Kuss mich kuss mich nicht
sie sie auf, wusste aber schon, dass er auch dort nicht war.
Sie sagte sich, dass das Sondierungskomitee erst am Nachmittag zusammentreten würde. Deshalb hätte sie bestimmt noch Zeit, um mit ihm zu sprechen, ehe er das Haus verließ. Aber wo zum Teufel steckte er?
Auf ihrem Weg zurück nach unten blieb sie stehen, als sie Grace und Ross mit gepackten Reisetaschen aus ihrem Zimmer kommen sah.
»Grace! Ich muss dich dringend sprechen.«
Ihre Halbschwester riss überrascht die Augen auf. »Sicher, wo möchtest du …«
Callie zog sie in ihr Schlafzimmer zurück und machte die Tür hinter sich zu.
»Ich habe nicht viel Zeit, aber ich muss – ich liebe Jack und habe einen schrecklichen Fehler gemacht. Einen fürchterlichen, grauenhaften …«
»Du liebst Jack!«
»Oh Gott, falls ich es nicht bereits total vermasselt habe, musst du etwas verstehen. Ich habe ihm etwas von meiner Vergangenheit erzählt, aber er kennt nur einen Teil der Geschichte, weil ich ihm gegenüber nicht völlig ehrlich sein konnte, ohne dich in die Sache mit hineinzuziehen. Deshalb hat er das Gefühl, dass ich ihn nicht liebe, da ich ihm nicht vertrauen kann.«
Ihre Schwester riss die Augen noch ein wenig weiter auf.
Callie atmete tief durch, damit ihre Stimme nicht versagte, und fuhr eilig fort: »Du musst verstehen. Ich muss ihm alles erklären, selbst wenn du das nicht willst. Weil es, wenn ich das nicht tue, keine Zukunft für uns beide gibt. Und das kann ich nicht zulassen.«
Sie wartete auf eine Antwort, die jedoch nicht kam. Grace wirkte wie erstarrt.
»Es tut mir leid«, erklärte Callie und streckte flehend ihre Arme aus. »Ich weiß, dass ich dir ein Versprechen gegeben habe. Aber ich kann mich nicht länger verstecken. Dafür steht inzwischen einfach zu viel für mich auf dem Spiel.«
Sie hörte ein klickendes Geräusch und senkte den Kopf. Grace hatte angefangen, mit ihrer Uhr zu spielen, und öffnete und schloss unruhig den Verschluss. Als sie auf dem Absatz kehrtmachte und den Raum durchquerte, hielt Callie furchtsam den Atem an. Sie war nicht bereit, länger den Mund zu halten, doch das hieß nicht, dass es ihr egal war, wenn die Halbschwester darunter litt.
»Ich – es tut mir leid, Grace. Wirklich. Ich hätte nie gedacht …«
Grace wirbelte zu ihr herum und bedachte sie mit einem durchdringenden Blick. »Du darfst dein Verhalten nicht bereuen. Niemals. Weil es schließlich die Schuld unseres Vaters ist. Weil all dieser Schlammassel ausschließlich die Schuld unseres Vater ist. Du kannst nichts dazu.«
Es folgte ein langer Augenblick vollkommener Stille, denn Callie war vom Zorn der Schwester völlig überrascht.
Und dann marschierte Grace entschlossen wieder auf sie zu, packte ihre Hände und erklärte: »Sag es Jack. Sag ihm alles, ja?«
Callie blinzelte. »Alles? Obwohl du dann …«
»Das ist für mich okay.«
Callie atmete erleichtert auf, dann aber verdüsterte sich ihre Miene wieder, als sie daran dachte, dass sie noch immer nicht wusste, wo Jack war.
Oder ob er mit sich reden lassen würde, falls sie ihn irgendwo fand. Sie konnte nur hoffen, dass er ihr – vielleicht – verzeihen würde, wenn sie ihn für ihr Verhalten um Verzeihung bat.
Aber wo steckte er?
Sie dachte an die Aufregung des Vorabends und ginge jede Wette ein, dass das Sondierungskomitee doch früher als geplant zusammentrat. Angesichts all der Dinge, die geschehen waren, hatte er den Termin für die Zusammenkunft wahrscheinlich vorverlegt. Weil es zwischen ihm und seinem Team schließlich jede Menge zu besprechen gab.
»Wahrscheinlich ist er schon weg!« Sie sah ihre Schwester an. »Fahrt ihr jetzt in die Stadt?«
Grace nickte mit dem Kopf.
»Würdet ihr mich wohl bis zu seinem Büro mitnehmen?«
»Sicher. Ich weiß, wo es ist.«
Eilig riss sie die Zimmertür wieder auf, Grace packte Ross am Arm, gemeinsam rannten sie ins Erdgeschoss, und nachdem Thomas ihnen bestätigt hatte, dass Jack schon in aller Herrgottsfrühe ins Büro gefahren war, stiegen sie in einen schwarzen Ford Explorer, und Ross trat das Gaspedal bis auf den Boden durch.
Während sie über die Schnellstraße in Richtung Boston rasten, runzelte Grace plötzlich die Stirn und drehte sich zu Callie um.
»Und wenn du es ihm gesagt hast, wie wird es dann weitergehen?«
»Ich habe keine Ahnung. Vielleicht ist es sowieso schon längst zu spät. Aber ich muss es auf jeden Fall versuchen.« Callie setzte ein schwaches Lächeln auf. »Und dann kann ich nur hoffen, dass
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