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Kurt Ostbahn - Platzangst

Kurt Ostbahn - Platzangst

Titel: Kurt Ostbahn - Platzangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenter Broedl
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ist, mich im Stiegenhaus angetroffen zu haben, sucht der Würger in meinem Rücken auch das Gespräch.
    „Und wo warst gestern, Gschissener?“ raunt er mir ins Ohr und lockert für eine kurze Atempause seinen stählernen Griff.
    „Im Waldviertel“, sage ich wahrheitsgemäß, obwohl ich mich gegenüber Brunner zu absolutem Stillschweigen und hundertprozentiger Geheimhaltung verpflichtet habe. Aber angesichts der eher angespannten Gesprächssituation ziehe ich den einmaligen Bruch meines Schweigegelübdes einem womöglich multiplen Bruch des Nasenbeins vor.
    „Im Waldviertel“, kichert der Würger.
    „Im Waldviertel“, amüsiert sich auch der Boxer.
    Dann verschwindet seine Faust für ein paar Zehntelsekunden in der Dunkelheit des Stiegenhauses, und als sie wiederkommt, schlägt sie mit einer Wucht in meiner Magengrube ein, daß mir für unbestimmte Zeit auch das letzte Bißchen Luft wegbleibt.
    „Morgen um elfe bei der Rita, Gschissener“, höre ich von ganz weit weg den Würger sagen. „Und zieh dir für alle Fälle eine Windelhose an. Weil wenn der Rita nicht gefällt, was du morgen anschleppst, dann prügeln wir dir die Scheiße aus dem Leib!“
    Die Faust des Boxers ist wieder da, knapp vor meiner Nasenspitze, und ihr Besitzer legt auch gleich den Fahrplan für Montag fest, sollte ich morgen um elf nicht bei besagter Rita erscheinen:
    „Dann holen wir nämlich deine geile Alte von der Hacken ab und machen mit ihr einen kleinen Ausflug. Und das schwör ich dir: Wenn wir bei ihr richtig Gas geben, erkennst du sie nachher nimmer!“
    Ich glaub dem Boxer jedes Wort und seinem Kollegen, dem Würger, auch, denn die zwei haben eine ziemlich überzeugende Art, ihre Anliegen vorzubringen, aber ich würde doch auch noch gern klarstellen, daß ich keine Rita kenne, ihr daher morgen um elf auch nix vorbeibringen kann, und zudem ein Junggesellendasein führe, was miteinschließt, daß es in meinem Leben keine Alte gibt, die man montags von der Arbeit abholen könnte. Ich bin der Ostbahn vom 3. Stock, Tür 19 (und 20), hätte ich gern noch gesagt, aber die Herren haben es plötzlich eilig, wahrscheinlich stehen heute noch andere Hausbesuche in ihrem Terminkalender, und wollen von mir nix mehr hören. Maximal ein Stöhnen oder Gurgeln oder was immer einem an unartikulierten Lauten entweicht, wenn dich ein Preisboxer aus idealer Distanz mit einer Links-Rechtskombination zu Boden schickt.

28
    Das warme feuchte Ding, das immer wieder über meine Lippen und meine rechte Wange leckt, ist eine Zunge, und die gehört zu einem kleinen schwarzen Hund mit vielen weißen Flecken, und dieser kleine Hund wiederum gehört zu einem großen Menschen, der eine verblüffende Ähnlichkeit mit dem Trainer hat, nur daß der von seinem unbändigen Schaffensdrang getriebene Mann nie im Leben so unverschämt braungebrannt, wohlgenährt und ausgeruht aussehen könnte.
    Zuerst weiß ich nicht, wo ich bin und was Herr und Hund mit mir zu schaffen haben. Dann setzt ganzkörperlich der Schmerz ein und der bringt nach und nach auch die Erinnerung zurück, ans stockfinstere Stiegenhaus, einen Boxer und einen Würger.
    Ich liege unter dem roten Knopf fürs Minutenlicht lang ausgestreckt auf dem eiskalten Steinboden in der Hauseinfahrt, den Kopf gegen die Wand gelehnt. Der kleine Hund, seine vergleichsweise riesigen Vordertatzen auf meiner Brust, schaut mich mit bekümmerten braunen Kinderaugen an, und sein Herrl kriegt immer mehr Ähnlichkeit mit dem Trainer.
    „Wunderbar“, sagt er nur. Aber ein Wort genügt, und ich weiß, alles wird gut.
    „Trainer, bist du es?“ sage ich mit stark belegter Stimme und würde ihm um den Hals fallen, wenn mich der große Schmerz und der kleine Hund nicht daran hindern würden.
    „Wunderbar“, sagt der Trainer ein zweites Mal. Dann stellt er einen roten Rucksack ab und geht neben mir in die Knie. „Genau so hab ich mir das vorgestellt. Ich komm heim, und du liegst in der Einfahrt. Fett wie ein Radierer.“
    Es dauert noch drei von fassungslosem Kopfschütteln begleitete Wunderbars, bis er mir endlich auf die Beine hilft. Der kleine Hund pinkelt einstweilen, vor lauter Aufregung, nehme ich an, mitten ins Stiegenhaus.
    „Es is alles ganz anders. Das war ein Überfall“, sage ich. „Und wer is das?“
    Der Trainer wirft einen Blick auf sein Hundekind, das interessiert an der eigenen Pisse schnuppert.
    „Pfui, Che!“ weist ihn der Trainer zurecht, worauf der kleine Hund mit seinem vergleichsweise viel zu

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