls kommt ihr Appell, dem geilen Tier in uns das Freigehege einzuräumen, das ihm zusteht, ziemlich überzeugend.
    Applaus. Dann die Ankündigung, daß nach einer kurzen Umbaupause sechs solche geilen Tiere (die ich am Nachmittag bei der Probe in Trainingsanzügen bewundern durfte), vorführen werden, was die AAS meint, wenn sie sagt: „Auf daß die Sünde siegt!“
    Noch mehr Applaus.
    Und zum Abschluß, neben dem „ Freigehege“ mein wohl wichtigster Beitrag zum Gelingen von Donnas Festrede, ein beherztes:
    „In Astaroths Namen. Amen.“
    Jetzt schmunzelt sogar der harte Kern, und Donna sonnt sich im begeisterten Applaus und Gejohle. Während sie die Tanzfläche räumt und in der Menge untertaucht, habe ich erstmals eine klare und präzise Vorstellung meines Lebens nach erfolgreicher Absolvierung meines fünfzigsten Geburtstags: Ich werde von der Rock-and-Roll-Bühne für immer abtreten und ein sonniges, gemütliches Büro mit Kühlschrank und Bettbank beziehen. Und gegen fürstliche Honorare, die der Kohlen-Güntl als mein Kompagnon aushandelt, werde ich (als Konsulenten die Firma Trainer & Trash im Rücken) die Ausrichtung und Inszenierung von Produktpräsentationen betreiben, egal ob es sich um Turbo-Mixer, Reizwäsche oder Weichspüler handelt. Das ist eine Zukunft. Wunderbar.
    Vorausgesetzt ich werde älter als diese Party.

36
    Das viele Bier treibt. Und so mache ich mich auf den breiten Weg zum Klo, ehe das AAS -Ballett mit seiner Mittemachtseinlage

Weitere Kostenlose Bücher