Kurtisanen leben gefaehrlich
stehen, riss mich schließlich mit der Kraft der Verzweiflung von ihm los.
Meine Stimme war lauter und ungehaltener, als ich es ihm gegenüber jemals für möglich gehalten hatte und ich war ebenso erstaunt darüber wie Andrea Luca. Meine Worte ließen ihn in der Bewegung erstarren.
»Nein! Verdammt sollst du sein, Andrea Luca! Nun hörst du mir endlich zu!«
Andrea Lucas Blick war von einem milden Staunen erfüllt, das ihn jünger erscheinen ließ, als er es an Jahren war. Offenbar hatte ihn mein Ausbruch sprachlos gemacht. Doch es gab Dinge, die endlich ausgesprochen werden mussten und die nicht mehr warten konnten.
Eine seiner dunklen Augenbrauen nach oben gezogen, sah mich der Terrano erwartungsvoll an und wartete ab.
Die Zeit für ein kleines Geständnis war gekommen und die Worte sprudelten hervor, ohne dass ich lange darüber nachdenken konnte.
»Ich verstehe deine Eile, doch es gibt Dinge über mich, die du nicht weißt und die ich dir sagen muss, bevor es zu spät ist.«
Nun war Andrea Luca wirklich neugierig geworden und er machte keine Anstalten mehr, mich an Deck zu befördern. Von seinem Verhalten ermutigt, fuhr ich fort.
»Ich habe eine Schwester, eine Zwillingsschwester, um genau zu sein. Sie lebt als Malerin in Porto di Fortuna, nicht sonderlich bekannt, doch bekannt genug, um in die Hände deines Onkels zu fallen. Er denkt, dass er mich in seiner Gewalt hat, doch es ist Angelina, die er gefangen hält.«
Andrea Luca blickte mich für einen Augenblick stumm an und die Überraschung stand deutlich in sein Gesicht geschrieben. Dann trat er näher zu mir heran, die Stirn in nachdenkliche Falten gelegt. Verstehen war in seine Augen getreten.
»Ist es das, was du mir damals nicht sagen konntest, als du Porto di Fortuna verlassen wolltest?«
Ich nickte hilflos. Es erschien mir albern, es ihm damals verheimlicht zu haben, war Angelina doch nun in größerer Gefahr, als sie ihr von Andrea Luca jemals hatte drohen können. Sein Gesicht war finster geworden und seine Augen wirkten noch dunkler als sie es gewöhnlich taten. Mir wurde kalt und die Härchen an meinen Armen stellten sich unwillkürlich auf. Seine Miene brachte meinen Mut zum Schwinden.
»Ich konnte es nicht, bitte versteh mich. Eine Kurtisane darf keine Familie haben, das weißt du so gut wie ich. Die Gefahr für alle, die wir lieben, ist zu groß.«
Er nickte knapp und ich beeilte mich, ihm auch den Rest zu erzählen.
»Doch da ist noch mehr, Andrea Luca. Delilah wird an Macht verlieren, sobald sie den Boden von Terrano betreten hat. Sie bezieht ihre Magie aus dem Land und ist daran gebunden, deswegen wollte sie so schnell nach Marabesh zurückkehren.«
Düster und grüblerisch stand Andrea Luca vor mir, in Gedanken versunken, deren Inhalt ich diesmal sogar nachvollziehen konnte. Ich wusste nichts von den Plänen, die er geschmiedet hatte, doch es konnte sehr gut möglich sein, dass ich diese soeben durchkreuzt hatte.
Für eine Weile regte er sich nicht, dann richtete sich sein Blick wieder auf mich und schien mich fast zu durchbohren. Die Kälte in meinem Inneren, die ich noch vor einem Augenblick gespürt hatte, wurde greifbarer und wirklicher, bevor sie mit seinen Worten verging.
»Du hättest es mir sagen müssen, Lukrezia. Schon viel früher. Pascale hätte deine Schwester getötet, wenn Delilah etwas geschehen wäre und niemand hätte es vermocht, ihn dabei aufzuhalten, denn er verzeiht Untreue niemals. Ich kann nicht mehr mit dir nach Terrano zurückkehren, das weißt du selbst.«
Diesen Gedanken hatte ich die ganze Zeit verdrängt und nun, da er ausgesprochen im Raum stand, stach er in mein Herz wie eine heiße Klinge. Er hatte recht, so wenig ich es wahrhaben wollte. Wenn er mit mir nach Terrano zurückkehrte, war Angelinas Leben in Gefahr, denn der Fürst würde sich rächen wollen und er würde seine Rache bekommen, ganz gleich, auf welchem Wege.
Eine Frage bildete sich zögerlich in meinen Gedanken.
»Was wirst du tun?«
Ein gefährliches Glitzern trat in Andrea Lucas Augen und jagte einen Schauer über meinen Körper. Für einen langen, atemlosen Moment blieb es bestehen, bis ein leichtes Lächeln seine Lippen teilte und es von seinem Gesicht wischte.
»Wir spielen das Spiel des Fürsten bis zum bitteren Ende, doch glaube mir, diesmal werden wir die Sieger sein.«
Noch einmal streichelte er über meine Wange und küsste mich zärtlich, bevor er nach meiner Hand griff und mit mir zur Tür der Kajüte strebte. Die
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