Kurzschluss
Sonderprojekte.«
»Aber wenn’s um eine Dienstreise geht, dann läuft das über diese Schreibtische hier?«
»Ja schon, natürlich.« Sie zog mit der linken Hand ihren Rocksaum lang, der knapp überm Knie endete. »Dienstreiseanträge muss Herr Bodling abzeichnen. Mehr kann ich Ihnen beim besten Willen nicht sagen.« Dann lehnte sie sich zurück und wirkte entschlossen: »Und die Dienstreiseanträge darf ich Ihnen nicht raussuchen. Es sei denn, Herr Bodling wünscht das.«
Taler zuckte gelassen mit den Schultern. Eigentlich hatte er nur austarieren wollen, wie weit er gehen konnte. »Das können Sie halten, wie Sie wollen, Frau Rothfuß. Kein Problem. Aber was mich noch interessieren würde: Herr Wollek hatte Urlaub – daran besteht kein Zweifel?«
»Ja, so ist es. Er sollte übermorgen am Donnerstag wieder hier sein, hat aber seinen Urlaub gestern Abend abgebrochen. Er war ohnehin bereits wieder daheim.«
»Er soll mit dem Wohnmobil unterwegs gewesen sein«, bemerkte Taler.
»Das ist sehr wahrscheinlich«, sagte sie vorsichtig.
»Mit Frau? Ich meine, er hat Kinder?
»Soweit ich weiß, war er allein unterwegs in Pirna – das liegt bei Dresden. Dort hat er eine pflegebedürftige Angehörige im Pflegeheim besucht.«
»Das hat er erzählt.« Taler sagte es, als wolle er es selbst bestätigen.
»Ja.« Sie sah ihm fest in die Augen. »Warum soll er das nicht erzählen? Die einen sind gesprächiger, so wie er, die anderen, wie Herr Büttner, halten sich eher zurück.«
»Weiß man denn, warum er gerade jetzt gefahren ist?«
»Keine Ahnung. Es ging wohl, wenn ich das richtig in Erinnerung hab, um irgendeine organisatorische Sache im Pflegeheim.«
»Und das hat keinen Aufschub geduldet«, stellte Taler sachlich fest. »Denn sonst wäre er sicher mit Ehefrau und Kindern dorthin gefahren.« Er ließ ein paar Sekunden verstreichen, was der jungen Frau sichtlich unangenehm war. »Aber in Leipzig war er nicht?«, fragte er langsam nach.
Sie überlegte. »Woher soll ich das wissen? Wahrscheinlich nicht. Was hätte er dort auch sollen?«
»Hätte doch sein können, dass er an diesem Seminar an der Strombörse teilgenommen hat. So weit ist’s von Dresden nach Leipzig ja nun auch wieder nicht.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass er das getan hat. Er hatte ganz normalen, regulären Urlaub. Wenn er zu einer Tagung gegangen wäre, wäre es eine Dienstreise gewesen und dann muss es Herr Bodling wissen, nicht ich.«
Taler nickte verständnisvoll, als das Telefon anschlug. Silke Rothfuß lächelte, sagte »Entschuldigen Sie!« und nahm ab. Es war nur ein kurzes Gespräch, in dem sie dem Anrufer lediglich erklären musste, dass der Chef später komme.
Wolfgang Taler erkannte die Gelegenheit, das Thema zu wechseln. »Und Hasso Schweizer – was wissen Sie von ihm?«
»Eigentlich noch weniger«, gab sie sich wider Erwarten kooperativ.
»Na ja, sagen wir mal so: Herr Schweizer hat immerhin Anlass für manches Gerücht und manchen Klatsch und Tratsch gegeben, wie man so hört im Haus.« Über Talers rundes Gesicht huschte wieder das spitzbübische Lächeln.
»Was Sie so gehört haben, weiß ich nicht«, antwortete sie kurz. »Klatsch und Tratsch gibt es in jeder Firma. Mag sein, dass manchmal ein Körnchen Wahrheit dran ist, aber wissen Sie, ich halte mich davon fern. Ich krieg das sowieso nur am Rande mit.«
»Ich denke, er hat sich wohl etwas der Frau Büttner zugetan gefühlt, seit sie sich von ihrem Mann getrennt hat.«
»Damit wissen Sie mehr als ich. Ehrlich, dazu kann ich überhaupt nichts sagen. Ich kenne Herrn Schweizer nur beruflich. Was er privat macht, da hab ich wirklich keine Ahnung. Außerdem ist er doch, soweit ich das weiß, solo. Warum also soll er kein«, sie lächelte verlegen, »ja, warum soll er kein Verhältnis haben?«
»Die Frau Büttner soll sich in Ulm selbstständig gemacht haben«, warf Taler ein.
»Was die Frau Büttner macht, geht mich nichts an«, antwortete Silke Rothfuß eine Spur schnippischer. »Wissen Sie, man hört da so manche Dinge – dass sie die Zeitarbeiter ausnutzt und damit viel Geld macht und so. Aber genau weiß ich das nicht. Da müssten Sie den Herrn Schweizer selbst befragen.«
»Herr Wollek und Herr Schweizer sind im Haus?«
»Herr Wollek war heute bereits hier. Er kümmert sich mit Herrn Müller zusammen um diese Sache im Umspannwerk. Sie haben vielleicht mitgekriegt, dass es noch immer nicht überall wieder Strom gibt.«
»Und der Herr
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