Kuss des Tigers - Eine unsterbliche Liebe
Schlaf, und meine Zeit ist beinahe abgelaufen.«
Er zog mich hoch, sodass ich auf einmal ganz nah bei ihm stand, und beinahe hätte mein Herz ausgesetzt. Während er meine Hand hielt, erfasste ein leichtes Kribbeln meine Fingerspitzen. Er führte mich zu meiner Tür, wünschte mir rasch eine gute Nacht, verbeugte sich und war im nächsten Augenblick verschwunden.
Am nächsten Morgen besah ich mir meine neue Kleidungssituation, die ich Ren zu verdanken hatte. Ich war überrascht, hauptsächlich Jeans und T-Shirts vorzufinden, moderne Kleidungsstücke, die amerikanische Mädchen tragen würden. Der einzige Unterschied bestand darin, dass sie in den leuchtenden, bunten Farben Indiens waren.
In einem der Kleidersäcke in meinem begehbaren Kleiderschrank fand ich aber doch ein traditionell indisches blaues Seidenkleid, über und über bedeckt von winzigen tränenförmigen silbernen Perlen. Das Kleid war so wunderschön, dass ich es auf der Stelle anprobieren wollte.
Mühelos glitt es über meinen Kopf und an meinen Armen hinab bis zu meiner Taille, an die es sich wie eine zweite Haut schmiegte. Von dort fiel es in wallenden schweren Falten bis zum Boden – schwer aufgrund der Hunderten von Perlen, die den Saum einfassten. Das eng geschnittene Oberteil hatte Flügelärmel und endete genau über meinem Bauchnabel, sodass eine Handbreit meiner Taille entblößt war. Normalerweise trug ich nie bauchfrei, aber dieses Kleid war atemberaubend. Ich drehte mich vor dem Spiegel und fühlte mich wie eine Prinzessin.
Es lag allein an dem Kleid, dass ich beschloss, mir besondere Mühe mit meinem Haar und dem Make-up zu geben. Ich holte meine selten benutzte Puderdose hervor, trug Rouge, etwas Lidschatten und blauen Eyeliner auf. Anschließend folgten ein wenig Wimperntusche und ein zartrosa Lipgloss. Dann öffnete ich meine Zöpfe, die ich gestern geflochten hatte, und fuhr mit den Fingern durch die Locken, sodass sie mir in weichen Wellen den Rücken hinabfielen.
Ein dünner blauer Schal gehörte zum Kleid, und ich legte ihn mir einfach um die Schultern, da ich nicht wusste, wie man ihn richtig trug. Es war nicht meine Absicht gewesen, das Kleid tagsüber zu tragen, doch sobald ich es einmal anhatte, konnte ich mich nicht durchringen, es wieder auszuziehen.
Barfuß tänzelte ich die Treppe hinunter und eilte zum Frühstück. Mr. Kadam war bereits in der Küche und las summend eine indische Zeitung. Er machte sich nicht einmal die Mühe aufzublicken.
»Guten Morgen, Miss Kelsey. Ihr Frühstück steht auf der Kochinsel.«
Ich stolzierte hinüber, wobei ich seine Aufmerksamkeit zu erregen versuchte, schnappte mir meinen Teller und ein Glas Papayasaft, zupfte dann auffällig an meinem Kleid und seufzte theatralisch, während ich mich ihm gegenüber hinsetzte. »Guten Morgen, Mr. Kadam.«
Er lugte über den Rand der Zeitung, lächelte und legte das Blatt dann hin. »Miss Kelsey! Sie sehen entzückend aus!«
»Vielen Dank.« Ich errötete. »Haben Sie es ausgesucht? Es ist zauberhaft!«
Er lächelte mich mit funkelnden Augen an. »Ja. Man nennt es eine Sharara . Ren wollte, dass Sie mehr Kleidung zur Verfügung haben, und bat mich, auch etwas Besonderes auszuwählen. Seine einzigen Vorgaben lauteten ›wunderschön‹ und ›blau‹. Ich wünschte, ich könnte die Lorbeeren für mich allein beanspruchen, aber ich hatte ein wenig Hilfe von Nilima.«
»Nilima? Die Flugbegleiterin? Ist sie Ihre …? Ich meine, sind Sie ihr …?«, stammelte ich, peinlich berührt.
Er lachte über mich. »Nilima und ich stehen uns tatsächlich sehr nahe, wie Sie bereits erraten haben, aber nicht auf die Art, die Sie vermuten. Nilima ist meine Ur-ur-ur-ur-urenkelin.«
Mir klappte die Kinnlade herunter. »Ihre was? «
»Sie ist meine Enkelin mit mehreren Urs davor.«
»Ren hat mir erzählt, dass Sie ein wenig älter waren als er, aber er hat nicht erwähnt, dass Sie Familie hatten.«
Mr. Kadam faltete seine Zeitung und nippte an dem Saft. »Ich war einst verheiratet, vor langer, langer Zeit, und wir hatten mehrere Kinder. Dann bekamen diese Kinder und so weiter und so fort. Von all meinen Nachfahren kennt allein Nilima unser Geheimnis. Für die meisten bin ich ein weit entfernter reicher Onkel, der ständig auf Geschäftsreise ist.«
»Was ist mit Ihrer Frau?«
Das Lächeln in Mr. Kadams Gesicht erlosch. »Das Leben war sehr schwierig für uns. Ich liebte sie von ganzem Herzen. Im Laufe der Zeit wurde sie immer älter und ich nicht. Das
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