Kuss Mit Sosse
hinterm Haus eine kleine Gasse, und es gab eine asphaltierte Fläche mit sechs ausgewiesenen Stellplätzen. Kein Licht. Eigentlich müsste es dort ein Licht geben. Ich trat nach draußen und sah an dem Gebäude hoch. Die Lampe war zerdeppert, auf dem Boden darunter lagen Glasscherben.
Ich trat wieder ins Haus und suchte die Alarmanlage. Rechts, an der Wand. Genau da, wo ich sie auch montiert hätte. Ich begab mich zur Treppe und versetzte mich in die Rolle des Täters, der sich bei Dunkelheit bewegt hatte. Wahrscheinlich hatte er eine Stiftlampe dabeigehabt und sich sehr gut zurechtgefunden. Und er hatte es eilig, also nahm er die Treppe, nicht den Aufzug.
Ich tigerte durch den ersten Stock, spähte in die Büros, die Küche, den Lagerraum. Alles ziemlich normal. Das Büro des Direktors war hübsch, aber nicht luxuriös. Ein Eckzimmer mit Fenster. Großer Schreibtisch und schicker, ledergepolsterter Bürostuhl. Vor dem Schreibtisch zwei kleinere Stühle mit Armlehnen. Hinterm Schreibtisch ein eingebautes Bücherregal, ein Fach war leer. Da hatten wohl die Eier gestanden.
Ich ließ mich in dem schicken Bürostuhl nieder, drehte mich ein bisschen herum und sah mir die Fotos auf dem Schreibtisch an. Ein Mann, Übergewicht, Glatze, grässlicher Schnauzer, zusammen mit einer dunkelhaarigen Frau, offenbar Tochter aus höherem Haus, und zwei kleinen Jungen. Das Familienfoto unmittelbar neben einem Schreibtischset, das ihm wahrscheinlich irgendein Inneneinrichter aufgeschwatzt hat, das er aber nie benutzt. Zum Set passender Tintenlöscher aus Leder, neben dem Schreibtisch der passende Papierkorb. Im Papierkorb ein Snickers-Einwickelpapier.
Ich rief Ranger auf seinem Handy an. »Wo bist du gerade?«
»Unten, zusammen mit Gene Boran, dem Chef der Firma.«
»Woher wusste der Dieb von den Fabergé-Eiern?«
»Vor zwei Wochen stand in der Zeitung von Trenton ein Artikel darüber.«
»Na toll.«
»Sonst noch was?«
»Sieht so aus, als wäre gestern Abend die Putzkolonne hier durchgerauscht.«
»Die ist um halb zwölf abgezogen.«
»Im Papierkorb ist ein Snickers-Einwickelpapier.«
Ein kurzer Dialog am anderen Ende der Leitung, dann meldete Ranger sich wieder. »Gene sagt, er habe es auf dem Boden liegen sehen und es in den Papierkorb geschmissen.«
»Es könnte ein Hinweis sein.«
Ranger legte auf.
Ich schlenderte wieder nach unten und lümmelte mich in einen üppigen Polstersessel in der Eingangshalle. Die Polizeibeamten hatten das Feld geräumt, nur noch zwei Rangeman-Mitarbeiter waren da. Ranger unterhielt sich noch einige Minuten mit dem Firmenchef, dann gaben sie sich die Hand, verabschiedeten sich, und Ranger kam auf mich zu.
»Sal und Raphael sollen hierbleiben, bis das Geschäft regulär öffnet«, sagte Ranger. »Wir fahren in die Rangeman-Zentrale zurück.«
»Es ist noch nicht mal sieben Uhr! Normale Leute schlafen um die Zeit noch.«
»Und was willst du jetzt damit sagen?«, fragte Ranger.
»Was ich damit sagen will? Bring Stephanie nach Hause, damit sie wieder ins Bett gehen kann.«
»Liebend gerne bringe ich dich ins Bett, Babe.«
Schluck! Ich hätte mich ohrfeigen können.
Es war fast Mittag, als ich meine Wohnung zum zweiten Mal an diesem Morgen verließ. Ich hatte keine Rangeman-Kleidung mehr im Schrank, deswegen war ich einfach in Jeans und ein rotes Stretch-T-Shirt mit V-Ausschnitt geschlüpft. Mein Haar war frisch gewaschen und fluffig, meine Augen mit Lidstrich und Mascara nachgezogen, mein Mund mit Burt’s Bees Lippenbalsam geschminkt.
Auf dem Weg zu Rangeman fuhr ich am Kautionsbüro vorbei.
»Gerade rechtzeitig zum Mittagessen«, begrüßte mich Lula, als ich zur Tür hereinkam. »Ich und Connie haben Lust, mal den neuen Barbecue-Imbiss neben dem Krankenhaus auszuprobieren. Mal sehen, wie das Hähnchen bei denen schmeckt.«
»So ein Sakrileg! Hähnchen holst du doch sonst immer bei Cluck-in-a-Bucket.«
»Ja, schon, aber wir müssen doch unsere Barbecue-Forschung voranbringen. Ich habe immer noch nicht die richtige Rezeptur für eine Feinschmecker-Barbecuesauce. Gestern Abend war ich beinahe so weit, aber dann haben sich die Hunde die Hähnchen unter den Nagel gerissen. Jedenfalls habe ich mir gedacht, es könnte nicht schaden, mich mal bei meinen Konkurrenten umzutun. Ich habe gehört, der Imbissbesitzer soll auch an dem Kochwettbewerb teilnehmen.«
»Tut mir leid, aber ich kann nicht. Ich komme sonst zu spät zur Arbeit.«
»Sag Ranger einfach, du bräuchtest dringend was
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