Kuscheltier-Grauen
sich mit Verbrechern. Er hat viele Morde auf dem Gewissen…«
»Großmutter sagte, daß eine weltbewegende Tat zahlreiche Opfer fordert. Das war schon immer so, das wird auch immer so bleiben, Mr. Sinclair. Sie können mir nichts…«
»Sei vernünftig, Ernie!«
»Das hätten Sie sein sollen, Mr. Sinclair. Sie hätten nicht herkommen dürfen. Jetzt ist es zu spät, viel zu spät. Wir wollen keine Zeugen haben, hat Mr. Koonz gesagt. Ich richte mich danach. Sie können uns nicht stoppen, Mr. Sinclair…«
Ich schloß für einen Moment die Augen und ballte die Hände zu Fäusten. Ernie hatte mich in eine Zwickmühle gebracht. Ich war im Prinzip gezwungen, ihn zu bekämpfen. Aber konnte ich tatsächlich gegen einen erst vierzehnjährigen Jungen angehen?
Er hatte die Helfer wieder vorbereitet. Abermals vernahm ich die sägenden und kratzenden Geräusche, mit denen sie die Zimmertür malträtierten. Im Rücken, wo das Fenster offenstand, spürte ich die Kälte. Nebelschwaden wogten in den Kaum und verteilten sich wie Rauch.
»Schließen Sie lieber die Tür auf, Mr. Sinclair!« forderte der Junge.
»Öffnen Sie!«
»Und wenn nicht?«
»Ich habe Ihnen doch gesagt, daß ich noch andere Kräfte besitze. Deshalb werde ich sie auch einsetzen.«
»Ernie, auch ich bin nicht waffenlos. Das solltest du bitte nicht vergessen!«
Er lachte, und er lachte weiter. Auch dann noch, als er seine Kräfte einsetzte.
Es begann mit einem Zittern der Tür, als hätte jemand mit mehreren Hämmern gleichzeitig dagegengeschlagen. Nur vernahm ich keinen Laut, aber die Tür bäumte sich mir entgegen.
Ich hatte bisher nur einen gewissen Verdacht gehegt. Nun verdichtete er sich zur Gewißheit.
Ernie Ryan besaß Telekräfte. Er schaffte es, Gegenstände durch rein geistige Kräfte zu bewegen. Telekinese, hieß diese Eigenschaft. Die Tür hielt noch. Sie ächzte und stöhnte wie ein Mensch. Sie knirschte in den Angeln - und brach.
Ich war sicherheitshalber zurückgewichen und stand nicht mehr weit vom offenen Fenster entfernt. Wäre ich stehengeblieben, hätte mich die verdammte Tür erwischt, denn sie wurde regelrecht in das Zimmer hineinkatapultiert. So aber knallte sie vor mir zu Boden, daß die Bohlen erzitterten.
Gleichzeitig jagten die kleinen Bestien in den Raum. Auf der Schwelle aber stand Ernie.
Er hatte sich verändert. Ein Sturmwind schien nur ihn allein zu umtosen. Seine Haare hatten sich aufgerichtet, die Augen besaßen Ähnlichkeit mit blassen Laternen. Bleich wie kaltes Rinderfett sah seine Haut aus. Er stand unter der Kontrolle einer anderen Kraft, und auch ich spürte den Ansturm dieser starken Magie.
Zusammen mit den verdammten Plüschtieren würden sie mich erledigen. Bevor ich zum Spielball des vierzehnjährigen Ernie werden konnte, zog ich den Rückzug vor. Das Fenster war nur mehr einen Schritt entfernt. Dahinter lag der verwilderte Garten mit seinem ziemlich weichen und nachgiebigen Untergrund.
Den Sprung würde ich überstehen. Auf der Stelle drehte ich mich herum, kletterte auf die Fensterbank, duckte mich und sprang hinein in die neblige Dunkelheit.
Zugleich erwischte mich der Schlag am Rücken. Jemand zerbiß die Kleidung und drang durch bis auf die Haut.
Ein Kuscheltier hatte mich erwischt!
***
Der sumpfweiche Untergrund dämpfte den Aufprall. Zwar katapultierte mich der Stoß noch nach vorn, ich konnte ihn jedoch gut abfangen und blieb sogar auf den Beinen.
Nur der Schmerz auf meinem Rücken gefiel mir weniger. Dort hatte sich die kleine Bestie regelrecht festgebissen. Ich lief einige Schritte in den dunklen, nebelverhangenen Garten hinein, durchbrach ein Gebüsch und schlug den rechten Arm um meinen Körper, weil ich die kleine Bestie vom Rücken herunterzerren wollte.
Die Finger packten den Stoff. Er fühlte sich so wunderschön weich an, kuschlig eben. Kaum zu glauben, daß dieser Teddybär darauf eingestellt worden war, andere zu töten.
Ich zerrte ihn los. Er zappelte in meiner Hand, bewegte Hände und Füße, klappte auch das Maul auf und zu, nur gelang es ihm nicht, den Kopf so weit zu drehen, daß er mich hätte in die Hand beißen können. Am Fenster erschien Ernie.
»Laß ihn los!« kreischte er.
Ich schaute hoch. Der Junge stand dort wie gemalt und umgeben von feuchten Nebeltüchern. Er hatte seine Hände auf den unteren Rahmen gestützt, der Kopf war leicht nach vorn gedrückt. Mich selbst konnte er sicherlich nur als Schatten erkennen.
»Nein!« rief ich zurück.
Da zerstörte er
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