Kuscheltier-Grauen
Hals bewegte. »Und wenn es hundertmal ein Stoffbär gewesen sein sollte, das interessiert mich nicht. Haben Sie mich verstanden?«
Ich wechselte das Thema. »Woher beziehen Sie eigentlich die Bären für Ihre Sendung?«
»Wir haben einige hundert auf Lager.«
»Das war keine Antwort.«
»Okay, ich weiß es nicht. Wenn die Dinger weg sind, nehmen wir Katzen oder Hunde. Was wollen Sie sonst noch wissen?«
»Die Wahrheit, Mr. Koonz.«
»Die habe ich Ihnen gesagt, verdammt!«
»Dann kennen Sie sicherlich auch zwei Männer namens Quinton und Kumo. Oder nicht?«
»Nein!«
»Sie arbeiten für Sie.«
»Weiß ich nicht.«
»Wir wissen es besser.«
»Dann gehen Sie doch hin und fragen Sie die beiden selbst.« Er schaute auf seine Uhr. »Jetzt entschuldigen Sie mich. Ich habe zu arbeiten. Und wenn Sie wollen, kann ich jedem von Ihnen einen Stoffbären schenken. Wäre das nichts?«
»Danke, wir verzichten«, erklärte Suko.
»Dann auf Wiederschen.« Er grinste zu einem weiteren Dominostein, schob ihn sich in den Mund und zerkaute ihn genußvoll. Wir standen auf und gingen grußlos. Im Vorzimmer hämmerte eine ältliche Sekretärin auf einem Schreibcomputer. Ich wollte sie gerade ansprechen, als ihr Chef sie rief.
Wahrscheinlich kannte er die Tricks selbst, wie man einiges erfahren konnte. Der Kerl war mit allen Wassern gewaschen.
»Kalt abgefahren sind wir«, stellte Suko draußen fest. »Sogar eiskalt. Der ist nicht zu packen. Sie ist eine Forelle, die kriegst du nicht mit der bloßen Hand.«
»Ja, er hatte Übung.«
»Und jetzt?«
Ich strich über mein Kinn. »Die Plüschtiere, Suko, liegen ihm schwer im Magen. Hast du seine Reaktion erlebt, als wir das Thema anfingen? Er wurde plötzlich nervös, obwohl er es äußerlich nicht andeutete, aber ich habe was bemerkt.«
»Ich auch.« Suko schaute an der glatten Fassade des Bürohauses hoch.
»Die Plüschtiere sind es nicht allein. Ich kann mir gut vorstellen, daß er auch meine beiden Freunde kennt.«
»Wenn das alles zutrifft, möchte ich gern wissen, welche Verbindung er zu diesen Tieren und damit auch den Ryans hat.«
»Das werden wir herauskriegen, wenn wir zu der Familie fahren. Den Abend in einem Landhaus zu verbringen, kann sehr angenehm sein.«
Da hatte Suko recht. Nur sollte er sich diesmal sehr irren…
***
Sie sah den langen Gang!
In die Unendlichkeit schien er zu führen. Ohne Anfang, ohne Ende, nur dieser verdammte lange und aalglatte Gang, umgeben von einem ebenfalls glatten Mauerwerk, in dem nur die dunkelrot gestrichenen Türen eine Abwechslung brachten.
Türen, deren Oberfläche aussah wie getrocknetes Blut. Grauenhaft, schlimm…
Dann die Angst. Immer wiederkehrend. Die lange Jagd durch die Endlosigkeit des Hauses, das auf den ersten Blick so anheimelnd war und dennoch das Grauen in sich verbarg.
Sie sah sich rennen. Verfolgt von niemandem und von tausend Monstern zugleich. Von Gedanken, von fürchterlichen Botschaften, von einem gellenden Lachen.
Der Tod…
Sie stöhnte auf, aus dem Stöhnen wurde ein Wimmern, das ein anderes Geräusch unterbrach.
Ein hartes Klopfen riß sie zurück in die Wirklichkeit. Sie öffnete die Augen, schaute nach links und sah hinter der beschlagenen Scheibe das verschwommen wirkende Gesicht.
Sie öffnete die Tür.
»Was ist denn los, Meg? Was hast du?«
Die kalte Luft tat ihr gut. Meg wischte über ihr Gesicht. Sie spürte den Schweiß, die Anstrengung mußte ihre Züge gezeichnet haben. »Ich habe nichts, Mutter, gar nichts.«
»Dann kannst du ja aussteigen und mir helfen.«
»Gern.«
Meg Ryan quälte sich aus dem Wagen. Ihre Beine zitterten, in den Knien hatte sie ein weiches Gefühl. Sie standen auf dem Parkplatz des Supermarktes am Ortsausgang Flimwell. Der Nachmittag war fast vorbei. Die Zeit zwischen Tag und Dämmerung brach an. Wer jetzt einfuhr, bei dessen Wagen leuchteten bereits die Scheinwerfer wie gelbe Glotzaugen, deren Strahlen über den feinen Schotter strichen. Meg lehnte sich an die Kante der offenen Tür. Sie war eine hochgewachsene Frau mit dunkelblonden Haaren und einer solariumbraunen Haut. Sie trug einen hellgrünen Mantel, darunter Rock und Pullover. Besonders schlank war Meg nicht, doch bei ihr saß alles an der richtigen Stelle. Mit ihrem Gesicht war sie nicht zufrieden. Sie fand ihren Mund zu breit, die Nase war zu groß, aber niemand konnte sich malen, außerdem sah die Mutter fast ebenso aus, wenn auch ihre Haut bereits von Falten und Altersflecken gezeichnet war.
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