Kusswechsel
könnte ja sein …«
Lula zog eine Glock Kaliber 40 aus ihrer Handtasche.
»Und ich würde sie auch jederzeit benutzen. Ich habe ein scharfes Auge. Mal sehen, ob ich die Flasche da drüben neben dem Fahrrad treffe.«
An dem großen Schaufenster des DeliMarts lehnte ein schickes teures Mountainbike, daneben stand eine Literflasche. In den Hals der Flasche war ein Lappen gestopft.
»Nein«, rief ich. »Nicht schießen!«
Zu spät. Lula ballerte einen Schuss ab, verfehlte die Flasche, und die Kugel zerfetzte das Hinterrad des Mountainbikes.
»Hoppla«, sagte Lula, verzog das Gesicht und steckte die Pistole sofort wieder zurück in ihre Handtasche.
Eine Sekunde später kam ein junger Mann aus dem Laden gelaufen. Er trug einen Mechaniker-Overall und eine rote Teufelsmaske. Über einer Schulter hing ein kleiner Rucksack, in der rechten Hand hielt er eine Pistole. Seine Hautfarbe war etwas dunkler als meine und etwas heller als Lulas. Er schnappte sich die Flasche vom Boden, zündete den Lappen mit einem Feuerzeug an und schleuderte die Flasche in den DeliMart. Dann wollte er sich auf das Fahrrad schwingen, merkte aber, dass das Hinterrad in Fetzen von der Felge hing.
»Scheiße«, sagte der Mann. »Scheiße!«
»Das war ich nicht«, sagte Lula. »Ich nicht. Jemand anders ist vorbeigekommen und hat auf Ihr Fahrrad geschossen. Sie sind wohl nicht gerade sehr beliebt, oder?«
In dem Laden ging ein irres Gebrüll los, der Mann mit der Teufelsmaske flüchtete, und Victor, der pakistanische Geschäftsführer, kam aus der Tür gerannt. »Ich bin erledigt! Kapiert? Erledigt bin ich!«, schrie er. »Das ist der vierte Überfall in diesem Monat, mehr verkrafte ich nicht. Sie sind ein Haufen Hundescheiße!«, rief er dem Mann mit der Teufelsmaske hinterher. »Hundescheiße!«
Lula hatte die Hand gleich wieder in ihrer Tasche. »Stehen bleiben! Ich habe eine Waffe!«, sagte sie. »Mist, wo ist sie? Wieso findet man das Scheißding nie, wenn man es braucht!«
Victor warf die brennende, aber noch immer heile Flasche nach dem Mann mit der Teufelsmaske und traf ihn am Hinterkopf. Die Flasche prallte vom Schädel des Teufels ab und knallte gegen die Beifahrertür meines Autos. Der Teufel taumelte und riss sich instinktiv die Maske vom Gesicht. Entweder bekam er keine Luft, oder er wollte die Stelle am Kopf abtasten, ob sie blutete, vielleicht handelte er auch einfach nur unüberlegt. Wie auch immer, die Maske war nur eine knappe Sekunde vom Kopf, bevor er sie sich schleunigst wieder überstülpte. Er drehte sich um und sah mich unmittelbar an, dann lief er über die Straße und tauchte in einer Gasse zwischen zwei Häusern unter.
Die Flasche entzündete sich sofort, als sie auf das Autoblech traf. Flammen schossen seitlich und unter dem Fahrwerk hervor.
»Du liebe Scheiße«, sagte Lula und blickte von ihrer Handtasche auf. »Verdammt.«
»Womit habe ich das verdient?«, kreischte ich los. »Wieso passiert so was immer nur mir? Nicht zu fassen: Fackelt mir schon wieder mein Auto ab! Ständig fliegen meine Autos in die Luft. Wie viele Autos sind auf diese Weise schon kaputtgegangen, seit du mich kennst?«
»Ganz schön viele«, sagte Lula.
»Peinlich, peinlich. Wie soll ich das meiner Versicherung beibringen?«
»War ja nicht deine Schuld«, sagte Lula.
»Es ist nie meine Schuld. Aber zählt das etwa bei der Versicherung? Einen Dreck interessiert die das!«
»Du hast eben ein schlechtes Autokarma«, sagte Lula.
»Wenigstens hast du Glück in der Liebe.«
Seit zwei Monaten wohne ich mit Joe Morelli zusammen. Morelli ist ein Polizist aus Trenton, sehr sexy, sehr hübsch. Morelli und mich verbindet eine lange Geschichte und wahrscheinlich noch eine lange Zukunft. Wir nehmen es, wie es kommt. Neuer Tag, neues Glück. Keiner von uns hat das Bedürfnis, unsere Bindung irgendwie offiziell bescheinigen zu lassen. Einen Vorteil hat es, wenn man mit einem Polizisten zusammenlebt: Man muss nie zu Hause anrufen, wenn etwas Schreckliches passiert ist. Das kann sich aber auch als Nachteil erweisen, wie Sie sich denken können. Sekunden nachdem der Notruf wegen dem Überfall und dem brennenden Auto mit einer Beschreibung meines gelben Escape eingegangen war, hatten mindestens vierzig verschiedene Polizeifahrzeuge, Krankenwagen und Feuerwehren Morelli über Funk mitgeteilt, dass seine Freundin sich mal wieder ein dickes Ding geleistet hat.
Lula und ich wichen vor dem Feuer zurück, da wir aus Erfahrung wussten, dass sehr
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