Kurzschluss
Kongsberg ins Verbundnetz gespeist. Das mindert zwar die Atomstrommenge, aber billiger wird gar nichts.«
»Sie haben Einblick in diese Strukturen?« Linkohr wollte sich auf keine Grundsatzdiskussion einlassen.
»Beziehungen und Einblick. So kann man es formulieren. Mein Schwiegervater hat sich in den Kopf gesetzt, die Machenschaften aufzudecken.«
»Warum eigentlich er selbst? Er hätte genauso gut den Medien einen Tipp geben können.«
»Das hab ich ihm geraten, aber er war der Meinung, dass vielen Journalisten heutzutage bei komplexen Themen der Durchblick verloren gegangen ist. Sie wollen nur die schnelle Sensation, ohne wirklich fundiert zu recherchieren. Nein, Frank wollte sein Hobby, die Filmerei, dazu nutzen, einen fundierten Dokumentarfilm zu erstellen und den dann als Grundlage, sozusagen als Beweis für die Richtigkeit seiner Theorien, seriösen Medienorganen vorlegen.«
»Und Sie, Mariotti und eventuell Schweizer, Wollek und Bodling haben die Hintergrundinformation geliefert?«
»Wer das alles war, weiß ich wirklich nicht«, versicherte Frederiksen und nahm einen Schluck Kaffee. »Ich weiß nur so viel«, fuhr er fort, »dass ein Angriff auf die kleinen Versorgungsunternehmen geplant war. Estromag wird nachgesagt, sie hätten nach und nach versucht, Ihresgleichen ins erste Management einzuschleusen.«
»Womöglich bis in die Vorstandschaft?«
Frederiksen schwieg.
47
Ein strahlender Morgen. Häberle war auf der Autobahn zügig vorangekommen. Der Campingplatz von Pirna-Copitz lag am Stadtrand, direkt an der Umgehungsstraße. Die Stadt erstreckte sich beidseits der Elbe, die sich hier ein sanftes Tal gegraben hatte und Dresden entgegenstrebte.
Häberle stellte seinen Audi auf dem Parkplatz an der Zufahrt zum Campingplatz ab und ging zu Fuß zur Rezeption, wo gerade ein niederländischer Gast umständlich seinen viertägigen Aufenthalt bezahlte. Der Chefkriminalist, den es nach Hause drängte, weil er dort die Lösung des Falles greifbar wähnte, studierte derweil die Fremdenverkehrsprospekte, die in großer Zahl angeboten wurden.
Als ihn die freundliche Dame im feinsten sächsischen Dialekt nach seinen Wünschen fragte, setzte er ein Lächeln auf und gab sich als Ermittler zu erkennen. »Ich hätte gerne eine Auskunft über einen Gast, der vorige Woche hier gewesen sein müsste.«
Sie sah ihn zweifelnd an. »So? Hat er denn etwas ausgefressen?« Es war diese direkte Art, die Häberle schon oft überrascht hatte, wenn er es mit Menschen aus den neuen Bundesländern zu tun hatte. Vielleicht lag es daran, so sinnierte er, dass sie ihrem jahrelang unter der DDR-Herrschaft aufgestauten Bedürfnis nach freier Meinungsäußerung endlich freien Lauf lassen wollten. Jedenfalls war dies sicher nicht böse gemeint.
»Um das festzustellen, bin ich hier«, entgegnete er und nannte den Namen des Gesuchten: »Wollek, Markus. Aus Breitingen, Alb-Donau-Kreis.«
»Haben Sie die Postleitzahl?«, fragte sie schnippisch zurück, während sie zu ihrem Computer ging.
»Tut mir leid, nein.«
»Wollek, sagten Sie, mit ck oder nur mit k?«
»Nur k«, glaubte sich der Kriminalist zu entsinnen.
»War da«, kam es zurück. »Vom 10. bis 15. Juni. Das war …«, sie blätterte in einem Wochenkalender, »von Mittwoch bis vergangenen Montag.«
Häberle bedankte sich und ließ sich die Standplatznummer geben.
»Ach ja«, fügte die Frau an, während sie anfing, Akten zu sortieren. »Eines fällt mir noch ein. Herr Wollek ist nicht, wie das üblich ist, gleich Montagvormittag gefahren, sondern erst um die Mittagszeit.«
»Gab es da einen Grund?«
»Er hat wohl etwas in der Stadt zu tun gehabt. Denn soweit ich es von hier aus gesehen hab, ist er mit dem Taxi gekommen. Ich war nämlich gerade draußen, Blumen gießen.«
Häberle nickte zufrieden, verabschiedete sich und schlenderte über den gepflegten Platz, der jedem einzelnen Camper sehr viel Freiraum bot. Wolleks Stellfläche, ein Eckplatz, war nicht belegt, dafür der Platz daneben. Ein älteres Rentnerehepaar aus dem Rhein-Neckar-Kreis saß im Vorzelt vor dem Wohnwagen und las Zeitung.
Der Ermittler näherte sich ihnen lächelnd, wünschte einen guten Morgen und stellte sich vor. »Keine Panik«, ergänzte er, nachdem die Frau ziemlich entsetzt ihre Zeitung auf den Tisch gelegt hatte. »Ich komme nicht Ihretwegen, sondern wegen eines Nachbarn.« Er deutete auf die freie Wiesenfläche neben ihnen. »Wie lange sind Sie denn schon hier?«
Der Mann faltete seine
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