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Kuss der Sünde (German Edition)

Kuss der Sünde (German Edition)

Titel: Kuss der Sünde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Wegner
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klarer zu sein , als in den vergangenen beiden Tagen. Stur hielt sie an ihrer soeben erst gefassten Hoffnung fest. Sie wollte keine Zweifel zulassen.
    „Ihr sorgt euch um mich, stimmt’s?“, raunte er. Das Abendrot übertünchte seine eingefallenen Züge mit einem rosigen Hauch, der die wächserne Blässe fortwischte.
    „Ich sorge mich überhaupt nicht“, behauptete sie betont gleichmütig. „Du bist eben ein lästiger, kleiner Bruder mit einer langweiligen Erkältung. Wer, wenn nicht die ältere Schwester sollte sich damit herumplagen? Wenn du brav bist und noch etwas Tee trinkst, werde ich dir sogar ein Geheimnis verraten.“
    Justin war brav und trank in winzigen Schlucken. Sie half ihm, den Becher zu halten. Kurzatmig sank er zurück in die Kissen und schluckte ein letztes Mal. „Ich wette, du hast etwas gestohlen“, bemerkte er.
    „Du weißt es also auch.“
    „Alle wissen von deinem … Zeitvertreib.“ Er hüstelte trocken. „Außer V a ter vielleicht.“
    „Na gut, was soll’s . Der Abbé besaß eine schöne Schnupftabakdose. Mit e i nem leuchtenden Bernstein auf dem Deckel. Allerdings fehlt bis heute jegl i cher Beweis, der mich überführen könnte.“
    Justin feixte. In ihrem Herzen verspürte sie einen schmerzhaften Stich.
    „Wo hast du sie versteckt?“, wollte er wissen.
    „Ach, das ist ja das Problem. Manchmal finde ich mein Diebesgut nicht wieder.“
    Justins Feixen wurde breiter. „Ernsthaft?“
    „Ernsthaft. Das ist so undiszipliniert, ich weiß.“
    Sein Lachen löste einen harten, anhaltenden Husten aus. Sie sprang von der Bettkante auf, flößte ihm Tee ein, kühlte seine Stirn mit einem feuchten Tuch und schalt sich ihre r Gedankenlosigkeit.
    „Dir fehlt doch das Rüstzeug zu einer Heiligen, Viviane“, krächzte er ate m los. „Warum nur willst du unbedingt ein eigenes Pensionat eröffnen?“
    „Später wirst du etwas Hühnerbrühe trinken, und wenn du eine ganze Sch a le leerst, verrate ich dir auch das“, versprach sie und drückte einen Kuss auf seine Stirn. Sie glühte unter ihren Lippen.
    Seine Lider flatterten und fielen schließlich zu. Sie zog die Vorhänge vor das Fenster, entzündete Kerzen, wechselte ein letztes Mal die Wickel um seine Waden und kniete sich nieder, um ein Gebet zu sprechen. Auf alles wollte sie verzichten und sich mehr denn je darum bemühen , eine brave und fügsame Tochter zu werden, wenn nur Justin gesund wurde.
     

     
    „Es gibt keinen Grund, die Nerven zu verlieren“, versicherte Olivier.
    Er half Nicolette aus der Kutsche und drückte ihre bebende Hand. Es war zu dunkel, um den Ausdruck auf dem Gesicht der Comtesse de La Motte zu erkennen. Da sie jedoch kühl lächelte, seit er die beiden Frauen abgeholt hatte, ging er davon aus, dass dieses Lächeln auf ihren Mundwinkeln gefroren war. Nicolette hatte viel von ihrem Selbstvertrauen verloren, seit sie im Spiegel ihre Verwandlung in die Königin begutachtet hatte. Dabei sah sie beinahe genauso aus wie sie. Aus der Distanz und in den dunklen Gärten von Versailles war die Verkleidung perfekt. Davon war ausschließlich Nicolette selbst nicht länger überzeugt und klammerte sich an seine Hand.
    „Es sind nur wenige Sätze, und wir haben sie geübt“, beschwichtigte er sie. „Du wirst deine Rolle voll und ganz ausfüllen. Du sagst dein Sprüchlein auf, gibst ihm die Rose und den Brief, und danach ist es überstanden.“
    Sie erreichten das Venusboskett. Das Schloss zu Versailles zeigte sich als großer, schwarzer Schatten in der Nacht. Obwohl es kaum zu sehen war, schien es Nicolette zu verstören. Sie ließ ein gequältes Ächzen hören.
    „Wenn du scheiterst, nur weil du deine Stimme verlierst …“, zischte die de La Motte scharf.
    „Sie wird nicht versagen“, mischte er sich ein. „Ihre Maßregelungen machen sie nur nervös. Süße, du wirst dein ganzes schauspielerisches Talent einsetzen. Es wird reibungslos über die Bühne gehen.“ Er strich über Nicolettes Wange und küsste sie sacht. Dann zog er sich mit der Comtesse in die Dunkelheit unter den Bäumen zurück und wartete.
    Nicolettes heller Kapuzenumhang war ein gut sichtbarer Fleck in der tie f schwarzen Nacht. Ihr Atem ging schnell und flach und drang bis zu ihrem Versteck.
    „Sie wird es vermasseln“, zischelte es an seiner Seite.
    „Das wird sie nicht“, zischte er ebenso leise zurück. „Wenn Sie jedoch nicht den Mund halten, wird es garantiert schiefgehen .“
    Die Minuten dehnten sich. Es drohte von Anfang an

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