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Kurt Ostbahn - Platzangst

Kurt Ostbahn - Platzangst

Titel: Kurt Ostbahn - Platzangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenter Broedl
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den Bauch und streckt sich genüßlich durch. Sie hätte schon ganz vergessen gehabt, wie entspannend so eine schnelle Nummer für Körper, Geist und Seele sein kann, meint sie. Andere Leute brauchen eine Sitzung beim Seelendoktor, eine Stunde im Fitness-Center, autogenes Training und zwei große Cognac und fühlen sich danach nicht halb so gut. Dann fragt sie mich, ob ich jetzt auch so einen Gusto auf eine Zigarette hätte und auf ein Achtel Rot.
    „Mhm“, sage ich ein bißl mundfaul, matt und träge. Das mit der schnellen Nummer hat sie schön gesagt. Denn es sind letztlich immer die einfachen Freuden des Lebens, die einem Herz und Seele wieder einrenken. Nur leider haben wir viel zu selten das Glück, genau in dem Moment, wo wir sie wirklich nötig haben, auf einen Mitmenschen zu treffen, der in der selben Notlage ist und für sich beschlossen hat, seinen diesbezüglichen Versorgungsengpaß nicht länger hinzunehmen.
    Wie ich grad so ins Sinnieren komme, erinnert mich Gitti dran, daß einen Stock über uns der Trainer auf mich wartet und der Austausch unserer Körpersäfte nicht der ausschließliche (oder eigentliche) Grund war, weshalb wir so dringend unter vier Augen miteinander sprechen wollten.
    „Vorhin waren zwei Typen da“, sagt sie, wieder im Bademantel, zwei Zigaretten im Mund, den Aschenbecher in der einen Hand und ein Tablett mit zwei Gläsern Rotwein in der andern.
    „Ich weiß“, sage ich und bin ihr beim Abstellen ihrer Last auf dem nun arg zerwühlten Palmenstrand behilflich.
    „Also, den beiden möcht ich nicht allein im Finstern begegnen“, meint Gitti.
    Ich berichte, daß mir genau das eben vorhin im Stiegenhaus passiert ist, und ich verheimliche auch nicht, was mir der Boxer, meine geile Alte betreffend, angedroht hat. Für Gitti ein Grund mehr, dem Walter Kaltenbeck die Filzläuse, Pest, Syphilis und Cholera an den ungewaschenen Hals zu wünschen. Weil sich das Arschloch da auf was eingelassen hat, das nicht nur ihn selbst, sondern jetzt auch noch völlig Unschuldige in die Bredouille bringt.
    „Das Arschloch macht die Fliege, und du und ich kommen zum Handkuß“, empört sie sich, streicht sanft über meine stark gerötete Magengrube und findet dann: „Du solltest dich übrigens schön langsam wieder anziehen, Kurtl.“
    Und während ich meine Klamotten zusammensuche, weiß Gitti zu berichten, daß ihr der Boxer und der Würger nicht nur eine Heidenangst gemacht haben. Die zwei Berufsschläger hatten bei ihrem Besuch auch einiges zu erzählen, und das, zusammen mit Gittis Wissen über den beruflichen Alltag ihres Gatten, ergänzt und bereichert das traurige Bild des von der Spielsucht getriebenen Vollkoffers Walter Kaltenbeck um eine tragisch-komische Note.
    Weil sie nämlich zwei und zwei zusammenzählen kann, weiß Gitti Kaltenbeck, daß es sich bei der Auftraggeberin des Schlägerduos nur um jene Rita handeln kann, von der im Café Jacky unter Kolleginnen schon öfters die Rede war. Diese Rita ist eine emeritierte Gunstgewerblerin, die zwar aus Altersgründen ihre aktive Laufbahn beendet hat, ihrer Profession aber auf ebenso ungewöhnliche wie lukrative Art treu geblieben ist. Seit gut einem Jahr schaltet sie in der Wochenendausgabe einer seriösen Tageszeitung unter der Rubrik „Bekanntschaften“ folgende private Kleinanzeige:
    Attraktive Dame, 32, blond, unternehmungslustig, aber leider gebunden, sucht ebensolchen Herren (NR, bis 55) für tabulose Freizeitgestaltung. Tagesfreizeit erwünscht. Bildzuschriften erbeten an: Postfach.
    Wenn nun der gebundene und unternehmungslustige, aber doch etwas zaghafte Nichtraucher bis 55 sein Bewerbungsschreiben ohne das gewünschte Foto an die unternehmungslustige Frau Rita gerichtet hat, reagiert diese prompt und diskret mit einem Antwortschreiben an sein Postfach. Was der angeblich gebundenen Blondine in den besten Jahren so alles an Tabulosigkeiten vorschwebt, läßt beim Empfänger nicht nur den Blutdruck in die Höhe schnalzen. Und Rita legt noch ein Schäuferl nach, indem sie ihrem Schreiben das Foto einer Blondine beilegt, das keine Wünsche offen läßt. Das Bild zeigt natürlich nicht Rita, denn die ist und war in ihrem Leben noch nie blond, aber sie weiß aus dreißigjähriger Berufserfahrung, was Männer zu Wurschteln macht. Auf der Rückseite des Fotos stellt sie in klebrigen, aber unmißverständlichen Worten klar, daß sie erst dann zu einem ersten Rendezvous bereit sei, wenn sie sich anhand einer fotografischen

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