Kurtisanen leben gefaehrlich
herangetreten und von seiner wachsamen Haltung war nichts geblieben. In den Gesichtern aller Versammelten konnte ich eine breite Spanne von Gefühlen erkennen, die miteinander stritten. Trotzdem lauschten sie seinen Worten.
»... und wir sollten nicht untereinander unser Blut vergießen, sondern uns gemeinsam gegen unsere Feinde wenden, selbst wenn es noch ungeklärte Differenzen zwischen manchen von uns gibt.«
Sein Blick ruhte auf Verducci. Auch zwischen diesen beiden Männern gab es eine alte Rechnung, die noch offen war.
»So ungern ich es zugebe, Ihr sprecht erneut die Wahrheit, Signore Santorini.«
Der Narbenmann verneigte sich andeutungsweise, auf die spöttische Art, die ihm zu eigen war, in Richtung des Adeligen. Dann wandte er sich zu Bahir um, den amüsierten Ausdruck, den er mühsam wiedergefunden hatte, wie eine Maske über seinem Gesicht tragend.
»Mein Schiff wird noch heute nach Terrano ablegen und Signorina Lukrezia, die Ihr bereits kennengelernt habt, in ihre Heimat überführen. Wenn Ihr an Bord bleiben möchtet, so steht es Euch frei, mit uns zu segeln, Bahir.«
Das Gesicht des Wüstenprinzen war ausdruckslos und er verschränkte die Arme vor der Brust, während er nachdachte. Schließlich hatte er seine Entscheidung gefällt, schüttelte verneinend den Kopf.
»Die Prinzessin ist hier und ich habe keine Veranlassung, in Euer fernes Land zu reisen, wenn sie in Marabesh bleibt und das Volk in ihrer endlosen Gier weiterhin beraubt und knechtet. Ich werde nicht mit Euch kommen.«
Verducci nickte zustimmend, nicht unglücklich über diese Entwicklung der Dinge. Er wollte den Mund zu einer Erwiderung öffnen, doch Andrea Luca hielt ihn mit einer Geste zurück. Der Narbenmann wirkte erstaunt, ließ ihn jedoch gewähren.
»Niemand von uns kann in diesem Land etwas gegen die Prinzessin ausrichten, das muss uns allen bewusst sein.«
Er schenkte mir einen flüchtigen Blick und lächelte mich schief an, dann drehte er sich zu den Männern um, die ihn ansahen, ohne zu verstehen, worauf er hinauswollte. Andrea Luca streckte seine Hand nach mir aus und hielt sie mir offen entgegen. Zögernd trat ich zu ihm hin und ließ zu, dass sich unsere Finger verflochten.
»Die bezaubernde Signorina Lukrezia hat mich vor Kurzem darauf hingewiesen, dass Prinzessin Delilah ihre Macht aus ihrem Heimatland bezieht. Somit dürfte es für uns alle klar auf der Hand liegen, dass wir sie von hier entfernen müssen, um sie von ihrer Kraftquelle abzuschneiden. Erst dann werden wir unser Ziel erreichen können.«
Verducci schüttelte vehement den Kopf.
»Sie wird Marabesh nicht noch einmal verlassen, dessen könnt Ihr Euch sicher sein. Delilah ist nicht dumm, sie wird Euch schnell durchschauen und Eure Pläne, wie auch immer diese aussehen mögen, durchkreuzen.«
Andrea Lucas Lächeln vertiefte sich noch und ich konnte das Blitzen in seinen Augen sehen – war es amüsiert oder entsprang es einer anderen Emotion? Ich konnte es nicht genau bestimmen. Sein Kopf legte sich schief und er führte nachdenklich einen Finger an sein Kinn.
»Aber Signore Verducci, traut Ihr mir denn so wenig zu? Das solltet Ihr nicht. Es könnte Euer größter Fehler sein.«
Sein Lächeln milderte die Drohung ab, ließ sie aber nicht völlig schwinden.
»Menschen wie unsere geschätzte Prinzessin Delilah neigen zu einer ungesunden Selbstüberschätzung. Sie begehen leichter Fehler als andere, denn sie sind zu sehr von ihren Taten überzeugt. Die Prinzessin ist keine Artista, sie kann weder in die Zukunft blicken noch jemanden beobachten, sofern er sich ihres Einflusses entzieht. Sie ist sich sicher, dass Lukrezia tot ist und wenn ich nun zu ihr zurückkehre, so wird sie nur zu gerne glauben, dass ich ihren Wunsch nach einer raschen Hochzeit erfüllen werde. Doch kein Santorini hat jemals außerhalb von Terrano geheiratet und ich werde nicht derjenige sein, der diese Tradition bricht.«
Ich blickte Andrea Luca ungläubig an und spürte einen leichten Stich in meiner Brust, dort wo das Herz saß. Er würde also reumütig zu der Prinzessin zurückkehren und ihre Wünsche erfüllen? Heiße Wut stieg in mir auf, wenn ich daran dachte, was dies alles miteinbeziehen mochte.
Ich schüttelte seine Hand ab und funkelte ihn wütend an. Sein Blick richtete sich fragend auf mich, doch ich schwieg und beachtete ihn kaum. Dies war eine Sache, die wir unter uns klären mussten und nicht vor all den versammelten Neugierigen auf dem Deck der Promessa.
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