Kuss im Morgenrot: Roman
glauben, dass du jetzt an so etwas denkst«, wunderte sich Leo.
»Warum nicht?«, erwiderte Merripen augenzwinkernd. »Ich persönlich empfinde es als Erleichterung, dass wir in Ramsay House wohnen bleiben dürfen.«
»Ihr macht euch Gedanken über ein verdammtes Haus, nachdem ich gerade acht Stunden durch die Hölle gegangen bin.«
»Tut mir leid, Leo«, sagte Beatrix und versuchte zerknirscht zu klingen. »Ich hatte gar nicht daran gedacht, was du gerade durchgemacht hast.«
Leo küsste seinen Sohn und gab ihn Win vorsichtig zurück. »Ich werde jetzt nach Marks sehen. Wahrscheinlich hat sie es auch nicht gerade leicht gehabt.«
»Richte ihr Glückwünsche von uns aus«, bat Cam mit einem Lachen in der Stimme.
Zwei Stufen auf einmal nehmend, eilte Leo die Treppe hinauf und in Catherines Schlafzimmer. Unter der großen Bettdecke wirkte sie unglaublich zierlich, und sie war erschöpft, das verriet ihr blasses Gesicht. Ein müdes Lächeln tauchte auf ihren Lippen auf, als sie ihn hereinkommen sah.
Er ging zu ihr ans Bett und gab ihr einen Kuss auf den Mund. »Was kann ich für dich tun, Liebling?«
»Überhaupt nichts. Der Doktor hat mir ein wenig Laudanum gegen die Schmerzen gegeben. Er kommt jeden Moment zurück.«
Noch immer über sie gebeugt, strich Leo ihr das Haar glatt. »Zum Teufel mit dir, dass du mich nicht hast hierbleiben lassen«, flüsterte er an ihrer Wange.
Er konnte ihr Lächeln spüren.
»Du hast dem Doktor Angst eingejagt«, sagte sie.
»Ich habe ihn doch nur gefragt, ob er wisse, was er tue.«
»Sehr eindringlich«, stellte sie heraus.
Leo wandte sich ab und durchstöberte die Gegenstände auf dem Nachttischchen. »Aber doch nur, weil er einen Instrumentenkoffer hervorgeholt hat, der eher für eine mittelalterliche Inquisition geeignet schien als für die Geburt eines Kindes.« Er fand ein kleines Döschen Salbe und betupfte damit Catherines trockene Lippen.
»Setz dich zu mir«, sprach sie gegen seine Fingerspitzen.
»Ich will dir nicht wehtun.«
»Das tust du nicht.« Sie klopfte einladend auf die Matratze.
Leo setzte sich mit äußerster Vorsicht neben sie und bemühte sich, ihren Körper nicht zu berühren. »Ich bin kein bisschen überrascht, dass du gleich zwei Kinder auf einmal zur Welt gebracht hast«, sagte er. Er nahm ihre Hand und küsste ihre Finger. »Du bist so erschreckend effizient wie immer.«
»Wie sehen sie aus?«, wollte sie wissen. »Ich habe sie noch gar nicht gesehen, seitdem sie gewaschen sind.«
»O-beinig und mit großen Köpfen.«
Catherine kicherte und zuckte zusammen. »Bitte, bitte bring mich nicht zum Lachen.«
»Sie sind tatsächlich sehr hübsch. Meine Teuerste …« Leo drückte ihr einen Kuss auf die Handfläche. »Bisher hatte ich nie wirklich verstanden, was eine Frau bei der Geburt durchstehen muss. Du bist die tapferste, stärkste Person, die es je auf dieser Erde gegeben hat. Eine Kriegerin.«
»Eigentlich nicht.«
»Oh, doch. Der Hunnenkönig Attila. Dschingis Khan, Saladin … alles Schwächlinge im Vergleich zu dir.« Leo hielt inne, und ein Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus. »Es war sehr liebenswürdig von dir, dafür zu sorgen, dass eins der Kinder ein Junge wird. Die Familie freut sich natürlich sehr.«
»Weil wir Ramsay House behalten können?«
»Auch. Aber am meisten begeistert sie sicher der Umstand, dass ich es mit Zwillingen aufnehmen muss.« Er machte eine Pause. »Du weißt, dass wir es mit zwei Satansbraten zu tun haben werden.«
»Das will ich doch hoffen. Sonst wären sie ja nicht unsere.« Catherine kuschelte sich an ihn, und er legte ihren Kopf behutsam an seine Schulter. »Rate mal, was heute um Mitternacht passiert«, flüsterte sie.
»Zwei hungrige Säuglinge werden gleichzeitig wach und schreien?«
»Und außerdem?«
»Ich habe keine Ahnung.«
»Der Ramsay-Fluch wird gebrochen sein.«
»Das hättest du mir nicht sagen dürfen. Jetzt werde ich die nächsten …« Leo blickte auf die Uhr auf dem Kaminsims. »… sieben Stunden und achtundzwanzig Minuten schreckliche Panik haben.«
»Bleib hier bei mir. Ich passe auf dich auf.« Sie gähnte und schmiegte sich noch enger an ihn.
Leo lächelte und streichelte ihr Haar. »Uns wird es beiden gut gehen, Marks. Wir haben unsere Reise erst begonnen … und es gibt noch so viel zu tun.« Er sprach leiser, als er hörte, wie ihr Atem ruhig und gleichmäßig wurde. »Ruh dich an meinem Herzen aus. Lass mich über deiner Träume wachen. Und sei gewiss,
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