Kurzschluss
der Zeitungsmann hartnäckig.
Ziegler wollte sich auf keine weitere Diskussion einlassen und erklärte: »An unserer Bitte, einen entsprechenden Hinweis zu veröffentlichen, mögen Sie erkennen, dass wir momentan jede Möglichkeit ausschöpfen müssen.« Es hörte sich so an, als wolle er das Gespräch zu einem schnellen Ende bringen. Deshalb stellte die Journalistin der Filstalwelle eine schnelle Frage: »Kann es sein, dass der Beruf des Opfers auch eine Rolle spielt?«
Wieder gab Ziegler dem Direktionsleiter zu verstehen, die Antwort zu geben. »Ich weiß natürlich nicht, was Sie recherchiert haben«, wandte sich dieser an die Journalistin. »Aber alles, was man dazu sagen würde, wäre verfrüht und spekulativ.«
Die Frau wollte sich nicht abwimmeln lassen. »Welche Rolle spielt eigentlich der Herr Braun?«
Die drei Männer an der Oberkante sahen sich verblüfft an. Ziegler überlegte kurz. Er hatte sich ohnehin bereits gewundert, dass keiner aus der Journalistenrunde die Frage nach dem Beruf des Opfers gestellt hatte. Offenbar waren sie bereits bestens informiert. Wie immer halt, stellte er verärgert fest. Somit war zu befürchten, dass wieder viel Hintergründiges verbreitet wurde – trotz Sanders Abwesenheit, dem er so etwas am ehesten zutraute.
»Dieser Herr Braun«, griff Ziegler schließlich den Einwurf auf, »spielt genauso sehr oder genauso wenig eine Rolle wie alle anderen auch. Sie werden verstehen, dass ich mich zu einzelnen Personen zum jetzigen Zeitpunkt nicht äußere.« Er versuchte, ruhig zu bleiben, was ihm aber angesichts der Tatsache, dass die Journalisten wieder mal hinter seinem Rücken Informationen gesammelt hatten, recht schwer fiel.
Die Frau vom Lokalfernsehen gab sich ohnehin nicht zufrieden. »Als Naturschützer hat Herr Braun sicher ganz andere Interessen als die Energielobby«, erklärte sie nüchtern.
»Aber ich bitte Sie«, fuhr ihr Ziegler dazwischen, »konstruieren Sie mir bitte keine Zusammenhänge, wo es keine gibt.« Er hüstelte. »Oder besser gesagt: Wo zum jetzigen Zeitpunkt keine zu erkennen sind.«
Der Jungredakteur gab der Kollegin Schützenhilfe: »Es wäre ja nicht das erste Mal, dass jemand behauptet, eine Leiche gefunden zu haben, obwohl er selbst der Täter ist.«
Ziegler atmete schwer. Er war nicht länger bereit, sich auf diesem Niveau zu unterhalten. »Erlauben Sie mir den Hinweis, nicht Herr Braun hat den Toten gefunden, sondern eine andere Person.« Er verkniff sich, den Namen zu nennen, obwohl ihm klar war, dass ihn die Journalisten längst kannten.
Der Zeitungsmann lehnte sich selbstgefällig zurück und zuckte grinsend mit den Schultern: »Ich mein ja nur … aber dieser See da draußen scheint doch ziemlich interessant zu sein.«
Für einen Moment war es absolut still im Raum. Die drei Männer, die den Vorsitz übernommen hatten, sahen sich erneut einigermaßen hilflos an. Stock beugte sich zu Ziegler und flüsterte ihm etwas ins Ohr.
15
Markus Wollek war ein groß gewachsener Mann und sportlich. Er hatte das schneeweiße Wohnmobil in die hohe Garage rangiert, die eigens für dieses Gefährt an das schmucke Einfamilienhaus angebaut worden war. Seine Frau Luisa, nur wenig kleiner, aber schlanker als er, begrüßte ihn mit einem Kuss auf die Wange. Er folgte ihr mit einem handlichen Koffer ins wohltemperierte Haus. Zum Abend hin war es wieder kühl geworden und gerade hier, auf der Hochfläche der Schwäbischen Alb, hatte sich die Schafskälte, von der in historischen Kalendern die Rede ist, besonders unangenehm mit Nieselregen bemerkbar gemacht.
»Schön, dass du schon da bist«, freute sich Luisa. Ihr Mann hatte von unterwegs angerufen, sodass sie bereits auf sein Eintreffen vorbereitet war und eine Kanne Kaffee bereitgestellt hatte. »Die Kinder sind mit Frau Neubrand zum Musikunterricht gefahren«, sagte sie. Er nickte. Wie immer montags hatten sie im wöchentlichen Wechsel mit der Nachbarin eine Fahrgemeinschaft organisiert.
Wollek wusch sich die Hände, fuhr sich übers Gesicht und blickte in den Spiegel. Er war blass, die lange Fahrt mit dem Wohnmobil war stressig gewesen. Zwischen den unzähligen Lastwagen, die sich werktags insbesondere auf den Ost-West-Tangenten Deutschlands zu endlosen Kolonnen formierten, war es ziemlich anstrengend, sich mit einem nicht gerade beschleunigungsstarken Fahrzeug dem Verkehrsfluss anzupassen. Die Lastzüge auf der rechten Spur fuhren zu langsam, aber zum Ausscheren auf die linke Spur reichte oft die
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