Kurtisanen leben gefaehrlich
sie hat mich damit gezeichnet, als auch ich entdeckte, dass sie nicht mehr das war, was wir kannten und liebten. Niemals werde ich ihr Gesicht vergessen, den alles verzehrenden Hass in ihren Augen, als sie den glühenden Stahl ohne Gefühl über meine Wange gleiten ließ. Damals, als ich sie mit ihrer Lüge konfrontierte. Ihre Wachen sind ihr treu ergeben, so wie ich es war, so wie Ihr es auch wart. Ich war kaum noch am Leben, als sie mich zu den Abwasserkanälen brachten und mich zum Sterben verdammt dort liegen ließen.«
Ich unterdrückte einen überraschten Aufschrei. War dies das Geheimnis des Narbenmannes? Der Grund, aus dem er Delilah hasste? Ich klammerte mich an Andrea Luca, der reglos die beiden Männer beobachtete.
Bahirs Klinge sank zu Boden. Er betrachtete den Narbenmann aufmerksam, suchte in seinen Augen nach einem Hinweis darauf, ob er die Wahrheit sprach oder nicht.
»Woran soll ich erkennen, dass Ihr die Wahrheit sprecht, Terrano? Schon einmal habt Ihr mich verraten, habt Euch gegen mich gewandt, um Euren eigenen Vorteil zu suchen. Warum solltet Ihr das nicht noch einmal tun und endlich den Euch so verhassten Verräter ausliefern?«
Verduccis Lachen war bitter. Er ließ ebenfalls den Säbel sinken, doch sein Blick blieb unverwandt auf Bahir gerichtet.
»Wenn Ihr dies glaubt, Bahir, dann nehmt Eure Klinge und durchbohrt mich damit. Meine Männer werden Euch keine Gegenwehr leisten, das schwöre ich Euch. Ja, ich habe die Prinzessin geliebt, ebenso wie Ihr. Doch sie hat uns beide verraten, mich noch mehr als Euch, denn sie gab vor, auch mich zu lieben. Darum tut es, Bahir, nehmt Eure Rache, denn mein Leben bedeutet mir nichts mehr. Aber wenn Ihr Rache an der Prinzessin sucht, dann lasst Euren Säbel sinken, denn nicht ich bin Euer Ziel.«
Bahir richtete seinen Säbel auf Verducci und das Funkeln in seinen Augen verhieß nichts Gutes. Entsetzt starrte ich auf die beiden Männer, blickte zu Domenico, der seine Klinge fallen gelassen hatte. Er stand mit weit geöffneten Armen vor dem Wüstenprinzen.
Ich versuchte, Andrea Lucas Griff zu entkommen, der sich fest um mein Handgelenk gewunden hatte, fing den warnenden Blick des Adeligen auf. Seine Stimme klang unerbittlich.
»Nein, Lukrezia. Wir dürfen uns hier nicht einmischen.«
Voller Verzweiflung sah ich auf Bahir und Verducci. Andrea Luca würde es zu verhindern wissen, dass ich etwas unternahm und so blieb mir nichts weiter, als abzuwarten. Und bei Edea, ich hasste es. Schweißperlen traten auf meine Stirn. Ich hoffte inständig, dass Bahir nichts Unüberlegtes tun würde. Dann schob er endlich seinen Säbel in die Scheide zurück und das gefährliche Licht in seinen Augen erlosch, ließ den Mann zurück, den ich zu kennen glaubte.
»Wenn Ihr mich diesmal betrügt, so schwöre ich, bei Sarmadee, dass es Euer Tod sein wird und dass ich Euch noch darüber hinaus verfolgen werde.«
Ich bemerkte, wie Andrea Luca sich ebenfalls entspannte und mein Handgelenk freigab. Schnell trat ich neben ihn und wandte mich zu den beiden Männern um, die sich unbewegt gegenüberstanden. Bahir atmete schwer, als hätte er eine große körperliche Anstrengung hinter sich gebracht. Domenicos Arme hingen schlaff an seinen Seiten hinab. Beide wirkten ratlos, unsicher, nachdem sich die Spannung gelöst hatte.
In einer Ecke des Schiffes fand ich Sadira. Ihre Knöchel waren weiß von der Anstrengung, sich an die Reling zu krallen und ihre Unterlippe blutete. Sie musste die Zähne in das Fleisch gebohrt haben, wohl um ihrerseits einen Schrei zu unterdrücken. Niemand hatte in diesen Minuten so leiden müssen wie die kleine Heilerin aus Marabesh, auch wenn dies keiner Seele auf dem Schiff bewusst sein mochte. Für Sadira musste dieser Moment unerträglich sein, denn sie wusste nun, wer die Frau war, die der Narbenmann ihr vorgezogen hatte und die er vielleicht im Stillen noch immer liebte.
In der entstandenen Stille trat Andrea Luca nach vorn. Sein Gesicht war angespannt. Jeder war sich des Ernstes der Lage bewusst und ich fragte mich, was Verducci nun fühlen mochte, nachdem er sein lange gehütetes Geheimnis allen auf dem Schiff preisgegeben hatte.
Alle Blicke richteten sich nun auf Andrea Luca. Seine Stimme klang ruhig und kräftig über das Schiff, als er seinen Appell an den Wüstenprinzen und den Narbenmann richtete, vielleicht ehemals Freunde, durch eine Frau entzweit.
»Wir alle sind durch unsere Ziele vereint ...«
Er war nahe an die beiden Männer
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