Kuss im Morgenrot: Roman
Hausmädchen.
»Sie hat recht, Catherine«, stimmte Poppy strahlend zu. »Warte nur, bis mein Bruder dich sieht! Er wird jedes hässliche Wort, das er jemals zu dir gesagt hat, bereuen.«
»Ich habe auch hässliche Dinge zu ihm gesagt«, erwiderte Catherine nüchtern.
»Wir wussten alle, dass es einen anderen Grund für die Feindseligkeit zwischen euch geben musste«, sagte Poppy. »Aber wir konnten uns nie darauf einigen, was der Grund war. Beatrix hatte natürlich von Anfang an recht.«
»Inwiefern?«
»Sie sagte, Leo und du würdet euch beim Liebeswerben ein wenig wie ein ungestümes Frettchenpärchen benehmen.«
Catherine lächelte verlegen. »Beatrix hat eine gute Intuition und Menschenkenntnis.«
Poppy blickte zu Dodger, der gewissenhaft den letzten Rest Ei aus der Untertasse schleckte. »Ich habe immer geglaubt, Beatrix würde irgendwann aus ihrer Tierbesessenheit herauswachsen. Jetzt erst begreife ich, dass ihr Denken auf diese Weise funktioniert. Sie sieht kaum einen Unterschied zwischen der Tier- und der Menschenwelt. Ich hoffe nur, dass sie einmal einen Mann finden wird, der ihre Individualität tolerieren kann.«
»Das hast du aber taktvoll ausgedrückt«, erwiderte Catherine lachend. »Du meinst wohl einen Mann, der sich nicht beschwert, wenn er einen Hasen in seinem Schuh oder eine Eidechse in seiner Zigarrenkiste vorfindet?«
»Ganz genau.«
»Das wird sie«, versicherte Catherine ihr. »Beatrix hat so viel Liebe zu geben, und sie ist einfach zu liebenswert, um unverheiratet zu bleiben.
»So wie du«, sagte Poppy bedeutungsvoll. Sie ging zu Dodger, der begonnen hatte, den Inhalt des Korbs zu untersuchen, und nahm ihn auf den Arm. »Dodger kann heute mit mir kommen. Ich werde mich den ganzen Vormittag mit Korrespondenzen beschäftigen. Er kann auf meinem Schreibtisch schlafen, während ich arbeite.«
Das Frettchen hing schlaff über Poppys Arm und grinste Catherine an, als er weggetragen wurde.
Leo hatte Catherine am Abend zuvor nicht gern allein gelassen. Am liebsten wäre er an ihrer Seite geblieben und hätte über sie gewacht wie ein Greif über einen exotischen Schatz. Eifersucht war in Leos Leben bislang nie ein Thema gewesen, doch es schien, als wollte er das Versäumte umso schneller nachholen. Ganz besonders ärgerlich stimmte ihn, dass Catherine so abhängig von Harry war. Dabei war es nur natürlich, dass sie sich auf ihren Bruder verlassen wollte, insbesondere, da Harry sie einst aus einer entsetzlichen Notlage gerettet hatte und er in den darauf folgenden Jahren die einzige Konstante in ihrem Leben gewesen war. Wenn Harry bis vor Kurzem auch wenig Liebe für sie oder Interesse an ihr gezeigt hatte, so war er doch alles, was sie hatte.
Das Problem war, dass Leo den brennenden Wunsch hatte, alles für Catherine zu sein. Er wollte ihr alleiniger Vertrauter, Liebhaber und bester Freund sein, sich um ihre intimsten Bedürfnisse kümmern. Er wollte sie mit seinem Körper wärmen, wenn sie fror, ihr die Tasse an die Lippen führen, wenn sie Durst hatte, ihr die Füße massieren, wenn sie müde war. Er wollte sein Leben in allen bedeutenden und weniger bedeutenden Facetten mit ihr teilen.
Doch würde er sie nicht mit einer Geste, einer Unterhaltung, einer leidenschaftlichen Nacht gewinnen können. Er würde sie stetig bearbeiten müssen, er würde Scheibchen für Scheibchen ihres Widerstands strategisch abtragen müssen, bis ihre Bedenken eines Tages in sich zusammenfielen. Das würde ihn Geduld, Aufmerksamkeit, Zeit kosten. So sei es. Sie war das alles wert und noch viel mehr.
Leo klopfte diskret an die Tür zu Catherines Suite und wartete. Sie öffnete ihm mit einem strahlenden Lächeln. »Guten Morgen«, sagte sie und blickte ihn erwartungsvoll an.
Alle Worte, die er sich zur Begrüßung zurechtgelegt hatte, waren ihm plötzlich entfallen. Sein Blick wanderte langsam über ihr Gesicht und ihren Körper. Sie sah aus wie eine dieser ausnehmend schönen Frauenbilder, die auf Hutschachteln aufgemalt oder in Druckereien ausgestellt waren. Ihre makellose Erscheinung weckte in ihm den Wunsch, sie zu enthüllen, sie auszupacken wie ein in Papier gewickeltes Bonbon.
Leos Schweigen dauerte so lange an, dass sich Catherine gezwungen sah, noch einmal das Wort zu ergreifen. »Ich bin bereit für unseren Ausflug. Wohin gehen wir?«
»Es ist mir entfallen«, sagte Leo, während er sie weiter anstarrte. Er bewegte sich auf sie zu, als wollte er sie ins Zimmer zurückdrängen.
Catherine wich
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