Kurtisanen leben gefaehrlich
schien, und diese Entdeckung erfüllte mich mit Unbehagen. Es war eine Sache, einen Mann abzulehnen, doch wiederum eine ganz andere, dies mit seinem ganzen Volk zu tun.
Seufzend grub ich die Finger fester in das weiche Schaffell und versuchte, mich zum Schlafen zu zwingen. Stattdessen verschwamm meine Sicht auf vertraute Weise und ich erblickte Alesias Gesicht, das sich vor meinem verschwommenen Blick herauszubilden begann.
Nein, ich wollte sie jetzt nicht sehen und hören, was sie mir zu sagen hatte und ich kämpfte gegen den Wunsch an, ihr eines der Schaffelle in das Gesicht zu schleudern, damit sie mich in Ruhe ließ. Alesia hatte mir bisher immer nur weitere Schwierigkeiten und Sorgen beschert und so war ich über ihren neuerlichen Besuch in meinem Geist keineswegs erfreut. Doch all meine Gegenwehr nutzte mir nichts. Ihre Stimme rief meinen Namen immer eindringlicher und zwang mich dazu, zu ihr aufzublicken und ihr in die Augen zu sehen.
Alesia sah besser aus, als in meinen letzten Visionen. Ihr Gesicht hatte ein wenig Farbe angenommen und wirkte nicht mehr so eingefallen wie zuvor. Auch die dunklen Ringe unter ihren Augen erschienen milder, ihre Lippen voll und rosig. Die magische Energie, die von ihr ausging, war stärker geworden und ließ sie klar und deutlich vor mir erscheinen.
Ich fragte mich, was wohl diese Wandlung bewirkt haben mochte und wartete, nun doch neugierig geworden, auf das, was sie mir mitteilen wollte. Vielleicht würde sich das Rätsel auf diese Weise lösen.
»Also habt Ihr endlich am eigenen Leib erfahren, dass ich die Wahrheit gesagt habe. Helft mir, die Verbindung zu stärken, damit wir uns ohne Störungen unterhalten können.«
Die Verbindung aufrechterhalten, nun, das wollte ich gerne tun. Alesia hatte dabei jedoch übersehen, dass meine Lehrmeisterin eine Kurtisane und keine Artista gewesen war und ich von daher nicht wissen konnte, wie man derlei bewerkstelligte. Gerade wollte ich danach fragen, als ich spürte, wie die Kraft, die von Alesia ausging, nach mir griff und nach meiner eigenen suchte. Ich fühlte die Art ihrer Macht, die anders als die meine war. Dort, wo meine Magie wie Wasser floss, war die ihre wie der Wind, der alles umfing und sanft wie eine leichte Brise oder gewaltig wie ein Sturm zu sein vermochte.
Ich schloss die Augen und suchte nach meiner eigenen Macht, um sie ebenfalls auszusenden. Erneut wurde mir unwohl, als ich sie tief in meinem Inneren fand und ich beobachtete, wie sich Wasser und Wind ineinander verflochten, um die Verbindung zwischen uns zu stärken.
Mein Körper begann zu schweben. Ich verließ mein Lager und kam mit Alesia in einem fremdartigen Raum zum Stehen, in dem es nur die Schwärze der dunkelsten Nacht und ihre silbrigen Sterne gab.
War es ein Traum oder war es Wirklichkeit? Ich konnte es nicht unterscheiden. Alesia lächelte mich zufrieden an, doch ihr Lächeln hatte nichts Beruhigendes. Es erinnerte mich an die alte Alesia, die unter der Verzweiflung verborgen gewesen war. Ich ermahnte mich zur Vorsicht und blickte sie fragend an.
»Nun, hier bin ich, Alesia. Aus welchem Grund habt Ihr diesmal nach mir gerufen? Gibt es Neuigkeiten von meiner Schwester, die Ihr mir nicht vorenthalten möchtet?«
Alesia legte ihren Kopf auf eine kindliche Weise schief und blickte mich versonnen an.
»Oh, Eurer Schwester geht es gut, soweit es mir bekannt ist. Der Fürst hat Gefallen an ihrer Art gefunden. Solange sie sich zur Wehr setzt und dabei geschickt vorgeht, dürfte er ihrer nicht müde werden. Er hat eine Schwäche für widerborstige Frauen, deren Willen er brechen kann.«
Alesias Plauderton erschien mir bei dieser Enthüllung vollkommen unangebracht und Wut stieg in mir auf, als ich in ihr niedlich lächelndes Gesicht blickte. Sie empfand eine tiefe Freude daran, mir ihre Neuigkeiten zu übermitteln und ich wollte nur zu gerne erfahren, was diese Wandlung in ihr ausgelöst hatte.
Ich verlieh meiner Stimme einen möglichst geschäftsmäßigen Klang, sah ihr fest und ohne ein Gefühl zu offenbaren in die Augen, die von langen Wimpern überschattet, mädchenhaft zu Boden gerichtet waren und mich von unten herauf anblinzelten.
»Es ist wirklich erfreulich, zu sehen, dass es Euch besser geht. Vielleicht möchtet Ihr mir mitteilen, was Eure schnelle Genesung bewirkt hat? Sicher seid Ihr nicht nur gekommen, um mir Neuigkeiten von meiner Schwester zu übermitteln.«
Bei meinem kühlen Tonfall wurde Alesias Gesicht ernst und sie richtete sich
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