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Kussen hat noch nie geschadet

Kussen hat noch nie geschadet

Titel: Kussen hat noch nie geschadet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gibson Rachel
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konnte, hielt sie es durchaus für möglich, dass sie einander den Stinkefinger zeigten.
    Sie blieb auf der Veranda stehen und wartete. Sie liebte ihren großen Bruder. Liebte ihn aus vielen guten Gründen, aber vor allem, weil er sie beschützte. Egal, was passierte. Er war liebevoll und in höchstem Maße loyal. Er prügelte sich sogar für sie. Das hatte er schon immer getan, aber manchmal nahm er seine Pflichten als großer Bruder und Onkel ein kleines bisschen zu ernst. Doch so war Vince eben. Er war ein ehemaliger Navy SEAL, der keine halben Sachen machte. Er war von dunklen Dämonen besessen, über die er nie sprach, und lebte nach dem Motto: »Manchmal ist es völlig angemessen, eine Fliege mit dem Schlaghammer zu töten.«
    Er brachte seine Harley in der Einfahrt zum Stehen, wo eben noch Sams Truck geparkt hatte, und stellte den Motor ab. Dann schwang er ein Bein über die Maschine, stand auf und fuhr sich mit den Fingern durch die kurzen dunklen Haare.
    »Ich dachte, der Idiot soll sich von dir fernhalten«, brummte er, während er die Treppenstufen zu ihr hinaufstieg, wobei seine Stiefel dumpf auf dem Beton aufschlugen.
    »Er hat nur schnell Conner hier abgesetzt. Keine große Sache.« Unnötig zu erwähnen, dass er mit anderthalb Stunden Verspätung aufgekreuzt war und ihr Sorgen bereitet hatte. Unnötig, schlafende Hunde zu wecken. »Und warum bist du hier?« Auch wenn sie glaubte, es bereits zu wissen.
    »Vielleicht wollte ich dich einfach mal sehen.«
    »Du hast mich doch gestern erst gesehen.« Sie machte eine wegwerfende Handbewegung. »Komm schon. Spuck’s aus, bevor wir reingehen.«
    Er lächelte, und dabei kamen seine unteren Zähne zum Vorschein, die zwar leicht schief, dafür aber strahlend weiß waren. »Nach gestern Abend wollte ich nur sichergehen, dass es dir gut geht.«
    »Du hättest auch anrufen können.«
    »Du hättest mich nur angelogen.« Er senkte den Kopf und blickte ihr in die Augen. »Muss ich ihn umbringen?«
    Wenn sie mit hundertprozentiger Sicherheit gewusst hätte, dass er nur Witze machte, hätte sie vielleicht gelacht. Doch sie war sich da überhaupt nicht sicher, konnte es ihm allerdings nicht verübeln. Es gab bestimmt eine Menge Leute, die Sam am liebsten umbrächten. Sie hatte ihn Eishockey spielen sehen, und nur vor wenigen Minuten hätte sie ihn am liebsten eigenhändig umgebracht. »Nein. Ich hab ihn gestern Abend gar nicht so richtig gesehen.« Was nicht ganz der Wahrheit entsprach. Sie hatte seinen blonden Schopf jedes Mal gesehen, wenn sie den Raum betrat. »Wir haben nicht viel geredet.« Was sogar stimmte.
    »Dir geht’s also gut?« Sie argwöhnte, dass Sam und Vince einander so ungemein hassten, weil sie sich in mancherlei Hinsicht sehr ähnlich waren. Sie waren beide gut aussehend, arrogant und echte Womanizer. Der Unterschied zwischen ihnen bestand darin, dass Vince seine Familie über alles stellte.
    Als Conner noch kleiner war, hatte es eine Zeit gegeben, in der sie sehr auf ihren Bruder angewiesen gewesen war, doch inzwischen war sie stärker. Sosehr sie Vince auch liebte und noch immer brauchte, gab es Zeiten, in denen sie sich wünschte, er würde sich eine nette Frau suchen, heiraten und seine eigene Familie gründen. Er gäbe einen tollen Dad ab, aber natürlich stand diese Womanizer-Sache einer ernsthaften Beziehung stets im Weg. »Du brauchtest deshalb nicht extra hierher zu brausen.«
    »Ich wollte sowieso vorbeikommen.«
    Klar. Autumn öffnete die Tür, und Vince folgte ihr ins Haus. »Ich bin ein großes Mädchen. Ich werde schon mit Sam fertig.« Sie liefen nach oben in Conners Zimmer, wo der Junge an seinem Bett stand und gerade seinen schmutzigen Schlafanzug aus dem Rucksack zog.
    »Hey, Nugget«, begrüßte ihn Vince mit seinem Kosenamen, kniete sich neben ihn und wuschelte ihm durchs Haar.
    »Hallo, Vince.« Conner zog seine kleine Unterwäschegarnitur heraus. »Ich hab mit meinem Dad geflippert.«
    »Ach ja? Klingt spaßig.«
    Er nickte eifrig. »Und ich hab ein Hotdog gegessen.« Er wandte sich an seine Mom. »Kann ich eine neue Decke haben?«
    »Was ist falsch an deiner Barney-Decke?«
    »Barney ist längst abgelutscht.«
    Sie schnappte entsetzt nach Luft, und ihr klappte die Kinnlade herunter. »Aber … aber … du liebst Barney. Er ist doch dein lila Freund.«
    Er schüttelte bedauernd den Kopf und schniefte. »Barney ist was für Babys.«
    »Seit wann denn das?«
    Er zuckte mit den Achseln. »Weil ich bald in die Schule komme und

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