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Kurzschluss

Kurzschluss

Titel: Kurzschluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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werde mit ihm reden, weil ich das für sinnvoller halte, als abzublocken. Denn berichten werden die auf jeden Fall, egal ob wir etwas dazu sagen oder nicht.«
    »Aber bisher hat sich die Polizei mit ihren Verlautbarungen zurückgehalten«, warf Feucht ein.
    Bodling sah ihn ernst von der Seite an. »Die Polizei ja. Aber wir hätten es mit einer schlechten Presse zu tun, wenn sie sich damit abspeisen ließe. Auch die unterliegen inzwischen einem gnadenlosen Konkurrenzkampf. Wenn es die einen nicht schreiben, tun es die anderen. Das ist doch überall so. Mit dem Argument, man sei gezwungen, etwas Unmoralisches zu tun, weil es andere ohnehin täten, können Sie inzwischen alles begründen. Selbst eine seriöse Heimatzeitung kann sich heutzutage solchen Strömungen nicht entziehen.« Er erinnerte sich an ein Gespräch mit Sander. Der hatte ihm vor wenigen Wochen erst erklärt, dass er als Lokaljournalist tagtäglich eine schmale Gratwanderung habe: Hielt er sich bei einem großen Kriminalfall zurück, wurde ihm vorgeworfen, ein Provinzler zu sein, der sich nicht traue, jeden Blutstropfen zu beschreiben. Tat er jedoch genau dieses, wurde er als Skandaljournalist beschimpft. Zwar wollten die Leser jedes Detail über weit draußen in der Welt verübte Verbrechen erfahren – oder, meist noch beliebter, tagtäglich über Liebesaffären von Stars und Sternchen informiert werden –, doch wenn sich all dies in der unmittelbaren Nachbarschaft abspielte, dann durfte die Heimatzeitung, um Gottes willen, kein Sterbenswörtchen darüber verlauten lassen.
    Bodling beschloss, dass gerade nicht der richtige Zeitpunkt war, so tief in die Materie einzusteigen. Vielleicht hätte er es getan, wenn dieser Sander dagewesen wäre. Aber der genoss bekanntermaßen seinen Urlaub, irgendwo im Norden. »Ich schlage vor«, fasste er seine Gedanken zusammen, »wir gehen in die Offensive. Ich halte überhaupt nichts davon, etwas zu verschweigen – warum auch?«
    Wollek nickte bedächtig, während Schweizer mit dem Stuhl wippte und seine Zustimmung zum Ausdruck brachte: »Es war gewiss verdienstvoll, was Kollege Büttner getan hat, deshalb haben wir keinen Grund, uns davon zu distanzieren. Jetzt schon gar nicht mehr.«
    Feucht schluckte und wagte einen zaghaften Einwand: »An ein bisschen Schadensbegrenzung, wenn ich das so sagen darf, sollte uns aber durchaus gelegen sein.«
    »Wieso Schadensbegrenzung«, mischte sich Wollek eine Nuance zu energisch ein, wie von den anderen empfunden wurde. »Welchen Schaden sollen wir denn begrenzen? Ich kann nicht erkennen, wo wir uns was vorzuwerfen hätten.«
    »Wir brauchen uns nichts vorzumachen«, entgegnete Bodling, der Mühe hatte, seine innere Unruhe zu verbergen. »Aber wir müssen uns leider zwei grundlegende Fehler eingestehen. Erstens, dass wir die Drohbriefe nicht ernst genug genommen haben, und zweitens, dass Herr Büttner möglicherweise einen Schritt zu weit gegangen ist. Besser wäre es sicher gewesen, die Recherche verdeckt zu führen und die ganze Filmereigeschichte irgendwelchen professionellen Kamerateams und Journalisten zu überlassen.«
    »Was natürlich, wenn ich das so einwerfen darf, immense Kosten verursacht hätte«, gab Feucht mit der stoischen Ruhe eines Controllers zu bedenken.
    Schweizer fuhr sich nachdenklich übers Kinn. »Er hat zwar wenig an die große Glocke gehängt – davon kann man ausgehen –, aber intern hat er in der Branche sicher mächtigen Wirbel verursacht.«
    Wollek schien zu zweifeln. »Andererseits muss man fairerweise eingestehen, dass er natürlich nur ein kleines Licht war. Ich kann mir kaum vorstellen, dass es die Großen beeindruckt, wenn, verzeihen Sie den Ausdruck, ein Provinzler daherkommt und ein paar unangenehme Fragen stellt.« Er sah von einem zum anderen. »Oder gibt es Erkenntnisse, die anderes belegen?«
    Die Männer schwiegen.
    Bodling kratzte sich am Oberlippenbart und lehnte sich zurück. »Sie haben sicher mitgekriegt, dass ich Herrn Taler gebeten habe, sich hausintern umzuhören.« Er stieß auf keine erkennbare Reaktionen. »Das hat nichts mit Misstrauen oder Bespitzelung zu tun, sondern diente dazu, mir ein allgemeines Bild von uns zu verschaffen. Er hat mir seine Meinung vergangene Nacht gemailt. Demnach hat sich wohl diese Sache mit dem Zähler und der Schaltuhr aufgeklärt. Da brauchen wir uns nichts vorzuwerfen. Mein Vorschlag deshalb: Wir geben der Kriminalpolizei und der Staatsanwaltschaft alle nötigen Auskünfte, ohne Vorbehalte.

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