Kuss des Feuers
Impfung, die Menschen gegen Krankheit immun machen würde. Wir waren solche Dummköpfe. Das Elixier hat meinen Körper zwar erhalten, doch ich verwandle mich langsam in ein Monster. Ein Wesen, das sich vom Licht von Seelen ernährt und nach diesem Licht mehr giert als nach Luft.«
»Du bist … besessen?«, fragte sie mit kalten Lippen.
»Dieser Dämon ist kein höheres intelligentes Wesen, das wie wir denkt, sondern eher so etwas wie ein Virus. Er infiziert den Wirt und verändert ihn, sodass er seinen Zwecken dienlich ist.« Er fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. »Nichts, was ich versucht habe, hat es umkehren können. Nur mit reiner Willenskraft lässt sich die Verwandlung verlangsamen.« Er stieß ein trostloses Lachen aus. »Das ist etwas, wofür man wohl dankbar sein muss.« Er schloss die Augen, als hätte er Schmerzen. »Wenn die Verwandlung mein Herz erfasst und meinen Verstand übernimmt, wird die Veränderung endgültig sein. Denn Herz und Verstand sind Heim und Fenster meiner Seele.«
»Es muss doch eine Möglichkeit geben …«
»Es ist unzerstörbar, Miri. An den Stellen meines Körpers, die sich verwandelt haben, kann ich keinen Schaden nehmen. Zumindest nicht in offensichtlicher Weise. Messer, Schwerter oder Kugeln sind nicht in der Lage, das Fleisch zu durchdringen. Das Einzige, was ich noch nicht versucht habe, ist, mich in Brand zu stecken.« Er schnaubte leise. »Ich finde die Vorstellung ziemlich unerquicklich.«
Das konnte sie sehr gut verstehen, doch dass er überhaupt mit dem Gedanken spielte, bereitete ihr großen Kummer.
Er starrte auf seine Fäuste. »Ich bin ein Albtraum. Genau wie du gesagt hast.«
Ihr Mund wurde trocken. Dumme, unverzeihliche Worte, die sie da geäußert hatte. »Das bist du nicht.« Sie streckte die Hand aus, um seine Wange zu berühren, doch er zuckte zurück, sodass sein Kopf gegen die Wand hinter ihm knallte.
»Nicht.«
Unter ihrem Blick war er so schwach wie ein Kätzchen, und das nutzte sie erbarmungslos aus. Sie strich mit den Fingern über seine durchsichtige Wange, und er bebte. Aber ihre Finger waren nur zu einer zaghaften Berührung bereit … zu fremd fühlte sich das an, zu glatt. Wie Marmor.
Seine Augen, die sie jetzt zum ersten Mal ganz sah, waren wunderschön geschnitten und hatten freundliche Lachfältchen in den Winkeln. Volle, dunkle Augenbrauen wölbten sich leicht nach oben, als würde er alles ironisch hinterfragen und fände die Welt amüsant, wenn nicht gar lächerlich. Die Haut um das rechte Auge war silbrig-blau, wodurch das Grau seiner Iris noch mehr verblüffte. Ein kleiner schwarzer Fleck hatte sich in eines der zarten Fältchen um seine Augen geschlichen.
»Kajal«, sagte er, während er sie dabei beobachtete, wie sie mit dem Daumen über den Fleck wischte. »Augenbraue und Wimpern auf der rechten Seite sind mit Pflanzenfarbe gefärbt. Eula meinte zwar, ich würde mich dabei noch blenden, aber ich sah einfach keinen anderen Weg …« Sein hilfloses Geplapper verstummte, als Miranda ihn weiterhin wortlos ansah.
Der Übergang verlief unter der Haarlinie seiner linken Braue in einem schrägen Winkel zur rechten, über die Nase bis zum Kiefer. Der größte Teil seines Halses bestand aus gesundem Fleisch, doch am Oberkörper zog sich die kristallene Haut vom Schlüsselbein bis zum Nabel, wo sie in den linken Hüftbereich überging und unter seinem Hausmantel verschwand.
Die linke Seite seines Körpers strahlte gesunde Vitalität aus. Feine schwarze Härchen bedeckten Brust und Bauch. Sein Atem beschleunigte sich, als ihre Finger über diese Härchen strichen, aber er entzog sich ihr nicht, um sie davon abzuhalten. Die genähte Wunde war sauber verheilt, und die Narbe vom Messerkampf bildete jetzt nur noch eine dünne Linie. Der Anblick bewies, dass es wirklich Archer war, der vor ihr stand, und kein Trugbild.
Seine rechte Seite war ebenso schön geformt. Feste, flache Muskeln, doch völlig glatt und haarlos wie Quarz … wie Mondstein, erkannte sie mit einem Blick auf ihren Ehering. Ein aus Mondstein gemeißelter Körper, ohne Innenleben, keine Knochen, kein Blut. Nichts, was ein atmender Mensch brauchte, um zu überleben.
»Es war nicht fair von mir, dich für mich zu beanspruchen.« Er hielt sich so gerade wie ein Soldat, ohne sich zu rühren. »Ich habe mich abscheulich benommen. Es tut mir leid«, sagte er und wich dabei ihrem Blick aus. »Es tut mir leid, dich in ein Leben gezogen zu haben, das so voller Schrecken
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