Kuss der Sünde (German Edition)
Der Kardinal war ein aufgeblasener Narr, ein von Eitelke i ten und Ehrgeiz angestachelter Mann. Beide Eigenschaften trübten seinen gesunden Menschenverstand.
„Die Königin gewährte Ihnen eine seltene Gunst, Eminenz. Alles Weitere finden Sie in ihrem Brief.“
„Welcher Brief?“, fragte Rohan und ließ die Rose sinken. „Sie gab mir ke i nen Brief.“
Hart trafen Oliviers Zähne aufeinander. Nicolette war zu durcheinander g e wesen, um an den Brief zu denken.
„Ich spreche von dem Brief, den Sie in den nächsten Tagen erhalten we r den.“
„Sie erwähnte eine Audienz. Ich hoffte auf ein Zeichen vor allen Höflingen, dass ich in Gnaden aufgenommen bin und ihrer Freundschaft versichert sein kann.“
„Diesen Zeitpunkt zu bestimmen, liegt allein im Ermessen der Königin“, erwiderte Olivier . Ohne sich darum zu kümmern, wie der Kardinal im Dun k len zurückfinden würde, überließ er den Mann sich selbst. Im Laufschritt eilte er zu der wartenden Kutsche, riss den Schlag auf und fiel regelrecht in die weichen Polster. Im schwachen Schein einer Funzel hielt sich Nicolette ein Riechfläschchen unter die Nase. Er zog das zerknitterte Kuvert aus ihren verkrampften Fingern und steckte es in die Tasche seines Gehrocks.
„Ich war nicht gut“, gab Nicolette weinerlich zu.
„Du warst hundsmiserabel. Dein schauspielerisches Talent reicht nicht mal für einen Jahrmarkt “, spie die Comtesse aus. „Es war ein Fehler, eine Straße n komödiantin mit so einer brisanten Aufgabe zu betrauen.“
„Ich glaube nicht, dass es ihm aufgefallen ist“, stellte Olivier fest. „Es ist gut gelaufen.“
„Sie hat ihm nicht einmal den Brief gegeben, diese dumme Gans!“
Er packte das Handgelenk der Comtesse, ehe sie Nicolette eine Maulschelle versetzen konnte.
Als die Kutsche mit einem Ruck anfuhr, kauerte sich die junge Schauspiel e rin in ihrer Ecke zusammen. „Bekomme ich jetzt mein restliches Geld?“
„Du hast mehr als genug bekommen für diesen dilettantischen Auftritt“, herrschte die Comtesse sie an. „Werde bloß nicht unverschämt .“
„Du bekommst dein Geld wie abgemacht“, versicherte Olivier.
Stumm zog Nicolette die Schultern hoch und nickte. Den böse blitzenden Augen der Comtesse wich sie aus.
„Morgen werden wir erfahren, ob dieses Schauspiel nach Wunsch verlief“, hob diese nach längerem Schweigen an und rückte an ihn heran, bis ihr Schenkel sich gegen seinen presste.
Obwohl sie mit weiteren Vorwürfen sparte, wusste er, dass es in ihr noch immer brodelte. Stur blickte er auf die Wand gegenüber und ersparte sich jede Rechtfertigung. Seine Wahl war das Beste gewesen, was aufzutreiben war, und die Comtesse hatte seine Ansicht bis vor K urzem uneingeschränkt geteilt.
„Mit dieser Metze wälzt du dich vermutlich in den Laken, und mir zeigst du die kalte Schulter“, zischelte sie ihm kaum hörbar zu. „Nachdem wir kurz davor standen, alles zu verlieren, denke ich doch, dass ich eine Wiedergutm a chung erwarten kann, Olivier. Ich habe mich voll und ganz auf dich verlassen und die Bedenken meines Sekretärs und meines Gatten hintangestellt .“
„Bisher machte es den Eindruck , als wäre das Ihre übliche Vorgehen s weise im Umgang mit Ihren beiden treuen Anhängern, Madame“, schoss er ungeha l ten zurück.
„Weil ich bisher überzeugt von dir war. Nach diesem Vorfall jedoch, überl e ge ich ernsthaft, ob du wirklich der richtige Mann für einen großen Coup bist.“
Sie sahen beide zu Nicolette, die durch das stete Schaukeln der Kutsche in den Schlaf gewiegt worden war.
Die Comtesse gab einen verächtlichen Laut von sich. „Mir dieses dumme Flittchen unterzujubeln in einer derart wichtigen Angelegenheit! Ich hege starke Zweifel, dass ich dir das ohne W eiteres verzeihen kann.“
„Seit Monaten sprechen Sie von einem großen Coup und beschränken sich auf Andeutungen. Meine Zweifel stehen daher den Ihren in nichts nach, M a dame. Ehrlich gesagt habe ich große Lust, es dabei zu belassen. Wenn Sie nach einem besseren Mann Ausschau halten wollen, nur zu.“
Umgehend vollführte sie eine Kehrtwende und schmiegte sich an ihn. Im schwachen Lichtkegel der Blendlaterne glomm ein gieriger Funke in ihren dunklen Augen auf. Ihre Zungenspitze schnellte hervor.
„Wir kommen gut miteinander aus und werden noch besser miteinander auskommen, wenn du mehr Entgegenkommen zeigen würdest. Ich benötige einen Beweis, dass du meines uneingeschränkten Vertrauens würdig bist, ehe ich dich
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