Kurtisanen leben gefaehrlich
noch stärker als in dem wilden Garten und er nahm mir beinahe den Atem in seiner betörenden, die Sinne vernebelnden Intensität. Er ließ keinen Platz mehr für andere Gerüche.
Meine Füße führten mich weiter und weiter, obgleich es in meinen Gedanken zu schreien begann, ich solle endlich umkehren und laufen, so schnell und so weit ich konnte. Hatte Andrea Luca mich in eine Falle gelockt? Nein, es wäre mehr Mühe, als ich es wert war. Er hätte mich mühelos töten können, als ich in seinen Armen schlief, wenn sein Sinn danach stand, sich meiner zu entledigen.
Zitternd lief ich auf die nächste Flügeltür zu, die wohl aus dem großzügigen Eingangsbereich endgültig in den Palazzo führen würde, und versuchte, einen klaren Kopf zu behalten und die in mir aufsteigende Panik zu bekämpfen.
Ich kam nicht mehr dazu, meinen Mut auf die Probe zu stellen, denn plötzlich schwang die Tür, die noch in dem einen Moment unberührt vor mir gelegen hatte, wie von Geisterhand auf. Sie gab den Blick auf eine junge Frau frei, die mit einem schweren Leuchter in der Hand vor mir stand und mich auf beunruhigende Art und Weise anlächelte.
Eine zarte weiße Hand vollführte eine einladende, gezierte Geste und ich trat näher an die Frau heran, die keinerlei Anstalten machte, das Wort an mich zu richten.
Nein, dies war keine Terrano. Die zarte Haut war hell und durchscheinend wie feines Porzellan, der volle Schmollmund rosig, eine perfekte Umrandung für die weißen Zähne, die wie Perlen schimmerten. Goldenes Haar ringelte sich lockig aus einer makellos aufgesteckten Frisur. Der schlanke Körper steckte in einem edlen, schwarzen Gewand, das, allen Erwartungen zum Trotz, hochgeschlossen war und das Dekolleté züchtig bedeckte.
Die klaren, honigfarbenen Augen, die mich von Kopf bis Fuß musterten, machten mir auf unangenehme Weise meinen Aufzug bewusst. Ich hatte Mühe, nicht an mir herunterzusehen und selbst die nicht ganz fleckenlose Hose und die hohen Stiefel zu betrachten, die mich in den Augen dieser Dame unzüchtig und ohne Manieren wirken lassen mussten.
Nachdem die Musterung abgeschlossen war, öffnete sich der rosige Mund und ließ die weiche, klangvolle Stimme des feenhaften Geschöpfes erklingen, deren Akzent und die Art wie sie mich ansprach, sie eindeutig als von mondiénner Abstammung auswiesen.
Eine Frau aus Mondiénne im Hause der großen Artista? Der Umstand ließ mich stutzig werden, denn Bedienstete aus dem Reich der Königin Heloise waren in Terrano eine Seltenheit. Doch andererseits, was kümmerte dies eine Beatrice Santi, die es sich erlauben konnte, von einem solchen Palazzo aus zu herrschen?
Ich sah aufmerksam auf mein Gegenüber, während ich mich bemühte, meine Nervosität und mein Unbehagen vor ihr zu verbergen. Etwas an dieser Mondiénnerin gefiel mir ganz und gar nicht, denn es lag eine unterschwellige Kälte in ihren Augen, die die Vorsicht in mir wachrief.
»Mademoiselle Cellini, wir haben Euch bereits erwartet. Madame Santi hat mich angewiesen, Euch zu Euren Gemächern zu bringen, damit Ihr Euch erfrischen könnt. Sie wird Euch am frühen Morgen eine Audienz gewähren, nachdem Ihr geruht habt. Wenn Ihr mir bitte folgen möchtet?«
Cellini. Die Fürstin war offenbar bestens über meine Familienverhältnisse informiert. Ich fragte mich, ob Alesia ihr davon erzählt hatte oder ob Beatrice Santi womöglich ihre eigenen Nachforschungen angestellt hatte.
Ganz gleich, wie die Zusammenhänge sein mochten, ich begann, den Klang meines Familiennamens immer weniger zu mögen. Von den Lippen dieser Mondiénnerin, die mich beständig und still musterte, klang er ebenso Unheil verheißend wie aus dem Munde Alesias.
Die Frau aus Mondiénne sah mich mit Herablassung in den glänzenden Augen an, als ich für einen Augenblick zögerte, und ich besann mich endlich auf das, was ich war. Hier würden mir weder das kleine Messer noch das Rapier helfen. Hierbei war die Erziehung gefragt, die mir Signorina Valentina hatte angedeihen lassen und ich musste mich wieder in die Rolle einer Kurtisane einfinden, wenn ich an diesem Ort überleben wollte.
Ich versuchte, mir in meinen für eine Kurtisane höchst ungewöhnlichen Kleidern eine möglichst majestätische Haltung zu verleihen und widmete der blonden Frau einen ebenso hochmütigen Blick wie jenen, den sie mir hatte angedeihen lassen.
Ich sah zu meiner Zufriedenheit, wie flüchtig eine ihrer Augenbrauen nach oben schnellte, und betrachtete sie ebenfalls
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