Kuss Mit Sosse
ich.
Lula ließ sich auf einem der Klappstühle nieder, der sofort unter ihrem Gewicht zusammenbrach.
»Scheiße«, sagte sie, alle viere von sich gestreckt, der Stuhl wie plattgedrückt unter ihr. »Ich habe mir bestimmt einen Knochen gebrochen.«
»Welchen denn?«
»Such dir einen aus. Fühlt sich an, als hätte ich mir alle gebrochen.«
Lula rappelte sich hoch, tastete sich ab, bewegte ihre Glieder. Ernie war noch immer oben, sich anziehen, aber ich hörte ihn nicht mehr in seinem Zimmer rumoren.
Ich ging zum Fuß der Treppe und rief nach oben: »Ernie?«
Nichts. Ich stieg die Treppe hinauf und rief noch mal: »Ernie?« Stille. Vom Hauptflur gingen vier Zimmer und ein Badezimmer ab. Ein Zimmer war leer, ein anderes bis oben hin mit Ramsch vollgestellt: Schaufensterpuppen mit gebrochenen Armen, kanisterweise Bratöl, Stapel gebündeltes Altpapier, Kartons mit Feuerwerkskörpern und Silvesterkrachern, Eimer mit roter Farbe, eine Holzkiste mit verrosteten Nägeln, ein Vogelkäfig, ein Fahrrad, das offenbar von einem schweren Lastwagen überrollt worden war, und aller möglicher anderer Plunder. Im dritten Zimmer befanden sich ein 60-Zoll-Plasmafernseher, eine aufwändige Computeranlage und eine Popcornmaschine wie im Kino. Mitten im Zimmer, vor dem Plasmaschirm, stand ein La-Z-Boy-Fernsehsessel. Das vierte Zimmer war das Schlafzimmer, auf dem Boden Schlafsack und Kissen, überall verstreut Kleidungsstücke, manche sauber, manche speckig und abgetragen.
Das Fenster im Schlafzimmer stand offen, und zwei Haken waren über die Kante der Fensterbank gestülpt. Ich ging zum Fenster, schaute hinunter und sah die Bescherung, eine Strickleiter, wie man sie in manchen Häusern als Brandschutzmaßnahme hat.
Rasch hechtete ich nach unten in die Küche. »Er ist abgehauen.«
Lula und ich sprinteten zum Hintereingang und sahen gerade noch, wie ein VW -Käfer, grün wie Babydurchfall, in der Garage ansprang und auf die Straße hüpfte. Wir rannten zu meinem Escort, sprangen hinein und rasten los. Der Käfer war bereits zwei Straßen weiter. Ernie bog rechts ab, ich drückte das Gaspedal durch und holperte die mit Schlaglöchern übersäte Straße entlang. Ich bog gleichfalls rechts ab und erwischte noch einen Blick auf ein grünes Etwas am Ende des Blocks, aber ich holte auf.
»Was riecht denn hier so komisch?«, fragte Lula.
»Wie denn?«
»Ich weiß nicht, aber es riecht nicht gut.«
Ich war voll auf das Fahren konzentriert und roch so gut wie gar nichts. Ernie fuhr im Kreis, immer um vier Straßenblöcke herum.
»Als würde eine Katze brennen«, sagte Lula. »Ich weiß eigentlich nicht, wie brennende Katzen riechen, aber so müsste es ungefähr sein. Findest du nicht, dass es hier drin ein bisschen viel qualmt?«
»Qualm?«
»Ja!«, sagte Lula. »Deine Rückbank brennt. Ein wahres Inferno. Fahr an den Straßenrand. Ich will nicht als knusprige Braut enden.«
Mit quietschenden Reifen kam ich zum Stehen, und Lula und ich machten einen Satz aus dem Auto. Das Feuer raste über die Polstersitze und schlug aus den Fenstern. Flammen züngelten am Fahrgestell, und dann plötzlich, wusch , und das Auto war ein einziger Feuerball. Ich sah die Straße entlang und entdeckte den erbsengrünen VW , er lauerte an der nächsten Kreuzung. Der Motor heulte kurz auf, dann fuhr der Wagen langsam davon.
»Wie lange dauert es, bis die Feuerwehr hier ist?«, fragte Lula.
»Sie kommt gleich. Ich höre schon die Sirenen.«
»Wie peinlich. Es ist das zweite Mal in dieser Woche, dass wir etwas abfackeln.«
Ich rief Ranger an. »Habe ich dich geweckt?«, fragte ich ihn.
»Nein, ich bin schon auf und funktioniere. Ich habe gerade eine Meldung bekommen, dass das GPS , das wir an dein Auto montiert haben, nicht mehr sendet.«
»Du weißt doch, wie ein Marshmallow aussieht, wenn man es röstet und es brennt und ganz schwarz wird und schmilzt.«
»Ja.«
»So sieht mein Auto aus.«
»Ist dir was passiert?«
»Nein, aber ich bin aufgeschmissen.«
»Ich schicke Tank vorbei.«
Wenig später sah ich dem Löschfahrzeug der Feuerwehr hinterher, dem der letzte Polizeiwagen folgte. Was von meinem Escort übrig geblieben war, landete auf einem Tieflader.
»Wo soll ich den Schrott hinbringen?«, fragte mich der Fahrer des Abschleppdienstes.
»Werfen Sie ihn in den Fluss.«
»Zu Befehl«, sagte er, kletterte in die Fahrerkabine und rumpelte los.
»Wenn man einen Brandstifter verfolgt, sollte man vorsichtig sein«, sagte Lula.
Auf mich
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