Kuss des Apollo
gekauft hatte. »Ein schönes Kleid«, sagte Bronski. »Heute gefällst du mir wieder.«
»Gott sei Dank. Entschuldige, aber ich war gestern etwas müde.«
»Wovon? Soviel ich weiß, machst du seit einem halben Jahr Pause.«
»Gerade das macht müde.«
»Stimmt. Es macht müde und mutlos. Willst du mir einen Gefallen tun?«
»Gern, wenn ich kann.«
»Du fängst wieder an zu arbeiten.«
»Und was, bitte, so von heute auf morgen?«
»Angebote gibt es genug, das hat mir Herr Dr. Frobenius erzählt, ich habe ihn ja heute Mittag getroffen. Natürlich kannst du das nicht allein entscheiden, und gewiss nicht von heute auf morgen. Von der Bavaria liegen gute Stoffe vor. Vergiss die Alkmene. Vergiss, wie sehr sie dein Leben verändert hat.«
»Wie meinst du das?« Nun klang Angst in ihrer Stimme. Er konnte nicht ahnen, wie ungeheuerlich dieser Wandel war. Dass sie ihn selbst nicht verstand.
»Es mag für jeden Menschen einen bestimmten Punkt, eine gewisse Situation geben, die sein Leben verändert. Die eine große Entscheidung verlangt. Und viel Mut. Bei mir war es die Flucht aus Prag. Ich floh mit falschen Papieren, mit einem falschen Namen. Ich heiße nicht Bronski, ich heiße Beranèk. Ich ließ meine Mutter zurück. Meinen Vater hatten sie schon umgebracht. Wenn sie mich erwischt hätten, wäre es auch mein Tod gewesen.«
Geraldine sah ihn erstaunt an. Während der Aufnahmen hatte er so kühl und überlegen gewirkt, er verstand, jede Erregung, die es am Set gab, mit leiser Stimme zu dämpfen, blieb immer ruhig und gelassen. Und nun dieses Geständnis!
Sie schämte sich. Und Bronski hatte recht, sie hatte sich gehen lassen, war ewig schlechter Laune, und dafür gab es keinen Grund nach dem großen Erfolg, der wie ein Geschenk vom Himmel gefallen war. Man konnte wirklich sagen, dass sich ihr Leben von heute auf morgen, ja geradezu von einer Minute auf die andere, geändert hatte.
Die Erklärung, die sie dafür gefunden hatte, existierte vermutlich bloß in ihrer Fantasie. Es war besser, nicht davon zu sprechen. Nie wieder.
Geraldine empfand Dankbarkeit. Bronski war hilfreich gewesen, anfangs während des Durcheinanders in Griechenland, später bei der sehr konzentrierten Arbeit in München. Und nun konnte sie ihm dankbar sein für die Worte, die er am Tag zuvor und heute gefunden hatte.
Sie würde daran denken und aufhören herumzunölen. Aufhören, ihrem Vater auf die Nerven zu gehen. Sich wieder mit Burckhardt treffen und nicht jedes Wiedersehen ablehnen. Und auch nicht mehr so ruppig gegen Sebastian sein.
Unwillkürlich lächelte sie.
»Was denkst du?«, fragte Bronski.
»Es hat mich sehr bewegt, was du gesagt hast. Ich werde es mir merken und mich in Zukunft besser benehmen.«
»Sehr gut. Da kann ich ja beruhigt wieder nach Hollywood düsen. Du wirst demnächst eine Einladung von Dr. Frobenius bekommen. Sie auch, Herr Bantzer. Und ich möchte dich bitten, Geraldine, nicht wieder abzulehnen. Auch Frau Frobenius möchte dich gern wiedersehen. Und es wird noch jemand da sein, den du kennst.«
»Aha«, machte sie spöttisch.
Sebastian versuchte es jetzt also über Frobenius, nachdem sie sich hartnäckig weigerte, ihn zu sehen. Dabei hatte sie gerade beschlossen, sich zu bessern.
Bronski zog die Brauen hoch, blickte sie prüfend an.
»Dann wäre das Thema also erledigt, und nun wollen wir mal einen Blick in die Speisekarte werfen.«
Die Einladung aus dem Hause Frobenius traf eine Woche später ein, sie kam schriftlich, von Jana verfasst, in sehr herzlichem Ton.
»Ich glaube, du solltest dich nicht länger verweigern«, meinte Thomas.
»Wer sagt denn, dass ich das will. Wir gehen alle beide, und ich werde mit allem verfügbaren Charme meinen Freund Sebastian Klose begrüßen.«
Doch es kam ganz anders.
Unerwartete Begegnung
Eine strahlende Evi öffnete ihnen die Tür, und dann kamen auch schon Jana und Herbert Frobenius in die Diele, um sie zu begrüßen. Jana plagte immer noch ein wenig ihr schlechtes Gewissen, weil man diese Geri, die Klose mitgebracht hatte, ziemlich lieblos behandelt hatte. Konnte man ahnen, was dieses unscheinbare Mädchen für eine Karriere machen würde?
Jana war neugierig, welchen Eindruck sie heute haben würde, es waren immerhin zweieinhalb Jahre vergangen.
Frobenius hatte diese Bedenken nicht, er hatte Geraldine oft genug gesehen während der Dreharbeiten, auf der Reise zu den Premieren, bei Interviews, und dass er einmal behauptet hatte, sie sei ein grässliches
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