Kurtisanen leben gefaehrlich
Lächeln zeichnete sich unter ihrem Schleier ab. Meine Antwort schien sie zu erfreuen. Nun, auch in meinem Lande wären die Hofdamen überaus entzückt gewesen, den Grund für die Gerüchte, die sie gehört hatten, allein für sich zu haben, ohne dass er eine Chance erhielt, ihnen zu entkommen.
»Oh, dann seid Ihr es wirklich! Wie wundervoll, Euch endlich zu begegnen! Mein Vater hat oft mit den Terrano Handel getrieben und ich habe so viel über Euer Land gehört. Sagt, ist es wirklich wahr, dass der Fürst aus Terrano
Euch
der Prinzessin vorgezogen hat?«
Leichter Unglauben schwang deutlich hörbar in ihrer Stimme mit. Gut, das erklärte natürlich ihre Kenntnis meiner Sprache. Innerlich seufzte ich resigniert auf. Natürlich musste ich an eine Reisebegleitung geraten, die ausgesprochen stark an dem höfischen Klatsch interessiert war und die noch dazu alles andere als schüchtern war, wenn es darum ging, ihre Neugier zu befriedigen. Ich versuchte, die Geduld aufzubringen, die in dieser Situation nötig war und antwortete ihr, so ruhig ich es vermochte.
»Das wird Euch nur der Fürst sagen können, Signorina. Aber vielleicht ist es Euch zu Ohren gekommen, dass er es nicht gerne sieht, wenn man ihm etwas aufzwingt, das er nicht selbst gewählt hat. Aber bitte, dürfte ich den Namen meiner Reisegefährtin erfahren, bevor wir uns in weitere Gespräche vertiefen?«
Ich lächelte süffisant und blickte ihr in die neugierigen hellbraunen Augen, die nun enttäuscht schauten.
Es ging mir schwer über die Lippen, Andrea Luca als Fürsten zu bezeichnen, denn einen solchen Stand hatte er bisher nicht besessen. Ich empfand es als merkwürdigen Zufall, ausgerechnet eine solch wissbegierige Frau in dieser Sänfte zu treffen. Steckte womöglich Delilah dahinter? Natürlich konnte ich mich täuschen und entwickelte möglicherweise einen ausgeprägten Verfolgungswahn, der alles andere als angebracht war und meinem Gegenüber Unrecht tat.
Die Marabeshitin störte sich nicht lange an meiner ungenauen Antwort über Andrea Lucas Gewohnheiten. Sie rückte näher zu mir heran, nachdem die Enttäuschung von ihrem Antlitz verschwunden war. Es mochte schließlich auf der Reise noch genügend Gelegenheiten geben, nähere Details zu erfahren.
»Ich bin Farasha, die zehnte Frau von Sultan Alim. Und Ihr seid Lukrezia, die Kurtisane aus Terrano. Ich habe Euch im Harem gesehen. Seid Ihr nicht auch glücklich, endlich den Sommerpalast sehen zu dürfen? Er soll wunderschön sein, schöner, als es die Pforten des Himmels sind!«
Ich konnte es kaum noch erwarten. Farasha schien mir über ihr Schicksal alles andere als unglücklich zu sein und strahlte eine unter diesen Umständen schon beinahe unnatürliche Vorfreude aus. Es gelang mir nicht, ihre Gefühle nachzuvollziehen, obgleich es mir während meines Aufenthaltes in Marabesh schon oft so erschienen war, als würde man mir einen Spiegel vorhalten, in dem ich eine verzerrte Version des Lebens einer Kurtisane zu Gesicht bekam.
Nur mit halbem Ohr hörte ich ihr zu, als sie mir von der Pracht des Sommerpalastes mit seinen unzähligen Gärten und Wundern vorschwärmte und dabei mich und ihre Umgebung vollkommen vergaß. Es schien sie nicht zu stören, dass ihr Leben von anderen bestimmt wurde. Sie sah es als Ehre, für den Harem des Sultans auserwählt worden zu sein. Es war ein Ziel, das zu erreichen wohl der Traum jedes Mädchens in Marabesh war und das der Familie Wohlstand sicherte, solange ihre Tochter keinen schwerwiegenden Fehler beging.
Ich wunderte mich darüber, dass ich mich nicht an Farasha erinnerte, wenn sie doch die zehnte Frau des Sultans war und mich im Harem gesehen hatte. Und ich war mir sicher, dass mir diese Frau mit ihrem ungewöhnlichen Äußeren im Gedächtnis geblieben wäre. Doch ich schwieg darüber. Ich hatte ohnehin keine Möglichkeit zu einer Erwähnung dieses Umstands, als ihr Geplapper mit der Macht eines Wasserfalls auf mich herabstürzte und jeden weiteren Versuch zunichtemachte, selbst zu Wort zu kommen. Zumindest würde ich mich auf dieser Reise nicht über mangelnde Kommunikation beklagen können, solange Farasha in dieser Sänfte blieb – was sich wohl nicht mehr verhindern ließ.
Die Zeit verlor ihre Bedeutung, als die Sänfte unaufhörlich ihren Weg durch die Stadt und dann in die Wüste zurücklegte, nachdem wir die bewohnten Gebiete verlassen hatten. Gelegentlich legte die Karawane eine Pause ein, die die Männer auch dringend brauchten, soweit ich
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