Kurtisanen leben gefaehrlich
eindeutig nicht zum Besten, wie ich einmal mehr zu meinem Leidwesen bemerken musste.
»Aber natürlich habe ich die Wahrheit gesagt. Sadira hegt Gefühle für Euch – auch wenn Ihr es beileibe nicht verdient habt. Und Ihr habt sie mit Eurem Verhalten zutiefst verletzt.«
Die neue Rolle als Vermittlerin in Liebesdingen fühlte sich ungewohnt an. Ich kam mir ebenso linkisch vor wie Verducci, der sich jetzt noch weniger wohlzufühlen schien. Er kratzte sich unsicher am Kopf, ließ gleich darauf die Hand sinken, als er bemerkte, was er tat und was es über sein Innerstes verriet. Verducci war aufgewühlt, das konnte man an jeder seiner Bewegungen erkennen. Er brummte einige unverständliche Worte in seinen Bart, bevor er mich forschend ansah.
»Und was schlagt Ihr vor? Was soll ich tun? Wenn ich sie verletzt habe, würde ich gerne versuchen, es wieder gut zu machen. Doch ich weiß nicht ...«
Er verstummte, kämpfte mit sich und mit dem Fall seiner Maske. Ich hätte die Situation komisch gefunden, wenn die Dinge nicht so ernst gewesen wären.
Ich erblickte Sadira, die nachdenklich zu uns herübersah, während sie damit beschäftigt war, einen Eimer mit Wasser unter Deck zu befördern und ich lächelte ihr so beruhigend zu, wie es mir möglich war, ohne etwas über die Ursache dieses Zusammentreffens preiszugeben. Verducci folgte meinem Blick und sah Sadira nach, bis sie aus unserem Blickfeld verschwand.
»Vielleicht solltet Ihr sie ein wenig mehr beachten und sie nicht ansehen wie einen Eurer Männer. Sadira ist eine schöne Frau und sie ist durchaus Eurer Aufmerksamkeit würdig, auch wenn sie weder von adeligem Geblüt ist noch aus Terrano stammt. Aber Ihr scheint ohnehin eine Schwäche für Marabeshitinnen zu haben, wenn ich mich nicht täusche.«
Diese kleine Spitze konnte ich nicht für mich behalten und meine Wangen wärmten sich, während ich errötete. Hastig redete ich weiter, um diese unwillkommene Erscheinung zu überspielen.
»Euren Augen ist einiges entgangen, während Ihr Euer Herz an eine Frau gehängt habt, die es nicht mehr gibt.«
Bei der Erwähnung dieser Frau und der Erinnerung, die sie mit sich brachte, verdunkelte sich Verduccis Gesicht und seine Stimme wurde leise. Er sprach eher zu sich selbst als zu mir.
»Ihr wisst nicht, wovon Ihr redet, Lukrezia. Ihr wisst nicht, wie Delilah gewesen ist. Sie war wie die Sonne, hell und strahlend, voller Lebensfreude und Liebe für ihr Volk. Sie war eine starke Frau, aber gleichzeitig ein verletzliches Kind, das seinen Weg im Leben suchte. Sie wäre eine wahrhaftige Königin geworden, von allen geliebt und verehrt.«
Wenn es sich um die gleiche Frau handelte, die noch im Palast lebte, dann hatte sie zweifelsohne ihren Weg gefunden. Ich räusperte mich und wandte mich von Verducci ab, wollte nicht, dass er meine Gedanken an meinem Gesicht ablesen konnte.
»Diese Frau, von der Ihr sprecht, gibt es nicht mehr, Domenico. Ihr wollt Rache an ihr nehmen, doch könnt Ihr es wirklich, wenn sie vor Euch steht? Aus Eurer Sonne ist eine Schlange geworden, die alles zerstört, was in ihrem Weg steht.«
Verducci schnaubte und seine Schultern erzitterten. Ich war erschrocken, bis ich bemerkte, dass er lachte. Ich fand seine Reaktion überaus unpassend und spürte, wie sich Wut in mir sammelte. Der Narbenmann beruhigte sich, nachdem er den Ausdruck auf meinem Gesicht wahrgenommen hatte.
»Nein, Lukrezia. Aus Delilah ist keine Schlange geworden. Ich bin mir beinahe sicher, dass sie damals wirklich den Tod gefunden hat und dass Bahir die Wahrheit spricht. Diese Frau, die Ihr kennengelernt habt, ist eine andere und deshalb hat sie versucht, mich töten zu lassen. Wer konnte die Prinzessin besser kennen, als ihr eigener Geliebter? Ich sah es in ihren Augen, kenne den Wahnsinn dieser schönen Frau, die den Platz Delilahs eingenommen hat und an ihrer Stelle Marabesh regieren will. Und ich glaube nicht, dass dem Sultan nach ihrer Hochzeit ein langes Leben beschieden sein wird. Doch Ihr könnt Euch kaum vorstellen, wie sehr ich mir gewünscht habe, dass sich Bahir täuscht und meine Sonne noch am Leben ist. Ja, die Ähnlichkeit zwischen den beiden Frauen ist überwältigend, aber es gab einen kleinen Makel an Delilahs Körper. Nur eine winzige Narbe, an einer Stelle, die niemand sonst jemals zu Gesicht bekommen hat.«
Als Kurtisane waren mir körperliche Dinge nicht fremd und so war ich über Verduccis Enthüllungen nicht so schockiert, wie es sicher manche Adelsdame
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