Kuss der Ewigkeit
nicht zu Hause.«
» Oder vielleicht wurde sie von einem Irren angegriffen und fürchtet sich nun vor Fremden, besonders wenn sie ihr im wahrsten Sinne des Wortes die Tür einschlagen«, entgegnete Gil mit einer gewissen Schärfe in der Stimme.
Ich bedachte sie mit einem finsteren Blick. Okay, ja, ich hätte vorsichtiger sein sollen, aber wirklich, die Tür war wahrscheinlich aus billigem Holz.
Nathanial wies mit einer umfassenden Geste auf den Flur. » Ich bezweifle, dass irgendjemand in dieser Gegend Fremden die Tür öffnen würde.«
Großartig. » Und was jetzt, gehen wir einfach wieder?«
» Kannst du das Schloss knacken?« Bobby sah mich fragend an.
Ich hatte meine Zweifel. Ich hatte mir meinen Arm in der U-Bahn angesehen, und während die Wunde bereits rosa und mit heilender Haut überzogen war, schmerzte sie immer noch zu sehr, um den Arm zu bewegen. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass Sharon, wenn sie sich in der Wohnung befand, möglicherweise die Bullen rufen könnte. Wegen Einbruchs angeklagt zu werden stand nicht auf meiner To-do-Liste. Und das sagte ich auch.
» Ich kann sie wahrscheinlich ruhig halten«, sagte Gil, doch sie klang zögerlich, unsicher.
Ich blickte von ihr zu Nathanial. Er zuckte mit den Schultern. Was hatten wir für eine andere Wahl? Ich ließ mich auf die Knie sinken und versuchte, das Schloss zu knacken, doch mein verletzter Arm war nicht zu gebrauchen. Es war einfach nicht möglich, mit nur einer Hand Druck auf den Spanner auszuüben und die Stifte im Schloss zu bewegen. Ich schüttelte den Kopf und sah zu meinen Gefährten hoch. Keine Chance, dass ich es so knacken konnte.
Gil zupfte an ihren Ärmeln. » Ich mache es.«
Sie berührte das Schloss mit dem Finger. Magie durchströmte die Luft, und das Schloss zischte. Das klang nicht gut. Nichts ahnend umfasste Gil den Türknauf. Dann stieß sie einen Schrei aus und riss die Hand zurück.
» Bei Mabs Tränen!« Sie wedelte mit der Hand in der Luft herum, während sich eine rote Brandblase auf ihrer Handfläche bildete. Meine Fingerknöchel und der Arm pulsierten voll Mitgefühl.
Ich warf einen Blick auf den Türknauf. Was immer sie auch getan hatte, das Schlüsselloch war nun geschmolzen.
Nathanial seufzte. » Ich werde ihr ein neues Türschloss kaufen müssen.« Ohne dem, was eigentlich glühend heißes Metall sein musste, Beachtung zu schenken, drehte er den Türknauf, und der Schließmechanismus öffnete sich mit einem lauten Klicken.
Bei dem Geräusch zuckte ich zusammen und warf einen schnellen Blick den Gang entlang. Mit dem Zersplittern des Holzes, Gils Schrei und dem Aufschnappen des Schlosses mussten wir inzwischen das ganze Haus aufgeweckt haben. Als niemand aus den anderen Wohnungen herauskam, stieß ich den angehaltenen Atem aus. Es war höchste Zeit, aus dem Gang zu verschwinden. Lächelnd geleitete Nathanial uns hinein.
Im Innern der dunklen Wohnung herrschte Unordnung. Schuhe waren neben der Tür nachlässig von den Füßen gestreift und wahllos liegen gelassen worden. Über die Armlehne des Sofas waren verschiedene Kleidungsstücke geworfen. Der Couchtisch quoll über vor Magazinen, Zeitungen und alter Post, wovon einiges auf den Fußboden gefallen war. Was mich wirklich zögern ließ, war der Geruch. Zunächst einmal nach Schimmel, obwohl der im ganzen Gebäude schlimm war, aber auch ein Geruch nach Fäulnis, als habe jemand Essen etwa eine Woche lang draußen stehen lassen. Ich warf einen Blick in die Küche. Sie war überraschend sauber. Nichts vergammelte auf der Küchenzeile, und nur ein oder zwei Teller standen in der Spüle. Sharon war nicht schlampig, aber übermäßig ordentlich war sie auch nicht.
Ich kehrte zurück ins Wohnzimmer. Zerlesene Taschenbücher bedeckten jede Oberfläche und teilten sich den Platz mit achtlos hingeworfener Kleidung. Kleine Plüschteddys saßen halb begraben auf dem Zweiersofa, und aus jedem Winkel und jeder Nische der behelfsmäßigen Fernsehkommode und der Bücherregale blickten kleine Porzellanfiguren tanzender Feen und Engelchen hervor.
Gil tapste auf Zehenspitzen den Gang entlang. Ich folgte ihr, obwohl ich bezweifelte, dass wir Sharon aufwecken konnten, wenn wir das nach all dem Lärm unseres Eindringens noch nicht getan hatten. Vielleicht arbeitete sie nachts? Bobby oder Gil würden warten müssen, bis sie nach Hause kam.
Gil war immer noch mehrere Schritte vor mir, als sie die Schlafzimmertür öffnete. Sie erstarrte und fuhr sich mit der Hand an den
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