Kuss der Wölfin 03 - Die Begegnung
Mattis und Rosa so sauer waren. Aber dann verstand ich es. Eigentlich glauben Wesen wie ich nicht unbedingt Gott. Aber ich bin in einer sehr spirituellen Umgebung aufgewachsen und Imagina hat uns immer mit auf den Weg gegeben, wie wichtig es sei, an etwas zu glauben. Die Menschen nennen es Gott, Allah oder Buddha, für uns ist es alles, was uns umgibt. Alles hängt miteinander zusammen. Jede Aktion gibt eine Reaktion. Wenn ich eine Blume mit Absicht zertrete, hat das Folgen, wie auch immer diese aussehen. Das Göttliche, wenn du so willst, umgibt uns nicht nur, sondern es ist auch in uns, und wir lernen bei Imagina, mit diesem Geschenk umzugehen, es für uns und für andere einzusetzen. Wir sind Wesen, die Magie kennen, die das Unerklärliche kennen …“
Wir hielten vor dem Imbiss an und stellten uns hinter einen Anzugträger, bevor ich weiter erzählte. „Deshalb müssen wir nicht beten oder in eine Kirche gehen oder dieser Spiritualität einen Namen geben. Wir wissen, dass da etwas existiert, so wie wir leben, wie Pflanzen wachsen, wie die Sonne auf uns scheint und uns Kraft und Wärme spendet. Deshalb wissen wir aber auch, dass wir nicht in diese Natur eingreifen dürfen.“ Sam lauschte interessiert.
„Klingt spannend.“
Ich lächelte und bestellte mehrere Sandwichs und Becher mit Kaffee. Während meine Bestellung ausgeführt wurde, wandte ich mich wieder an Sam.
„So weit hergeholt ist das gar nicht. Auch unter den Menschen gibt es verschiedene Religionen, die ganz ähnlich predigen. Allerdings sind es unterschiedliche Glaubensrichtungen und jede nimmt für sich in Anspruch, die einzige zu sein, die zum ewigen Glück führt.“ Ich nahm den Karton an mich, in dem mehrere Becher standen.
„Was ist, wenn du ein Menschenleben retten müsstest? Wenn jemand nur diese eine Chance hätte, gewandelt zu werden?“ Ich lachte und sah ihn dann an, als ob er nicht ganz dicht wäre.
„Du weißt aber schon, dass ich genau das mit Jo gemacht habe? Er war an der Pest erkrankt und wäre gestorben, wenn er nicht gewandelt worden wäre. Ich habe uns alle in Gefahr gebracht, indem ich die Werwölfe zu uns gelockt habe. Und um deine Frage zu beantworten, Sam: nein. Nicht heute und nicht bei dir.“ Er gab doch tatsächlich nicht auf. So als hätte er mir die letzten Minuten nicht zugehört. Sam nahm eine große braune Papiertüte in Empfang und ich bezahlte. Vollgepackt betraten wir wieder die Halle.
„Sam, verlange das nicht von mir. Das ist alles, worum ich dich bitte.“ Ich sah zu ihm hinüber und er lächelte mich scheu an.
„Ich versuche es. Aber es fällt mir nicht leicht. Versprichst du mir etwas?“ Ich schluckte einen Kommentar runter. „Hmmm“, machte ich.
„Sei nicht böse, wenn ich es noch einmal anspreche, ja?“
Ich beugte mich zu ihm und küsste ihn. „Das lässt sich einrichten, wenn du nicht wieder davon anfängst, dass ich dich wandeln lassen soll, okay?“
Wenig später packten wir die Tüte aus und reichten jedem einen Becher Kaffee. Sascha tippte auf die Enter-Taste und wickelte hungrig das Sandwich aus. Wir standen alle hinter ihm und beobachteten den Bildschirm, während er sich über das Sandwich hermachte. Schließlich öffnete sich das Fenster, baute die Inhalte Element für Element in quälender Langsamkeit auf.
„Scheiß Wlan hier im Hotel“, fluchte Sascha, nahm einen großen Schluck Kaffee und seufzte etwas besänftigt. Der blinkende Punkt erschien und um ihn herum der Kreis und die Straßenkarte von New York. Ich erkannte sofort, wo Marcus war.
„Sie sind direkt in der Nähe.“ Ich wandte mich um. „Worauf wartet ihr noch? Ich gehe davon aus, dass er im Empire ist.“ Sascha guckte mich großen Augen an. „Woher willst du das wissen?“, fragte er und stopfte sich den Rest des Sandwichs in den Mund.
„Marcus braucht die Aufmerksamkeit. Wenn er mich haben will, dann muss die Location passen. Warum sonst New York? Sascha, sag den anderen Bescheid. Wir treffen und in fünf Minuten unten in der Lobby.“
„Ja, mach ich. Anna“, sagte Sascha, „du hattest Recht. Empire State Building. Oben auf der Aussichtsplattform“ Ich nickte ihm zu und dann machten wir uns gemeinsam auf den Weg wieder nach unten. Katja war schon da, die anderen brauchten wohl noch einen Moment. Ich reichte ihr ein Sandwich und berichtete ihr, wo Marcus war.
„Und was wollt ihr machen, wenn ihr oben seid?“, fragte sie mit vollem Mund. Erstaunt sah ich sie an. „Wieso wir? Du kommst
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