Kurz vor Mitternacht
Wünsche und nahm Rücksicht darauf. Ich hatte immer das gleiche Zimmer, die Bedienung wechselte fast nie, und die Küche war ausgezeichnet.»
«Wie wär’s denn mit Saltcreek? Dort gibt es ein sehr nettes, altmodisches Hotel – Hotel Balmoral. Ein Ehepaar namens Rogers führt es. Ich würde Ihnen eine Empfehlung mitgeben, ganz in der Nähe wohnt die alte Lady Tressilian. Ein reizendes Haus, und sie selbst ist eine charmante Frau, obwohl mittlerweile ziemlich gebrechlich.»
«Die Witwe des Richters etwa?»
«Ja.»
«Ich kannte Matthew Tressilian», sagte Treves, «und ich glaube, dass ich auch seine Frau kennen gelernt habe. Ja, jetzt erinnere ich mich. Wirklich, eine charmante Frau – allerdings ist das schon lange her. Saltcreek liegt in der Nähe von St. Loo, nicht wahr? In der Gegend habe ich einige Freunde. Wissen Sie, Saltcreek scheint mir wirklich eine gute Idee zu sein. Ich werde hinschreiben. Mitte August möchte ich hingehen, von Mitte August bis Mitte September. Dort gibt es wohl eine Garage, wie? Und Unterkunft für meinen Chauffeur?»
«Für all das ist gesorgt.»
«Ich muss nämlich vorsichtig sein und darf nicht bergauf gehen. Ich hätte gern ein Zimmer im Erdgeschoss, oder ist ein Fahrstuhl vorhanden?»
«O ja, einen Fahrstuhl gibt es auch.»
«Das klingt wirklich, als wären meine Probleme damit aufs beste gelöst», sagte Treves. «Und es würde mir Freude machen, meine Bekanntschaft mit Lady Tressilian zu erneuern.»
10
28. Juli
Kay Strange, die Shorts und einen gelben, kurzärmeligen Pullover trug, lehnte sich vor, während sie den Tennisspielern zusah. Das Halbfinale im Herreneinzel beim Turnier von St. Loo wurde ausgetragen, und Nevile spielte gegen den jungen Merrick, der als der kommende Stern am Tennishimmel betrachtet wurde.
Das Spiel stand drei zu drei im letzten Satz.
Ted Latimer, der auf den Stuhl neben Kay schlüpfte, bemerkte in lässig-spöttischem Ton:
«Liebende Gattin sieht zu, wie ihr Mann sich den Sieg erkämpft.»
Kay zuckte zusammen.
«Wie du mich erschreckt hast! Ich ahnte gar nicht, dass du da bist.»
«Ich bin immer da. Das solltest du allmählich wissen.»
Ted Latimer war fünfundzwanzig Jahre alt und sah außerordentlich gut aus. Er war dunkel und beneidenswert braun gebrannt. Seine dunklen Augen konnten sehr beredt sein, und er beherrschte seine Stimme mit der Sicherheit eines Schauspielers. Kay kannte er seit ihrem fünfzehnten Lebensjahr. In Juan-les-Pins hatten sie zusammen Sonnenbäder, Tanzgesellschaften und Tennispartien genossen. Sie waren nicht nur befreundet, sondern eng verbunden gewesen.
«Neviles Rückhand ist gut», lobte Ted. «Besser als seine Vorhand. Merricks Schwäche ist der Rückhandschlag, und Nevile weiß das. Er nutzt es aus.»
«Fünf zu drei.»
«Steht gut für Nevile», sagte Ted Latimer.
Doch jetzt nahm sich der Junge zusammen. Sein Spiel wurde vorsichtiger. Er placierte die Bälle präziser und variantenreicher.
«Er spielt mit Verstand», urteilte Ted. «Und seine Fußarbeit ist erstklassig. Es wird ein richtiger Kampf.»
Langsam holte der junge Merrick auf, bis das Spiel sieben zu sieben stand, und schließlich gewann Merrick mit neun zu sieben.
Nevile kam zum Netz, lächelnd und kopfschüttelnd, um seinem Gegner die Hand zu drücken.
«Die Jugend zählt», bemerkte Ted. «Neunzehn gegen dreiunddreißig. Ich kann dir sagen, Kay, warum Nevile nie in die allererste Reihe rückt. Er ist ein zu guter Verlierer.»
«Unsinn!»
«Doch! Nevile ist immer der gute Sportsmann vom Scheitel bis zur Sohle. Ich habe ihn nie wütend gesehen, weil er ein Spiel verloren hat.»
«Natürlich nicht. Das tut kein Mensch.»
«O doch, und wie! Viele Tennisspieler lassen sich so weit gehen, dass sie jeglichen Vorteil wahrnehmen. Aber der gute alte Nevile lässt die andern gern gewinnen.»
Kay wandte den Kopf.
«Ich wünschte, du würdest deine Abneigung gegen Nevile nicht so deutlich zeigen.»
«Warum sollte ich ihn lieben? Er hat mir mein Mädchen weggenommen.»
Seine Augen ruhten auf ihr.
«Ich war nicht dein Mädchen. Die Umstände verhinderten es. Ich verliebte mich in Nevile und heiratete ihn…»
«Und er ist ein prächtiger Mensch – das sagen alle!»
«Willst du mich ärgern?»
Sie sah ihn an. Er lächelte – und plötzlich gab sie das Lächeln zurück.
«Was habt ihr im Sommer vor, Kay?»
«Du weißt ja: eine Jachtfahrt, und im September ziehen wir für vierzehn Tage ins ‹Möwennest›.»
«Ich werde im Hotel
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