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Kurt Ostbahn - Kopfschuss

Kurt Ostbahn - Kopfschuss

Titel: Kurt Ostbahn - Kopfschuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenter Broedl
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Fremdenzimmer m. Du. & WC.
    „Und los!“, kommandiert der Lokalreporter, dessen warmherzige Gesprächsführung vorhin die kleine Anni an den Rand eines Nervenzusammenbruchs getrieben hat.
    Die Eingangstür geht ruckartig auf und der beleibte Wirt tritt unsicheren Schrittes heraus auf die windige Straße. Er trägt ein grünes Gilet und eine weiße Schürze. Seine teigigen, verschwommenen Gesichtszüge mit den dicken dunklen Tränensäcken weisen ihn als einen Gastronomen aus, der seit vielen Jahren sein bester Gast ist.
    Außerdem ist nicht zu übersehen, dass ihm sein Auftritt vor der Fernsehkamera keine große Freude macht.
    „Danke, Herr Reithofer“, schreit der Reporter. „Und das Ganze gleich noch einmal! Aber ein bissl freundlicher und flotter, wenn’s geht! Und nicht in die Kamera schauen, Herr Reithofer! Sie wollen mir was erzählen, und nicht dem Ewald!“
    Der Wirt trabt mit hängenden Schultern zurück ins Lokal. „Blunzenfett“, sagt der Reporter zu Ewald, dem Kameramann.
    „Wann der Wind noch stärker wird, ist der Ton unsendbar. Der ist jetzt schon ziemlich am Limit“, ist die Stimme von Ewald zu hören, während das Kameraauge über die Hauptstraße von Dreikreuz schwenkt. Der Wind wirbelt Herbstlaub, Zeitungspapier und eine rotgelbe Chipspackung auf. Ein alter Mann überquert die Straße und hält den Schirm seiner karierten Kappe fest.
    „Nix is unsendbar“, weiß der Reporter. „Los, fahr ma!“ Dann gibt er dem Gastwirt erneut das Kommando für seinen Auftritt. Es sollten noch vier weitere abgebrochene Versuche folgen, bis Johannes Reithofer endlich in der richtigen Position steht, die Schilder mit den Angeboten seines Hauses gut lesbar im Hintergrund.
    „Wie lang hat der Herr Schindler bei Ihnen gewohnt?“
    „Das kann ich so nicht sagen“, meint der Gastwirt. „Da müsst ich drinnen im Gästebuch nachschauen.“
    „So zirka?“
    „Ein paar Tage halt. Vier, fünf. Die Erika weiß das. Sie macht die Zimmer.“
    „Und er war allein hier?“
    „Ja. Also, was ich weiß . . . ja.“
    „Keine Besuche?“
    „Nein. Er hat das Dreierzimmer g’habt. Das ist ein Einzelzimmer. Und eigentlich war er tagsüber immer unterwegs.“ „Unterwegs, Herr Reithofer? Wo war er denn unterwegs?“ „Also, das kann ich nicht sagen. Aber er muss viel unterwegs g’wesen sein, weil sonst hätt er ja öfter bei uns was gegessen.“
    „Haben Sie viele solche Gäste?“
    „Wieso?“
    „Alleinreisende, die ein paar Tage bleiben und die meiste Zeit in der Gegend unterwegs sind. Im Ort und in der Umgebung kann man doch nicht viel unternehmen. Sport betreiben, zum Beispiel, oder wandern.“
    „Weil Sie das sagen“, erhellt ein Geistesblitz die finstere Miene des Wirts, „da fällt mir ein, er hat sich von der Erika
    das Fahrrad ausgeborgt. Gleich am ersten Tag, wie er angekommen ist.“
    „Die Erika, das ist Ihre Frau?“
    „Ja. Und sie hat ihm ihr Radl geborgt. Ein altes Damenrad, 3-Gang.“
    „Und mit dem war er dann immer unterwegs?“ „Wahrscheinlich. Weil sein Auto steht immer noch hinten im Hof.“
    „Danke, Herr Reithofer. Das war ganz, ganz super. Dürfen wir uns vielleicht den Wagen im Hof ein bissl anschauen?“
    „Von mir aus“, sagt der Wirt, „aber die Erika hat sicher schon ihre Schnitzeln fertig.“
    Kurz Schwarz. Kurz graues Flimmern.
    Dann schwenkt die Kamera, ohne Ton, über den Hof der Gaststätte. Bier- und Limonadenkisten. Ein Hackstock. Brennholz, an der Bretterwand eines Schuppens aufgestapelt. Ein Traktor mit Anhänger. Ein senffarbener Opel mit burgenländischem Kennzeichen. Ein dunkelblauer Ford Ka mit Wiener Kennzeichen. Die Kamera umrundet den neuen Kleinstwagen.
    Der Doc hält das Bild an, als die Nummerntafel gut zu erkennen ist. Dann klappert er auf seiner Computer-Tastatur, bis die vergrößerte Autonummer den ganzen Bildschirm ausfüllt: W 7631 AK.
    Noch ein paar Takte auf der Tastatur, und irgendwo im Gerätepark geht ein Rattern und Tuckern los. Schon kommt der Ausdruck des Computerbildes aus einer Maschine gefahren. Und das sogar in Farbe.
    Für den Doc ist das Alltag. Ich bin immer wieder aufs Neue fasziniert von den Wundem der Technik, die uns das Leben bald so sehr erleichtern wird, dass es sich eigentlich gar nicht mehr auszahlt, auf die Welt zu kommen. Außer ich erwarte mir tatsächlich nicht mehr vom Leben als 329 digitale Fernsehprogramme.
    „Jetzt bräuchten wir nur noch einen Zugang zum zentralen Polizeicomputer, und schon wüssten wir alles,

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