Kurtisanen leben gefaehrlich
eingeschlafen war. Also kletterte ich, gegen alle Verbote, aus der Sänfte heraus, obwohl mich etwas in meinem tiefsten Inneren davor warnen wollte und meinen Magen aufwühlte.
Die Männer liefen aufgeregt durcheinander. Jeder war in eine hastige Tätigkeit versunken und Panik breitete sich unter ihnen aus wie eine Seuche, die jeden ansteckte, der sich ihnen näherte.
Eine altbekannte Übelkeit wühlte meinen Magen auf und ich stützte mich für einen Augenblick an der Sänfte ab, bevor ich weiterlief und die Angst in den Augen der Männer erkannte, die versuchten, einen Unterschlupf zu finden. Aber einen Unterschlupf vor wem oder vor was? Die unheimliche Stille lastete schwer auf mir, denn sie konnte keines natürlichen Ursprungs sein.
Dann sah ich, was die Männer so entsetzt hatte. Der Sand war zu einem unheimlichen Leben erwacht. Er war aus seinem Ruhelager auferstanden und bewegte sich auf uns zu. Ein harter Windstoß ergriff meinen Körper und stieß mich wie eine Puppe von den Füßen, ließ mich ihm entgegenfallen, dem wilden, erbarmungslosen Sand, der unter meinen Füßen so weich und harmlos wirkte.
Immer näher kam die düstere Wolke, wie ein Rachegott aus alter Zeit, der zu uns herabgestiegen war, um Vergeltung zu üben. Ich war wie gelähmt, als die ersten Sandkörner meinen Körper trafen. Erst noch vereinzelt, dann immer mehr und mehr, schnitten sie in meine Haut wie scharfe, kleine Nadeln. Sie rissen an meiner Kleidung und zerfetzten sie erbarmungslos in einer Wucht, die ich niemals für möglich gehalten hatte.
Ich wollte mich bewegen, einen Schutz vor den kleinen Nadeln finden. Doch ich konnte nichts mehr sehen, nichts mehr hören, während die feinen Körner unaufhörlich in mein Gesicht wirbelten und mir den Atem nahmen. Die Welt um mich herum verschwamm im Nichts und ließ mich alleine zurück. Allein in einer Wüste mit dem heißen Sand, der wütend auf mich einschlug, bis ich reglos am Boden liegen blieb und das Tosen um mich herum endlich verstummte, in dem tiefen Dunkel nur noch Stille wartete.
Als ich erwachte, war der Rachegott verschwunden und hatte die Welt in einer noch unheimlicheren Stille zurückgelassen. Um mich herum herrschte Leere, einsame Leere, die niemand mehr mit mir teilte. Ich konnte mich nicht mehr daran erinnern, wie ich in die Sänfte gelangt war, die mich halb im Sand begraben umgab, doch sie hatte mein Leben gerettet. Von Farasha fehlte jegliche Spur.
Meine Kehle war trocken und es verlangte mich nach Wasser, das es jedoch nirgends gab. Ich begann, meine schmerzenden Glieder mühsam zu bewegen und vorwärts zu kriechen, hinaus aus dem Sand, der zu meinem Bett geworden war.
Meine Haut fühlte sich roh an, war blutig und aufgesprungen, schmerzte bei jeder mühsamen Bewegung, die ich tat. Die Verzweiflung war schon lange durch den nie enden wollenden Durst verdrängt worden, der mein ganzen Denken beherrschte und nichts anderes mehr überleben ließ.
Wo waren alle? Waren sie noch am Leben oder würde ich in dieser Wüste alleine sterben, ohne jemals meine Heimat wiedergesehen zu haben? Mein Körper fühlte sich heiß an, glühte noch stärker als die Sonne, die mich zu verbrennen drohte.
Wilde Traumbilder tanzten durch meinen Geist. Da war Delilah und sie lachte in ihrem Triumph, während sich ihr Körper in den einer Schlange verwandelte, deren Gift von ihren Zähnen troff.
Meine Einbildung zeigte mir Bilder von schimmernden Flüssen im Wüstensand, die verschwanden, je näher ich auf sie zu kroch. Wasserfälle stürzten herab und wechselten sich mit Meeren ab, die für mich unerreichbar waren und deren Feuchtigkeit mir entzogen blieb.
Wie viel Zeit mochte vergangen sein, bis ich kraftlos auf dem Sand zusammenbrach? Die Hitze meines Körpers löschte meinen Geist aus und ließ eine leere Hülle zurück, die dort im Sand der Wüste lag, endlich besiegt. Alesias Stimme rief nach mir und erzählte mir von dem Blut in meinen Adern, das in meinen Ohren rauschte und alles andere übertönte. Ich würde niemals über den Hügel, der dort vor mir lag, hinwegsehen können, niemals wieder. Ich schwebte in den Himmel empor, auf das hinabblickend, was einmal mein Körper gewesen war.
Doch dann wurde ich gewaltsam auf den Boden gerissen und fuhr mit einem gewaltigen Ruck in meinen Körper zurück. Etwas Feuchtes berührte meine Wange und erweckte mich zum Leben. Die hohe Stimme eines Kindes schrie Worte, die ich nicht verstehen konnte. Nur das eine: »Bahir,
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