Kuss der Ewigkeit
dem ich je begegnet war. Ich erschauderte und schlang die Arme um die Brust. Beinahe glaubte ich, die alten Narben von dieser Begegnung durch meine Kleidung hindurch zu spüren. » Und was jetzt?«
» Sehen wir zu, ob wir noch mehr herausfinden können.« Gil streckte den Arm aus, um die Hand der bewusstlosen Lorna zu nehmen, doch dann zögerte sie, bevor sie den Gips berührte. Ihr Blick glitt über den ausgestreckten Körper, und sie legte dem Mädchen eine Hand an die Wange. » Wach auf, Lorna.«
Erneut spürte ich eine kleine Veränderung in der Luft um uns. Die Muskeln in Lornas Gesicht zuckten, und die Augen hinter den geschwollenen Lidern rollten hin und her. Nach ein paar Augenblicken beruhigte ihr Gesicht sich wieder, und Gil gab tief aus ihrer Kehle einen Laut von sich.
Nathanial schüttelte den Kopf. » Sie ist mit einer Menge Betäubungsmitteln vollgepumpt. Kombiniert mit der Tatsache, dass sie halbtot ist, glaube ich nicht, dass es dir gelingen wird, sie aufzuwecken.«
Gil bedachte ihn mit einem nicht gerade freundlichen Blick. » Woher weißt du, dass sie voller Betäubungsmittel ist?«
» Ich kann sie riechen. Und die Schwester sagte es ebenfalls. Außerdem, jeder in ihrem Zustand stünde unter schweren Medikamenten.«
» Riechen? Du kannst die Medikamente riechen? Das ist ungewöhnlich.« Im Geiste machte sie eine Notiz. Als ihr Blick wieder klar wurde, sah sie mich an. » Erinnerst du dich noch an irgendetwas anderes über sie?«
Ich schüttelte den Kopf und trat einen Schritt näher ans Bett. Lornas zerschlagenes und geschundenes Gesicht rüttelte keine Einzelheiten in meiner Erinnerung wach, allerdings ließ es meinen Gaumen vor Hunger kribbeln. Ich trat noch einen Schritt näher, bis mein Oberschenkel die Bettdecke streifte, die an der Seite des Betts herunterhing. Lorna roch wie rohes Fleisch, vielleicht ein wenig kalt und steril. Ich hatte das Gefühl, dass ihr Blut sauer schmecken würde. Nichtsdestoweniger baute sich Druck in meinem Mund auf, als meine Fangzähne länger wurden.
Nathanial zog mich vom Bett fort.
» Der saure Geruch kommt von den Medikamenten«, flüsterte er.
Ich erstarrte, als das, was mir gerade durch den Kopf gegangen war, auf mich einzuwirken begann. Jäh riss ich mich von ihm los und floh aus dem Zimmer. Im Gang ließ mich ein Mann in blauer Krankenhausuniform mit deutlichen Worten wissen, dass die Besuchszeiten vorüber waren. Ich stapfte von ihm fort. Darum konnte Gil sich kümmern. Sie war gut darin.
Nathanial holte mich ein, bevor ich den Warteraum erreicht hatte.
» Warum will ich alle Leute, denen ich begegne, beißen?«, fragte ich. Wütend funkelte ich ihn an. » Das ist ekelhaft!«
» Wenn du dich ernähren würdest, dann wärst du nicht jedes Mal in Versuchung, wenn sich dir eine Gelegenheit bietet.« Er beugte sich zu mir herab, bis unsere Gesichter nur noch Zentimeter voneinander entfernt waren. » Denk darüber nach, Kätzchen! Wenn du am Verhungern bist, sieht alles auf der Karte lecker aus. Nicht mehr ganz so hungrig, und du bist viel gewillter, wählerisch zu sein.«
» Nenn mich nicht Kätzchen! Nur Bobby nennt mich so, und ich hasse es.«
» Das war früher anders.« Bobbys Stimme war ein tiefes Grollen hinter mir.
Ich schlang meine Arme fest um mich und trat zurück. Bobby sah von Nathanial zu mir und stellte sich dann demonstrativ zwischen uns. Ich drückte auf einen Metallschalter an der Wand, und die Türen glitten auf. Gil musste rennen, um uns einzuholen, als ich in den Warteraum zurückstürmte. Die rothaarige Schwester an der Rezeption schien überrascht zu sein, uns zu sehen, doch dann wandte sie sich wieder ihrem Computer zu, als wären wir gar nicht da. Das Paar auf der anderen Seite des Raums zuckte zusammen, als ich hereinkam.
» Untersuchen Sie den Fall meiner Lorna?« Die Frau ergriff Bobby am Mantel und hielt ihn fest. » Wann wird das Monster, das das getan hat, hinter Gitter gesteckt?«
Bobby warf mir einen hilflosen Blick zu.
Woher sollte ich denn wissen, was zu tun war? Ich sah Gil an. Sie runzelte nur die Stirn und zupfte an ihren Mantelärmeln. Wohin war ihre Anführerpersönlichkeit verschwunden?
Schließlich ergriff Nathanial das Wort. » Ihn zu finden hat unsere höchste Priorität.«
Der Mann redete beruhigend auf seine Frau ein, bis sie Bobbys Mantel freigab und schluchzend an seiner Brust zusammenbrach. Er sah uns an. » Für Ermittler sind Sie sehr jung. Was sind Sie, von der Polizei? Vom FBI ?«
Gil
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