Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kurz vor Mitternacht

Kurz vor Mitternacht

Titel: Kurz vor Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
anfangen könnte! Ein Mann, der sich nicht erpressen lässt, Lügen vorzubringen. Sie werden nicht in die Lage kommen, für mich lügen zu müssen. Auf solche Geschäfte lasse ich mich nicht ein. Aber ich suche ehrliche Menschen – und die sind verflucht selten auf der Welt!»
    Der kleine Lord brach in Lachen aus, und sein schlaues Affchengesicht runzelte sich vor Vergnügen. MacWhirter stand weiterhin unbewegt da, keineswegs belustigt.
    Lord Cornelly hörte auf zu lachen. Seine Miene wurde ernst und aufmerksam.
    «Wenn Sie eine Stelle suchen, Mr MacWhirter, so habe ich Arbeit für Sie.»
    «Ich hätte sehr gern Arbeit», bekannte MacWhirter.
    «Es handelt sich um eine wichtige Aufgabe, die nur einem vollkommen zuverlässigen Mann anvertraut werden kann.»
    Lord Cornelly wartete. MacWhirter schwieg.
    «Also – kann ich mich voll und ganz auf Sie verlassen?»
    MacWhirter erwiderte: «Wenn ich Ihnen antworte, werde ich natürlich ja sagen.»
    Lord Cornelly lachte: «Sie sind der Richtige. Sie sind der Mann, den ich suche. Kennen Sie Südamerika?»
    Er kam auf die Einzelheiten zu sprechen. Eine halbe Stunde später stand MacWhirter auf der Straße – ein Mann, dem eine interessante und außerordentlich gut bezahlte Arbeit anvertraut worden war, eine Arbeit mit Zukunft außerdem.
    Das Schicksal lächelte ihm wieder zu. Aber er war nicht in der Stimmung, zurückzulächeln, obwohl er Sinn für die Komik der Tatsache hatte, dass er den üblen Machenschaften seines früheren Vorgesetzten die jetzige Beförderung verdankte.
    Vor sieben Monaten hatte er einen Selbstmordversuch unternommen. Der Zufall, nichts als der Zufall, hatte ihm das Leben gerettet. Aber die wirkliche Lebensfreude war für ihn damit nicht zurückgekehrt. Eigentlich fühlte er sich erleichtert, dass seine Arbeit ihn aus England fortführte. Ende September sollte er nach Südamerika fahren. In den nächsten Wochen musste er Vorbereitungen für sein Unternehmen treffen und sich allerhand Ausrüstungsgegenstände beschaffen.
    Immerhin blieb ihm vor der Abreise noch eine unausgefüllte Woche. Was sollte er mit dieser Zeit beginnen? In London herumsitzen? Fortgehen?
    Ein Gedanke nahm, zunächst vage, dann immer deutlicher, Gestalt an.
    Saltcreek?
    Dazu wäre ich gerade in der richtigen Stimmung, sagte er zu sich selbst.

12
19. August
    «Und aus ist es mit meinen Ferien», knurrte Inspektor Battle.
    Mrs Battle war enttäuscht, aber lange Jahre des Zusammenlebens mit einem Mann des Gesetzes hatten bewirkt, dass sie derartige Enttäuschungen gelassen hinnahm.
    «Ja nun», erwiderte sie, «da kann man nichts machen. Ich nehme an, dass es sich um einen interessanten Fall handelt?»
    «Äußerlich betrachtet, kaum. Aber immerhin genügend aufregend, dass die Leute im Außenministerium wie aufgescheuchte Ameisen herumrennen. Doch es ist kein Fall, den ich in meinen Memoiren erwähnen würde, falls ich jemals so töricht wäre, sie zu schreiben.»
    «Wir könnten ja unsere Ferien verschieben», meinte Mrs Battle zögernd.
    «Kommt nicht infrage. Du gehst mit den Mädchen nach Britlington – seit März sind die Zimmer bestellt. Und weißt du, was ich machen werde? Wenn die Sache erledigt ist, fahre ich zu Jim und bleibe eine Woche bei ihm.»
    Jim war Inspektor Battles Neffe: Sergeant James Leach.
    «Saltington liegt ganz nahe bei Saltcreek und bei der Easterhead-Bucht», fuhr Battle fort. «Da kann ich Luft schnappen und schwimmen.»
    Mrs Battle rümpfte die Nase.
    «Wahrscheinlicher, dass Jim dich in irgendeinen Fall hineinziehen wird!»
    «Um diese Jahreszeit gibt es dort keine Fälle – höchstens mal eine Frau, die im Warenhaus einen kleinen Gegenstand klaut. Außerdem versteht Jim etwas vom Geschäft, er braucht meine Hilfe nicht.»
    «Na gut», seufzte Mrs Battle. «Wird schon alles werden. Aber irgendwie enttäuscht bin ich doch.»
    «Solche Dinge muss man als Prüfung hinnehmen», versicherte ihr Inspektor Battle.

13
    Als Thomas Royde in Saltington den Zug verließ, trat ihm Mary Aldin auf dem Bahnsteig entgegen.
    Er hatte nur eine dunkle Erinnerung an sie, und als er sie jetzt wiedersah, überraschte es ihn, wie sehr er sich über ihre flinke, kundige Art, die Dinge anzupacken, freute. Ohne Umstände duzte sie ihn.
    «Wie schön, dich nach so vielen Jahren einmal wiederzusehen, Thomas.»
    «Nett, dass ihr mich aufnehmt. Hoffentlich bin ich keine allzugroße Belastung.»
    «Im Gegenteil! Du bist ganz besonders willkommen.»
    Nachdem das Gepäck im Ford

Weitere Kostenlose Bücher