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Kurzschluss

Kurzschluss

Titel: Kurzschluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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ab.
    »Fäulnisgase. Sie bilden sich schon nach drei, vier Tagen im Körper. Der Auftrieb ist so stark, dass auch dieser Stein, der um den Hals gebunden war, die Leiche nicht vollständig auf den Grund ziehen konnte. Damit erklärt sich die gekrümmte Haltung, mit der sie im Wasser lag. Kopf und Beine im Wasser – der mit Gasen aufgeblähte Rumpf aber schwimmt oben.«
    Der Chefermittler hatte schon oft davon gehört. Wie schnell sich Fäulnisgase bildeten, war sehr stark von der Außentemperatur abhängig. Das Wasser in den Weiherwiesen dürfte noch ziemlich kalt sein, sodass der Mann durchaus schon mehrere Tage auf dem Seegrund gelegen haben konnte, ehe sein Körper an die Wasseroberfläche trieb.
    Linkohr gab die Antwort, ohne danach gefragt worden zu sein: »Kräuter grenzt den Zeitpunkt der Tat grob ein: Seit mehreren Tagen bis maximal zwei Wochen ist er tot. Der Verwesungsprozess hat bereits begonnen.«
    Häberle reichte es. Obwohl er durch den Umgang mit Leichen im Laufe der Jahre abgebrühter geworden ist, war es jedes Mal aufs Neue höchst unerfreulich, sich die Protokolle der Gerichtsmediziner bildlich vor Augen zu führen. Zu vermeiden jedoch war dies nicht. Denn was bei einer Obduktion ans Tageslicht kam, war oftmals von immenser Bedeutung für die weitere Ermittlungsarbeit. Allein der Todeszeitpunkt war bei der Überprüfung von Alibis entscheidend.
    »Dieser Stein«, kam es Häberle plötzlich in den Sinn, »dieser Stein, der die Leiche nach unten ziehen sollte – wie schwer war der eigentlich?«
    »Ich glaube …«, Linkohr griff zu einem anderen Blatt Papier. »30,6 Kilogramm. Er ist auf dem Weg zum LKA.«
    Häberle zeigte sich zufrieden. Beim Landeskriminalamt würden die Experten versuchen, noch einige Spuren zu sichern, sofern dies überhaupt möglich war.
    Schmittke eilte zum Schreibtisch der beiden Kriminalisten und unterbrach sie. »Schwenger hat den Beschluss zum Öffnen der Wohnung geschickt.«
    Gemeint war der örtliche Amtsrichter.
    »Na also, worauf warten wir noch?«, fragte Häberle eher rhetorisch. Die beiden Männer sahen ihn an. »Und? Ist noch was?«, gab er sich beim Aufstehen irritiert.
    »Na ja«, entgegnete Linkohr. »Es hat da einen Anruf gegeben.« Er schichtete erneut einige Blätter um.
    Häberle blieb stehen und sah gespannt von einem zum anderen. »Einen Anruf?«
    »Ja, aus Norwegen«, gab Linkohr zurück und suchte nach seinen Aufzeichnungen. »Ein Herr Frederiksen oder so ähnlich hat sich nach Herrn Büttner erkundigt.« Endlich hatte er Adresse und Telefonnummer gefunden. »Er macht sich Sorgen, weil er seit über einer Woche kein Lebenszeichen mehr erhalten hat.«
    »Und wer ist dieser Frederiksen?«, wollte Häberle wissen, während auch Schmittke ungeduldig auf Linkohrs Erläuterungen wartete.
    »Sein Schwiegersohn.«
     
    Häberle hatte sich wieder einmal erfolgreich um die Pressekonferenz gedrückt. Nachdem sein Lieblingsjournalist Georg Sander ohnehin nicht da sein würde, wie er erfahren hatte, war ihm an einer Teilnahme nicht sehr viel gelegen. Vermutlich kamen wieder jede Menge Medienvertreter, die von Polizei- und Ermittlungsarbeit keine Ahnung hatten, weil es die meisten jungen Journalisten, so jedenfalls Häberles Eindruck, in die Kultur- oder Sportredaktionen zog. Einige wenige fanden im Lokalen noch Freude daran, kommunalpolitische Zusammenhänge zu recherchieren. Doch vielen fehlte inzwischen das Gespür für die Geschichte, wie es ihm einmal ein altgedienter Journalist geklagt hatte. Und mit Geschichte war nicht Historisches gemeint, sondern die Freude daran, einen interessanten, bisweilen auch komplexen Sachverhalt mit Begeisterung leserfreundlich aufzubereiten. Es gab sogar Journalisten, die nicht mal zur Kenntnis nahmen, dass ein katastrophaler Hagelschlag inmitten des Sommers tatsächlich etwas Berichtenswertes war, obwohl er der Landwirtschaft fatale Folgen bescherte.
    Entsprechend waren auch die Fragen, die in Pressekonferenzen gestellt wurden. Häberle war es leid, jedes Mal aufs Neue die Grundzüge polizeilicher Ermittlungsarbeit darzustellen. Und außerdem hatte er sich nie in den Vordergrund gedrängt, wenn Mikrofone und Kameras aufgebaut wurden. Das überließ er anderen.
    Pressesprecher Uli Stock von der Göppinger Direktion hatte eine knapp zehnzeilige Pressemitteilung formuliert und sie nach mehrfacher Abstimmung mit dem Leitenden Oberstaatsanwalt Dr. Wolfgang Ziegler um die Hälfte kürzen müssen.
    Entsprechend lang waren dafür die

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