Kurtisanen leben gefaehrlich
Geliebten nach Hause bringen.«
Ich atmete erleichtert auf, froh, das heiße Wüstenland in meinem Rücken zu wissen. Wir verließen den engen Raum und gingen an Deck. Die frische Seeluft wehte salzig und voller Versprechen auf Abenteuer um meine Nase. Sie weckte meine Lebensgeister weitaus angenehmer als Sadiras widerlich schmeckendes Gebräu.
Ich blickte hinaus über die Wellen und genoss das Gefühl der vertrauten Bewegung unter meinen Füßen. Wir waren in der Tat schon weit von Marabesh entfernt, wie es mir schien, denn nirgends konnte ich mehr festes Land in der Ferne erkennen. Nur das blaue Wasser war geblieben, das mit jedem Wellenschlag von Freiheit flüsterte.
Eine Erinnerung regte sich in meinem Unterbewusstsein, eine Erinnerung, die mir Angst machte, doch ich verdrängte sie. Ich würde in meinem Leben noch genügend Wasser zu Gesicht bekommen und durfte mich nicht bei jeder Gelegenheit an das eine Mal erinnern, als es mir beinahe zum Verhängnis geworden wäre.
Sadira war für einige Augenblicke bei mir geblieben und hatte sich dann verabschiedet, um ihrer Arbeit nachzugehen. Sie zumindest besaß eine sinnvolle Tätigkeit, im Gegensatz zu mir, die ich mich bald unnütz fühlen würde, je länger wir über die Wellen segelten.
Aus den Augenwinkeln sah ich Domenico Verducci, der mit verkniffenem Gesichtsausdruck über das Schiff lief und seinen Männern übellaunig Befehle erteilte. Als er mich erblickte, wurde sein Blick finster und ich schenkte ihm ein ironisches Lächeln. Durch meine Reaktion fühlte er sich offenbar genötigt, auf mich zuzukommen, denn er schlug den Weg in meine Richtung ein und verneigte sich steif vor mir. Diese Geste erstaunte mich, war unser Umgang bisher schließlich keineswegs von höfischen Verhaltensmustern geprägt. Ich nahm seine Verneigung auf die angemessene Weise zur Kenntnis und blickte ihn neugierig an. Verducci wich meinem Blick aus und wandte sich zum Meer um. Seine Stimme klang rau, als er die ersten Sätze hervorbrachte.
»Ich hoffe, Ihr seid wohlauf und hattet eine angenehme Nachtruhe, Signorina Lukrezia. Wir werden Terrano in zwei Wochen erreichen, wenn uns der Wind wohlgesonnen ist.«
Von einer angenehmen Ruhe konnte kaum die Rede sein und ich schauderte bei dem Gedanken an die Magie, die in der Nacht meinen Körper durchflossen hatte. Trotzdem behielt ich diese Gedanken für mich, denn Sadira hatte ihm offenbar nichts von den Geschehnissen in der Kajüte mitgeteilt. Ich wunderte mich über sein höfliches Auftreten, verbiss mir aber die kleinen Spitzen, die mir auf der Zunge lagen, und blieb ebenso förmlich, um nicht unnötig alte Wunden aufzureißen.
»Vielen Dank, Signore Verducci. Ich bin wohlauf. Ich hoffe, Eure Kopfschmerzen plagen Euch nicht allzu sehr?«
Der Kapitän verzog das Gesicht zu einer Grimasse und ich wartete darauf, dass sein gewohntes Naturell zum Vorschein kam. Falls dieses aufgrund seiner Kopfschmerzen im Verborgenen blieb, so hoffte ich, dass er noch öfter von einer solch unangenehmen Erscheinung geplagt sein würde, wenngleich dieser Wunsch vielleicht ein wenig selbstsüchtig war.
Verducci versteifte sich bei der Erinnerung an das Geschehen im Schiffsinnenraum.
»Es ist mir unangenehm, dass Ihr mich in dieser Verfassung gesehen habt, Signorina. Und ich möchte mich dafür in aller Form bei Euch entschuldigen. Mein Verhalten war unangebracht.«
Er verstummte und ich starrte ihn verblüfft an, hatte diese Worte nicht aus seinem Munde zu hören erwartet. Ich öffnete die Lippen, um etwas zu erwidern, doch er brachte mich mit einer Geste zum Schweigen, die unmissverständlich war. Dabei wirkte er so hilflos, wie ich es einem Domenico Verducci niemals zugetraut hätte.
»Ihr müsst dazu nichts sagen, Signorina. Doch seitdem Ihr bei mir wart, beschäftigt mich eine Frage, auf die ich allein von Euch eine Antwort erhalten kann. Ihr habt von Sadira gesprochen. Ist es wahr, dass sie ... nun, Gefühle für mich hegt?«
Bei jedem seiner Worte wurden meine Augen größer und ich musste mich zwingen, meine Empfindungen nicht offen zu zeigen. Konnte ein Mann denn wirklich so blind für seine Umgebung sein? Ich hielt es kaum für möglich, dass er in all der Zeit nichts bemerkt hatte. Trotzdem schien es tatsächlich so zu sein.
Ich überlegte meine Worte genau, wollte Sadiras Bemühungen nicht durch einen falschen Schritt von meiner Seite zunichtemachen und unterdrückte den Drang, hysterisch zu kichern. Mit meinen Nerven stand es
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