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Kussen hat noch nie geschadet

Kussen hat noch nie geschadet

Titel: Kussen hat noch nie geschadet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gibson Rachel
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kennengelernt hatte.
    Eine kühle, feuchte Brise wehte ihm übers Gesicht und über den Hals. Er hatte sich immer eingeredet, dass Qualität wichtiger sei als Quantität. Stimmte das nicht? Er war sich ziemlich sicher, dass er das einen Kinderpsychologen in einer Nachrichtensendung hatte sagen hören, und vergangenen Sommer hatte er noch mehr Verpflichtungen gehabt als sonst. Wegen des Pokalgewinns wurde von ihm erwartet, dass er an noch mehr Fan-Events und Presseterminen teilnahm.
    Er hob die Bierflasche an den Mund und trank einen großen Schluck. Die Wochenenden in Las Vegas und die wilden Partys mit seinen Kumpels waren eigentlich keine Verpflichtungen gewesen. Und klar, ein paar Mal hatte er Conner abgesagt, um mit seinen Freunden zu feiern. Und vielleicht war es auch mehr als nur ein paar Mal gewesen, aber er hätte nie geglaubt, dass Conner sich seine Absagen so zu Herzen nahm. Hätte nicht im Traum daran gedacht, dass sein Sohn sich deshalb in den Schlaf weinte.
    Er ließ die Flasche sinken und balancierte sie auf der Armlehne. Von allen Männern auf der Welt hätte er es besser wissen müssen. Von allen Männern auf der Welt wusste er es besser. Und er wusste auch, dass manchmal echter Mist passierte, und wenn der Fall eintrat, war es zu spät.
    Er erinnerte sich noch an den Abend, als zwei Mounties an ihre Haustür geklopft und seiner Mutter eröffnet hatten, dass ihr Mann bei einer Razzia auf einer Farm in Moose Jaw ums Leben gekommen war. Constable LeClaire war als Erster durch die Tür gestürmt und der Erste von vieren gewesen, die bei dem Einsatz starben. Er erinnerte sich noch, wie er den Sarg seines Dads betrachtet hatte, der neben den drei anderen aufgereiht war. Er sah seinen Dad noch vor sich, in der roten Uniform, die er so sehr liebte und die er seiner Familie vorgezogen hatte. Er erinnerte sich an das Weinen der anderen Kinder, die ihre Väter verloren hatten. Er erinnerte sich noch, wie er die Hand seiner Schwester Ella gehalten hatte, während sie weinte, und an die leisen Schluchzer seiner Mutter. Er erinnerte sich, dass er sich geschämt hatte. Geschämt, weil er für den Mann, den alle anderen liebten und für einen Helden hielten, nur sehr wenig empfand.
    Er war fünfzehn gewesen, als er in die Fußstapfen seines Vaters hatte treten müssen und die Verantwortung für die Familie übernommen hatte. Was seine zehnjährige Schwester anbelangte, hatte er die Aufgabe ernst genommen. Er hatte immer auf sie aufgepasst, und sie war ihm wie ein Schatten gefolgt. Ein Schatten mit einem blonden wippenden Pferdeschwanz. In Ellas Augen hatte er ihren Vater ersetzt. Für sie war er ein verdammter Held.
    Sam fasste die Flasche am Hals an und drehte sie langsam auf der hölzernen Armlehne. Er hatte nie jemandes Held sein wollen. Gott allein wusste, was für einen hundsmiserablen Dienst er Ella erwiesen hatte, aber er wollte trotzdem, dass sein Sohn abends mit der Gewissheit einschlief, dass sein Daddy ihn liebte.
    Womit sich seine Gedanken Conners Mama zuwandten. Ja, vielleicht hätte er Autumn tatsächlich anrufen sollen, um ihr Bescheid zu sagen, dass sie später kommen würden. Doch er hatte schlicht und ergreifend nicht daran gedacht, und es war ihm erst in den Sinn gekommen, als er gesehen hatte, wie oft sie ihn auf dem Handy angerufen hatte. Zu dem Zeitpunkt war das Kind aber schon in den Brunnen gefallen. Er hatte nicht erst sehen müssen, wie sie die Treppenstufen hinabgestürzt kam, um zu wissen, dass er ein Problem hatte. Verdammt, er hatte es schon gewusst, bevor er überhaupt in ihre Straße bog. Womit er nicht gerechnet hatte, war, dass sie derart ungestüm und erhitzt ausschauen würde. Dass ihr das rotbraune Haar um den Kopf fliegen und ihre grünen Augen blitzen würden. Wenn sie nicht den Mund aufgemacht und rumgezickt hätte, wäre er vielleicht in die unangenehme Situation geraten, sich an das letzte Mal zu erinnern, als sie so ausgesehen hatte. Total außer sich und hemmungslos. Nur dass sie damals nicht sauer gewesen war. Damals hatte sie ihm die Klamotten vom Leib gezerrt, bis er splitternackt war und ihr Mund seinen Körper überall berührte, mit ihm gemacht, was sie wollte, und ihn keuchend, erschöpft und mit dem Verlangen nach mehr zurückgelassen.
    Bei ihrer ersten Begegnung hatte sie allein getanzt, eine Hand über dem Kopf, die andere auf dem Bauch, und sich dabei langsam und verführerisch in den Hüften gewiegt. Bevor er einen klaren Gedanken hatte fassen können, war er

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