Kussen hat noch nie geschadet
selbstbewussten Frau geworden. Inzwischen war sie dreißig Jahre alt und besaß eine Firma für Party- und Eventplanung, die es ihr ermöglichte, ihre Rechnungen zu bezahlen und ihren Sohn großzuziehen. Die Unterhaltszahlungen, die sie von Sam bekam, überstiegen die Kosten, die beim Aufziehen eines Kindes entstanden, bei weitem und erlaubten es ihr, ihr Haus und ihre Autos bar zu bezahlen und sich ab und zu einen Urlaub zu gönnen. Und trotzdem wusste sie, dass sie Conners Lebensunterhalt auch allein bestreiten könnte, wenn sie dazu gezwungen wäre.
Sie trocknete sich die Hände ab und öffnete die Tür. Die schlechte Wirtschaftslage wirkte sich auf ihr Geschäft aus, weshalb sie ihr Angebot auf eine Vielzahl von Events erweitert hatte, statt sich nur auf Hochzeiten zu beschränken. Zurzeit plante sie eine Willy Wonka -Geburtstagsparty für zwanzig Zehnjährige, die nächsten Monat stattfinden sollte. Alle nötigen Requisiten und Anbieter für die Party aufzutreiben war eine große Herausforderung gewesen, hatte allerdings auch Spaß gemacht. Aber nicht so sehr wie Hochzeiten. Hochzeiten plante sie am liebsten, was bei ihrer Vergangenheit eine Ironie des Schicksals war.
Sie lief über den Flur durch Grüppchen aus Hochzeitsgästen, die auf dem Weg in den Rainier Room waren. An der heutigen Feier nahmen eine Menge schöner und reicher Menschen teil. Daran war nichts auszusetzen. Autumn verdiente ihre Brötchen damit, sich auf schöne, reiche Menschen einzustellen, genauso wie auf solche mit kleinem Budget. Ihr machte beides Spaß, und wie sie nur allzu gut wusste, hieß »reicher« keineswegs immer »unkomplizierter«.
Als sie an Sam vorbeikam, sonderte er sich von seinen Teamkameraden und ein paar Playmates ab.
»Autumn, hast du eine Minute Zeit?«
Einen Meter von ihm entfernt blieb sie stehen. »Nein. Dreißig Sekunden.« Sie hatten zwar einen gemeinsamen Sohn, aber sie konnte sich nicht vorstellen, was sie zu besprechen hätten. »Was willst du?«
Als er den Mund aufmachte, um zu antworten, klingelte das Handy, das an ihrem Gürtel klemmte, und sie hielt entschuldigend einen Zeigefinger hoch. Es gab nur einen Menschen in ihrem Telefonverzeichnis mit dem Anchors Aweigh -Klingelton: ihren Bruder Vince. Und Vince rief nur an, wenn es ein Problem gab.
»Hey, Carly hat gerade angerufen«, verkündete er. »Sie ist krank und kann nicht auf Conner aufpassen. Und ich muss in einer halben Stunde bei der Arbeit sein.«
Es war zu früh für Autumn, um schon nach Hause zu gehen. Sie verzog sich in eine ruhigere Ecke und sagte: »Ich rufe Tara an.«
»Hab ich schon. Sie geht nicht ran.«
Autumn ging in Gedanken diverse Optionen durch. »Dann rufe ich in seiner Kita an und frage, ob sie ihn nehmen … Scheiße, die machen in einer Stunde zu.«
»Was ist mit Dina?«
»Dina ist weggezogen.«
»Ich könnte mich krankmelden.«
»Nein.« Vince hatte diesen neuen Job erst seit einer Woche. »Ich lass mir was einfallen.« Sie schloss die Augen und schüttelte ratlos den Kopf. Babysitter-Probleme waren für jede allein erziehende Mutter schwer in den Griff zu kriegen. Die ungewöhnlichen Arbeitszeiten einer Event-Managerin ließen diese Stunden für sie zu einem Alptraum werden. »Ich weiß nicht. Dann musst du Conner wohl herbringen, und eine meiner Angestellten muss ihn ein paar Stunden bespaßen.«
»Ich hol ihn ab.«
Autumn warf einen überraschten Blick hinter sich. Sam hatte sie gar nicht mehr auf dem Schirm gehabt. »Warte mal kurz.«
Sie ließ ihr Handy sinken. »Was?«
»Ich hol Conner ab.«
»Du hast getrunken.«
Er runzelte die Stirn. »Dann muss Natalie ihn eben abholen.«
Natalie. Seine »persönliche Assistentin«. Autumn hatte nichts gegen Sams neueste »Assistentin«. Sie fand es bloß lächerlich, dass er seine Freundinnen »Assistentinnen« nannte. Sie schüttelte unschlüssig den Kopf. »Ich weiß nicht.«
»Ist das wirklich ein Grund zu streiten?«
Conner konnte mit der »Assistentin« zu seinem Dad fahren, in eine vertraute Umgebung, oder in den Rainier Club kommen und sich dort langweilen, bis sie ihn mit nach Hause nehmen konnte. Oberflächlich betrachtet schien das ein einfach lösbares Problem zu sein, doch sie hatte Conner nachts gern bei sich. Sie schlief besser, wenn sie wusste, dass er im Zimmer gegenüber tief und fest schlief.
»Vergiss es.« Kopfschüttelnd wandte er sich ab.
Aber wenn man eine gute Mutter sein wollte, durfte man nicht immer nur an sich denken. Sie hielt ihn am
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