Kurtisanen leben gefaehrlich
Leben erhalten, doch in meinem momentanen Zustand der Unruhe war mir dies alles zu viel, und ich wünschte mir sehnlichst, endlich allein sein zu können.
Schließlich hielten die Pferde an und der Schlitten kam mit einem laut schleifenden Geräusch zum Stehen. Ich schüttelte Hanifah ab, so gut ich es vermochte, ohne ihre Gefühle zu verletzen, und ignorierte ihr Zetern, während ich mich ungeschickt aus der warmen Wolldecke schälte, die sie mir auch in der größten Hitze aufgenötigt hatte. Endlich umfassten meine Finger den steifen Zeltstoff und schoben ihn beiseite.
Die ersten Sonnenstrahlen des Tages berührten meinen Körper mit ihrer noch milden Wärme. Ich hielt mich an der Wand des Schlittens fest und spürte, wie Hanifah hinter mir ebenfalls aus dem Gefährt kroch. Sie war verstummt und sah neben mir auf Faridah hinab, die ebenso goldglänzend und voller Zauber im Morgenlicht vor mir lag wie bei meinem ersten Blick auf ihre hohen Türme und glitzernden Kuppeln.
Hätte die Entzauberung für mich nicht so schnell eingesetzt, wie sie es damals tat, wäre ich wohl weiterhin voll Staunen über ihre Schönheit gewesen. Doch diesmal sah ich nur einen Ort, an dem Sklavenhandel an der Tagesordnung war und der hinter seinem schönen Schein eine grausame und hässliche Welt verbarg. Schaudernd wandte ich mich ab und sah zu den Wüstenräubern hinüber, starken und rauen Männern mit dunkler Haut und in dunklen Gewändern, die nun von ihren stolzen Pferden stiegen und abwartend zu Bahir hinübersahen.
Der Prinz der Wüste näherte sich mir. Nachdenklich waren auch seine blauen Augen auf die Stadt gerichtet.
An welche Vergangenheit mochte er bei ihrem Anblick zurückdenken? Und waren es gute oder schlechte Erinnerungen? Ich konnte an seinem Gesicht nichts ablesen und seine Stimme war nur ein leises Murmeln, als sie sich über die Stille erhob.
»Faridah, das Juwel des Südens. Nun haben wir Euer Ziel erreicht, Lukrezia. Wir werden allein hineinreiten, nur Ihr und ich. Meine Männer werden in die Wüste zurückkehren.«
Ich blickte erstaunt zu Bahir auf. Also sandte er seine Männer zurück in die Wüste und würde mit mir auf das Schiff kommen? Es fiel mir schwer, mir den Wüstenprinzen an einem anderen Ort vorzustellen, doch es war allein seine Entscheidung und er musste selbst wissen, was er tat. Ich hatte ihm alles erzählt, was er erfahren durfte und er konnte die Gefahr abschätzen, die ein solches Unterfangen in sich barg.
Ich antwortete nicht, nickte nur als Zeichen, dass ich verstanden hatte.
Hanifah trat mit traurigen Augen auf uns zu, zog zuerst den mächtigen Bahir an ihre Brust und verabschiedete sich dann auf die gleiche Weise von mir. Ich spürte den Körper der alten Frau, der so dünn und zart wie der eines Vogels war, und ich roch zum letzten Mal ihren Geruch nach den fremdartigen Gewürzen, die sie in ihre Speisen gab.
Eine Träne rann aus meinem Augenwinkel, als sie zu dem Schlitten hinüberging und hineinkletterte, den Stoff hinter sich fallen ließ, um nach Hause zurückzukehren. Es war unwahrscheinlich, dass ich sie jemals in meinem Leben wiedersehen würde.
In Bahirs Augen lag ebenfalls Traurigkeit, als er sich auf seinen Hengst schwang und mich zu sich emporzog. Das Pferd tänzelte unter dem neuen Gewicht und schnaubte, schüttelte seinen Kopf. Der Hengst war so stark, dass ich mir sicher war, dass mein Gewicht seinem Rücken nichts ausmachen würde, doch er schien nervös zu sein und reagierte entsprechend.
Bahir sandte einige Worte an seine Männer, die ebenfalls aufstiegen und abwarteten, bis er sein Pferd gewendet hatte. Einer seiner starken Arme lag um meine Taille, um mir Halt zu geben, während wir endlich auf die Stadt zutrabten.
Die Wachen an den Toren sahen uns gelangweilt an. Sie machten keine Anstalten, den Wüstenprinzen aufzuhalten, sahen keine Gefahr in einem Mann aus der Wüste und seiner Angetrauten, denn so musste ich in den Kleidern des Wüstenvolkes wirken.
Ohne Hast ritten wir durch die Stadt, sahen die Viertel der armen Leute mit ihren Häusern aus Lehm oder Holzverschlägen, in denen es schmutzig war und übel nach Dingen roch, deren Quelle ich lieber nicht erfahren wollte. Dann passierten wir die besseren Viertel, in denen ich einige der höheren Türme wiederzuerkennen meinte. Eine leichte Brise strich sanft um meine Nase, eine Brise, die nach den unendlichen Weiten des Meeres roch, das nun nicht mehr weit war.
Mit jedem Schritt stieg meine Nervosität
Weitere Kostenlose Bücher