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Kurzschluss

Kurzschluss

Titel: Kurzschluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Dienstreise – über Dresden nach Pirna – hatte er sich in seinem Audi hinter einen Sattelzug geklemmt, der einer der wenigen Lastzüge war, die an diesem Samstag auf der Autobahn dahinkrochen. Dann rief er Linkohr an und unterrichtete ihn über den Inhalt des Handygesprächs mit Sander. Er erfuhr, dass sich Frederiksen weiterhin in Geislingen aufhielt. Der Jungkriminalist versprach, sich sofort um ihn zu kümmern und ihn mit diesen Hinweisen zu konfrontieren.
    »Wir haben aber noch etwas anderes«, beeilte sich Linkohr zu sagen und erweckte den Eindruck, außer Atem zu sein: »Die Ereignisse überschlagen sich. Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir die Sache mit der Hütte und dieser seltsamen Zahl rausgekriegt haben. Bodling hat uns drauf gebracht. Es könnte ein Flusskilometer an der Donau sein.«
    Häberle bemühte sich, den Abstand zum Lastzug zu vergrößern. Flusskilometer, überlegte er. Alle großen Flüsse waren akribisch genau ausgeschildert. Alle 200 Meter, so hatte er es einmal an der Iller südlich von Ulm gesehen, waren an den flussbegleitenden Uferwegen entsprechende Schilder angebracht. In der Regel wurde von der Quelle stromabwärts gezählt. Einzige Ausnahme bildete die Donau, bei der die Kilometrierung mit der Zahl 0 an der Mündung ins Schwarze Meer begann und sich zur Quelle hin aufaddierte.
    »Zweitausendwieviel war’s?«, hakte er schließlich nach.
    »Zweitausendfünfhundereinundfünfzig Komma acht.«
    »Das kann nicht weit von Ulm sein.«
    »Wir sind schon auf dem Weg dorthin – samt SEK.«
    Das Spezialeinsatzkommando, davon war Häberle überzeugt, würde die Angelegenheit schon regeln. Endlich kam Bewegung in die Sache. Immerhin hegte er einen kleinen Funken Hoffnung, Frau Rothfuß doch noch lebend irgendwo aufzufinden.
    »Ich werd heute Abend wieder zurück sein«, kündigte er an, aber Linkohr wollte das Gespräch jetzt nicht beenden.
    »Außerdem scheint es so, als hätten wir ein Foto vom Täter.«
    Häberle verschlug es die Sprache und er hatte Mühe, sich auf den Verkehr zu konzentrieren. »Ihr habt was?«
    »Sobald wir wissen, wo am Dienstagabend bei Tempokontrollen geblitzt wurde, kriegen wir vielleicht ein Foto vom Täter.«
     
    *
     
    Die grünen Schilder mit den Kilometerangaben bis zur Donaumündung in das Schwarze Meer waren, stromabwärts gesehen, entlang des linken Ufers aufgestellt. Kilometer 2551,8, das hatten die Kriminalisten aus Dillingen rasch herausgefunden, war nicht weit von der Fundstelle der Kleidungsstücke entfernt – und zwar stromaufwärts an der nächsten Staustufe, in Sichtweite zum Kernkraftwerk Gundremmingen. An ihr verließ der Uferweg den Damm und führte, vorbei an einem kleinen Umspannwerk, in ein Waldstück. Ortsunkundige Radler, die der offiziellen Beschilderung des Donau-Radwanderwegs folgten, kamen hier aber nicht vorbei. Weshalb ihnen der Umweg übers abseits der Donau gelegene Gundelfingen zugemutet wurde, war nicht ersichtlich. Möglicherweise sollte ihnen der Anblick der albtraummäßigen Kühltürme des Kernkraftwerks erspart bleiben.
    Doch einen Uferweg gab es trotzdem. Zwar beschrieb er nach der Staustufe des EW Gundelfingen einen kurzen Bogen, um einen kleinen Seitenbach zu überqueren, der hier, dicht bewaldet, in die Donau mündete, folgte aber dann dem weiteren Verlauf des mächtigen Flusses.
    Die grüne Tafel mit der Kilometrierung war direkt an dieser Mündung angebracht, wo die andere Seite des Bachufers in ein kleines, verwachsenes Wiesengrundstück überging. Dort stand eine Tafel mit den üblichen Gefahrenhinweisen an Ober- und Unterwassern einer Staustufe: ›Kraftwerksareal, Lebensgefahr. Sperrgebiet für Schwimmer und alle Wasserfahrzeuge.‹
    Auf den ersten Blick war von einer Hütte nichts zu sehen. Die als Waldarbeiter getarnten Beamten des Spezialeinsatzkommandos, die über den Fahrweg gekommen waren, der von Peterswörth und Gundelfingen zur Staustufe führte, hatten ihren dunkelblauen Golf in respektabler Entfernung stehen lassen. Mit ihren Handsägen und Äxten, die sie trugen, würde niemand auf die Idee kommen, dass sie Polizisten waren. Sollte es irgendwo einen geheimen Beobachtungsposten geben, hätte dieser niemals Verdacht geschöpft.
    Sie näherten sich dem kleinen Bachlauf, an dessen rechter Uferseite eine verwachsene Zufahrt auf ein verwildertes Grundstück führte. Eng aneinanderstehende hohe Bäume dämpften das Tageslicht. Erst beim Näherkommen zeichnete sich das Wellblechdach einer Holzhütte ab,

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