Kuss der Ewigkeit
verließ.
Schließlich wischte ich mir mit dem Handrücken über den Mund. » Du weißt schon, dass das hier die Damentoilette ist.«
» Ich sagte dir doch, dass du nur so tun sollst, als würdest du trinken.«
Ich riss mich von ihm los und ging hinüber zum Waschbecken, um mir den Mund auszuspülen, wobei ich darauf achtete, nichts von dem Wasser zu verschlucken. Es war nicht so, dass die heiße Schokolade beim Wiederhochkommen irgendwie anders geschmeckt hätte, dennoch wollte ich den Geschmack nicht noch länger im Mund haben. Als ich mich wieder zu Nathanial umdrehte, lag ein sehr mitfühlender Ausdruck auf seinem Gesicht. Dadurch fühlte ich mich nicht im Geringsten besser.
Die kleine, nur für eine Person ausgelegte Toilette wirkte schon allein durch die Kloschüssel und das Waschbecken beengt. Mit Nathanial und mir darin wurde es regelrecht klaustrophobisch. Ich versuchte, an Nathanial vorbeizukommen, doch er lehnte sich an die Tür und versperrte mir den Weg.
» Du musst dich ernähren«, sagte er. Er zog ein kleines Tuch aus der Tasche, nahm die Brille ab und putzte die Gläser.
» Ich werde keine Leute umbringen, um mich zu ernähren.«
» Gut, der Rat wäre auch empört, wenn du das tätest. Du brauchst nur einen halben bis einen Liter Blut pro Nacht, nicht mehr. Menschen haben literweise Blut.«
» Und wird jeder, den ich beiße, zu einem Monster?«
» Die Welt würde nur so von Vampiren wimmeln, wenn es so wäre. Das Schlimmste, was deinem Spender widerfahren wird, ist ein leichtes Schwindelgefühl und Erschöpfung, nicht viel anders, als wie nach einer Blutspende.«
» Dann ist Vampirismus also keine Nebenwirkung davon, sein Blut zu geben.« Ich verstummte kurz. » Vorhin sagtest du, dass die Erschaffung eines Vampirs vorsätzlich geschieht, also… gibt es eine Vorgehensweise. Du hast das mit mir gemacht, mir das vorsätzlich angetan?«
Auf Nathanials Gesicht zeigte sich Bestürzung. » Nicht ganz. Meine Neugier hat mich überwältigt. Ich studiere seit Jahren Mythen und Legenden und suche nach Fetzen der Wahrheit, die mich zu anderen Übernatürlichen führen könnten. Und dann fand ich dich. Ich nahm dein Blut zusammen mit deinen Erinnerungen in mich auf. Ich war zu gefesselt von dem, was ich in deinen Gedanken fand, was du bist, und die Droge in deinem Kreislauf verwirrte mich stärker, als ich erwartet hatte… sodass ich plötzlich zu viel Blut genommen hatte. Ich musste mich entscheiden, dich entweder sterben zu lassen oder dich zu einem Vampir zu machen.«
» Lieber wäre ich tot.«
» Warum bist du dann mit dem Richter einen Handel eingegangen?«
Ich starrte auf den Fußboden.
Er straffte sich und strich mir mit der Hand über die Wange. » Du wirst dich daran gewöhnen, gib dir Zeit.«
Ich wich zurück. » Ich will mich nicht daran gewöhnen. Ich will, dass alles wieder so wird, wie es war.«
» Wie denn, ein Leben auf der Straße? Die Hälfte der Zeit am Verhungern? Und wenn du verzweifelt genug bist, vorgeben, du wärst ein streunendes Kätzchen, damit die Menschen dich mit nach Hause nehmen und füttern, bevor du sie ein paar Wochen später wieder verlässt. So willst du es wieder haben?«
Wütend funkelte ich Nathanial an. » Halt dich aus meinen Gedanken raus! Ich weiß rein gar nichts über dich, also solltest du auch nicht so viel über mich wissen.«
» Nun«, er setzte die Brille wieder auf. » Ich bin Professor und doziere an der hiesigen Universität. Ich unterrichte ein Seminar…«
» Das war keine Bitte, mir deine Lebensgeschichte zu erzählen, weil es mich nicht interessiert. Ich hasse dich! Und übrigens, normale Leute reden nicht so geschwollen.«
Mit einem Seufzer zog er die Tür auf. » Komm. Man wird uns vermissen. Es gibt noch viel zu besprechen, bevor der Morgen dämmert.« Er hielt mir den Arm hin, doch ich marschierte an ihm vorbei.
Zurück am Tisch war das Essen bereits serviert worden. Bobby machte sich zügig über seine vielen Teller her, doch Gil stocherte eher unsicher an ihrer Waffel mit Erdbeeren herum. Ich bedachte beide mit bösen Blicken, aber ehrlich gesagt, ließ mir das Essen nicht das Wasser im Mund zusammenlaufen. Es war nicht länger das, was mein Körper wollte.
» Also, was haben wir heute Nacht alles herausgefunden?«, fragte ich, während ich einen Turm aus den Sahnebecherchen baute, die die Kellnerin für Bobbys Kaffee gebracht hatte.
» Nun, ich habe eine ganze Menge herausgefunden. Ich hatte keine Ahnung, dass Vampire
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