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Kurzschluss

Kurzschluss

Titel: Kurzschluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Folgen in diesen Frühjahrswochen noch lange nicht abzuschätzen waren – auch der Bedarf an zeitlich begrenzten Arbeitsverhältnissen nachließ.
    Hasso Schweizer, den leichte Kopfschmerzen plagten, strich mit den Händen über die weiche Lehne des Sessels. Er versuchte, einen Gedanken zu verdrängen, der ihn an traumhafte Stunden in dieser Wohnung erinnern wollte. Nein, dafür war jetzt kein Platz. Er sah in das blasse Gesicht von Gaby, in dem ihre fast 50 Jahre kaum eine Spur hinterlassen hatten. Hasso wusste, wie sehr sie sich vor diesem runden Geburtstag fürchtete. Niemals hätte er voriges Jahr, als sie mit Frank zu einem Betriebsfest gekommen war, ihr Alter richtig eingeschätzt.
    Inzwischen hatte er sich mit dem Altersunterschied von fast 15 Jahren abgefunden. Nie zuvor war ihm die Bedeutung des Spruchs, wonach man nur so alt sei, wie man sich fühle, so sehr bewusst geworden wie in den vergangenen Wochen. Und Gaby, daran hatte er keinen Zweifel, genoss es, dass er so dachte. Sie ließ es ihn mit der Art, wie sie sich an solchen Abenden kleidete, immer wieder spüren. Heute jedoch saß sie ihm in Jeans gegenüber, dazu ein schlabberiger Pullover, der ihn an die alternative Szene erinnerte. Sie stand noch sichtlich unter dem Eindruck des Besuchs in der Ulmer Gerichtsmedizin, wo sie am Spätnachmittag die Leiche ihres Mannes hatte identifizieren müssen.
    »Im Betrieb sind alle schockiert«, sagte er, nachdem sie beide geschildert hatten, was sie bislang wussten. »Hat man dich schon vernommen?«, fragte er vorsichtig nach.
    »Vernommen?«, wiederholte sie ungläubig. »Wieso sollte man mich denn vernehmen? Ich hab gesagt, er ist’s – das reicht doch, oder?«
    Hasso Schweizer zuckte mit den Schultern und fühlte den kuscheligen Sessel am Körper. So, wie er diesen Sessel schon bei anderen Gelegenheiten gespürt hatte, auf nackter Haut. Da war er wieder, dieser Gedanke, den er jetzt nicht brauchen konnte.
    Es war still im Zimmer, ungewöhnlich still. Sie hatte nicht einmal das Radio angestellt, das bisher immer, wenn er da war, den Raum dezent beschallt hatte. Meist mit dem Ulmer Regionalsender Radio 7.
    »Man wird wahrscheinlich wissen wollen, ob du dir vorstellen kannst, wer das getan hat.«
    »Weißt du«, begann sie, »in mir ist ein Gefühl, das sich nur schwer beschreiben lässt.« Gaby schlug ihre Beine übereinander. »Wie oft hab ich mir gewünscht, ihn los zu sein, dann hab ich’s geschafft, dann bin ich weg, dann bin ich frei. Und nun, wo er tot ist, spüre ich so etwas wie Mitleid. Ich weiß nicht, ob du das nachvollziehen kannst.«
    Schweizer nickte und nahm einen Schluck Mineralwasser. »Er hat dir immerhin einmal ziemlich nahe gestanden. Das steckt man nicht einfach weg.«
    »Das steckt man nicht einfach weg«, wiederholte sie seine Worte. »Und ich will es auch nicht wegstecken. Frank …« Sie stockte. »Ich hab Frank einmal geliebt. Sehr sogar. Doch irgendwann hat er sich verändert.«
    Gaby brauchte nicht ins Detail zu gehen. Oft genug hatten sie darüber gesprochen. Als die Tochter vor vier Jahren nach Norwegen gezogen war, hatte es einen Bruch gegeben. Vielleicht war auch Frank mit dem Weggang seines geliebten Kindes nicht fertig geworden. Jedenfalls wandte er sich plötzlich verstärkt seinem Hobby zu, das bis dahin für ihn eher nebensächlich gewesen war.
    »Die Filme«, gab sich Schweizer informiert.
    »Natürlich die Filme.« Sie runzelte die Stirn, als wolle sie an dieses Kapitel nicht mehr erinnert werden. »Er hat mir zwar immer zu erklären versucht, das sei alles rein geschäftlich – okay, gut verdient hat er damit. Hab ich dir ja schon erzählt …« Gaby atmete tief durch. »Auch ich hab da wohl Fehler gemacht mit diesen Weibern.«
    Sie brauchte es ihrem Geliebten nicht zu erzählen. Stundenlang hatten sie sich darüber unterhalten.
    »Ich hab ihn einfach machen lassen. Blauäugig, wie ich war. Aber ich wusste doch nicht, dass er’s so weit treiben würde.«
    Schweizer schwieg. Gaby fühlte sich als Opfer ihrer eigenen Gutmütigkeit. »Konnte ich denn wissen, dass die Weiber nur vordergründig einen Job brauchten, um’s hier treiben zu können?«, fuhr sie fort und stellte fest: »Alles eingeschleuste Nutten aus dem Rotlichtmilieu vom Osten«, sagte sie mit einem Unterton, der Abscheu und Enttäuschung zum Ausdruck brachte.
    Hasso nickte und meinte. »Und da sitzen Messer und Kanonen verdammt locker.«
    »Und hinterher erfahr ich, dass Frank mit einigen schweinische

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