Kussen hat noch nie geschadet
schon groß bin.«
Gerade hatte er ihr so ganz nebenbei ein großes Stück aus dem Herzen gerissen. Sie hatten den Stoff zusammen ausgesucht und die Decke gemeinsam genäht. Genau wie das Kissen. »Und dein Barney-Kissen willst du auch nicht mehr?« Er liebte sein Barney-Kissen.
»Nee.«
Wieder schnappte Autumn entsetzt nach Luft und umklammerte den T-Shirt-Stoff über ihrem Herzen. Das war Sams Werk. Ohne Conner ins Kreuzverhör zu nehmen, konnte sie es zwar nicht beweisen, aber sie war fest davon überzeugt, dass ihr Exmann für Conners plötzliche Barney-Abtrünnigkeit verantwortlich war.
Vince richtete sich wieder auf und wandte sich zu ihr. »Der Junge hat recht«, sagte er und lief mit Conner ganz zur dunklen Seite über. »Barney lutscht haarige Dinosauriereier.«
»Achte auf deine Ausdrucksweise!«
Conner lachte, aber Autumn fand es gar nicht komisch.
Während du auf Achse bist und für Tausende kleiner Jungs den Helden spielst, weint sich dein eigener Sohn in den Schlaf, weil du ihm wieder mal das Herz gebrochen hast.
Sam stand auf seinem Balkon und blickte auf Seattle und die Elliott-Bucht hinaus. Mit Autos und Passagieren beladen, glitt die Fünf-nach-zwei-Fähre übers Wasser und steuerte Bainbridge Island an. Der Wind trug den Verkehrslärm zu ihm nach oben in den neunten Stock, und eine erfrischende Brise strich über sein Gesicht und brachte den Geruch der Autoabgase und des Puget-Sound mit sich.
Während du auf Achse bist und für Tausende anderer kleiner Jungs den Helden spielst …
Sam trat vom Geländer zurück, setzte sich auf einen gepolsterten Terrassenstuhl und griff nach der Flasche Beck’s, die auf dem Tisch neben ihm stand. Er hatte sein schlechtes Gewissen stets damit beruhigt, dass er es wiedergutmachen würde, wenn Conner älter war. Dass er dann mehr Zeit mit ihm verbringen würde. Vater-und-Sohn-Sachen mit ihm unternehmen würde. Nicht, dass er davon auch nur eine Ahnung hätte.
Er hob die Flasche an seine Lippen und legte den Kopf in den Nacken. Er war sogar ein noch schlechterer Vater als sein eigener. Er hätte es zwar nie für möglich gehalten, doch als Vaterfigur hatte er Samuel LeClaire senior sogar noch in den Schatten gestellt. Obwohl er es besser wusste. Er hatte nie der Typ sein wollen, der Wildfremde besser behandelte als seine eigene Familie, den alle anderen in der Stadt für einen tollen Hecht hielten. Einen Teufelskerl. Einen Helden. Aber ein Held, der für seine Familie nichts mehr übrighatte, wenn er endlich nach Hause kam und seine Uniform auszog.
Sam wusste nur allzu gut, wie sich das anfühlte. Sam war jetzt fünfunddreißig. Sein alter Herr war schon seit zwanzig Jahren tot, aber er erinnerte sich noch immer daran, wie er als Kind darauf gewartet hatte, dass sein Dad endlich nach Hause kam, und doch stets vorher eingeschlafen war. Er erinnerte sich, wie er sich voller Elan in den Eishockeysport gestürzt hatte. Überragend gespielt hatte. Sich ausgezeichnet hatte. Und, als er schon ein Star war, geglaubt hatte, dass sein Dad vielleicht, nur vielleicht, wenn er gut genug wäre, zu einem seiner Spiele käme.
Er weiß nicht, dass du bloß ein egoistisches Arschloch bist, das seiner nicht würdig ist. Eines Tages wird er es allerdings merken . Er erinnerte sich noch an den Abend, als er mit dem Warten aufgehört hatte; aufgehört hatte, sich etwas daraus zu machen, ob sein Dad zu einem seiner Spiele käme oder nicht. Er war etwa zehn gewesen, als ihm endlich klar geworden war, dass sein Dad nie dieselben Dinge mit ihm unternehmen würde wie andere Dads mit ihren Söhnen. Sein Dad würde nie mit ihm den Puck schießen oder zu einem seiner Spiele kommen. Sam würde nie aufblicken und seinen Dad neben seiner Mutter und seiner Schwester auf der Tribüne sitzen sehen.
Er fuhr mit dem Daumen über die kalte Flasche und fing die taufeuchten Tröpfchen auf, die zu der Furche glitten und über seinen Fingerknöchel liefen. Es stimmte, dass sein Terminplan straff durchorganisiert war. Während der Saison war er die Hälfte der Zeit zu Auswärtsspielen unterwegs, doch es traf in gleichem Maße zu, dass er die Verantwortung, seinen Sohn aufzuziehen, vollkommen Autumn überließ. Ab und zu fröhlich hereinschneite und ein paar schöne Stunden mit Conner verbrachte, bevor er sich frisch-fröhlich wieder verzog. Autumn war verantwortungsbewusster als er. In dem Maße, dass es ihm manchmal schwerfiel, sie mit der Frau in Einklang zu bringen, die er in Las Vegas
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