Kuss des Tigers - Eine unsterbliche Liebe
1657 geboren.«
»Alles klar.« Unruhig rutschte ich auf dem Stuhl hin und her. Anscheinend stehe ich auf ältere Männer. »Und warum siehst du dann so jung aus?«
»Keine Ahnung. Ich war einundzwanzig, als mich der Fluch traf. Seitdem bin ich nicht gealtert.«
Auf einmal überkam mich das dringende Bedürfnis, dieses Rätsel zu lösen. »Was ist mit Mr. Kadam? Wie alt ist er? Und welche Rolle spielt Mr. Kadams Chef bei alldem? Weiß er von dir?«
Er lachte. »Kelsey. Ich bin Mr. Kadams Chef.«
»Du? Du bist sein reicher Arbeitgeber?«
»Ich würde unsere Beziehung zwar nicht so definieren, aber was er sagt, ist im Großen und Ganzen richtig. Was Mr. Kadams Alter anbelangt, so ist es komplizierter. Er ist im Grunde nur wenig älter als ich. Früher war er mein Waffenknecht und ein treuer Berater meines Vaters in allen Kriegsangelegenheiten. Als der Fluch mich traf, konnte ich zum Glück lange genug menschliche Gestalt annehmen, um ihm zu berichten, was vorgefallen war. Er kümmerte sich sofort um alles, brachte meine Eltern und unsere Reichtümer in Sicherheit und ist seitdem mein Leibwächter.«
»Aber wie kann er immer noch am Leben sein? Er hätte vor langer Zeit sterben müssen.«
Ren zögerte. »Das Damon-Amulett bewahrt ihn vor dem Altern. Er trägt es um den Hals und legt es nie ab.«
Ich erinnerte mich, wie ich im Flugzeug einen kurzen Blick auf seinen Anhänger erhascht hatte. Ich lehnte mich in meinem Sitz vor. »Damon? Heißt so nicht Durgas Tiger?«
»Ja, aber ich weiß nicht viel darüber, was sie verbindet oder woher das Amulett stammt. Ich weiß nur, dass das Amulett vor langer Zeit in mehrere Teile zerbrach. Manche behaupten, es gäbe vier Teile, welche die vier Elemente, die vier Winde oder gar die vier Himmelsrichtungen symbolisieren. Andere sagen, es seien fünf oder sogar noch mehr Teile. Mein Vater gab mir sein Stück, und meine Mutter gab Kishan ihres.
Der Mann, der mich in einen Tiger verwandelte, wollte unsere Teile des Amuletts. Das ist der Grund, weshalb er ein doppeltes Spiel mit Kishan trieb. Niemand weiß mit Sicherheit, welche Macht von dem Amulett ausginge, wären alle Teile vereint. Dieser Mann war machthungrig und skrupellos und schreckte vor nichts zurück, um alle Teile an sich zu reißen und es herauszufinden. Mr. Kadam trägt nun meinen Teil des Amuletts. Wir glauben, dass ihn die Macht des Amuletts schützt und all die Jahre am Leben erhalten hat. Obschon er altert, geschieht es zum Glück nur sehr langsam. Er ist ein treuer Freund, der viel aufgegeben hat, um meiner Familie über all die Jahre hinweg zu helfen. Ich stehe tief in seiner Schuld und werde sie nie begleichen können. Ich weiß nicht, wie ich all das ohne ihn überstanden hätte.« Ren blickte hinaus zum Pool und flüsterte: »Mr. Kadam hat sich bis zu ihrem Tod um meine Eltern gekümmert und über sie gewacht, weil ich es nicht vermochte.«
Ich lehnte mich vor, legte meine Hand auf seine und konnte seine Traurigkeit spüren, während er an seine Eltern dachte. Seine verzweifelte Einsamkeit traf mich mitten ins Herz und vermischte sich mit meiner eigenen. Er drehte seine Hand um und streichelte geistesabwesend mit dem Daumen meine Finger, während er ins Leere starrte, völlig in Gedanken versunken.
Normalerweise wäre es mir unangenehm oder peinlich gewesen, mit einem Mann Händchen zu halten, den ich gerade erst kennengelernt hatte. Doch stattdessen spendete es mir Trost. Rens Verlust spiegelte meinen eigenen wider, und bei seiner Berührung machte sich ein Gefühl des Friedens in mir breit. Als ich in sein Gesicht sah, fragte ich mich, ob er dasselbe empfand. Ich kannte den Stachel der Einsamkeit. Die Psychologen in der Schule hatten gesagt, dass ich nach dem Tod meiner Eltern nicht genügend getrauert hatte und mich das daran hinderte, Freundschaften mit anderen Menschen zu schließen. Tiefen Beziehungen ging ich stets aus dem Weg. Ich erkannte, dass wir beide auf unsere eigene Art allein waren, und empfand in diesem Moment großes Mitleid mit ihm. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie es sein mochte, dreihundert Jahre ohne menschlichen Kontakt auskommen zu müssen, ohne Gespräche, ohne ein Gegenüber, das mir in die Augen sah und wusste, wer ich war. Selbst wenn ich mich unbehaglich gefühlt hätte, hätte ich ihm diesen Moment des menschlichen Zusammenseins nicht verwehren können.
Ren warf mir ein warmes Lächeln zu, drückte einen Kuss auf meine Finger und sagte: »Komm, Kelsey. Du brauchst
Weitere Kostenlose Bücher