Kutath die sterbende Sonne
immer. Zu einem Mri-Weg. Hörst du mich? Die She'pan hatte bereits entschieden, welchen Weg sie uns führen wird; und vielleicht wird sie Gebrauch machen von dem, was du ihr gegeben hast... aber nicht so – wie du es ihr gabst.«
»Ich verstehe.« Die Dusei drängten sich heran, stöhnten, scheuten zurück. Duncan holte Luft und vollzog eine Geste, wie er sie immer machte, wenn ihm die Worte fehlten, atmete wieder aus und ließ hilflos die Hand fallen. Sein Dus kam zu ihm, und er liebkoste den dicken Nacken des Tieres, als wäre dies die am meisten beanspruchende Aufgabe der Welt. »Ihr habt euren eigenen Weg gewählt«, sagte er endlich. »Wenn ich mich eingemischt habe, dann in der Hoffnung auf eine Möglichkeit für die Mri, zu überleben und ihre Eigenart zu wahren. Wenn ich mich geirrt habe, war das vielleicht ein Anflug von Tsi'mri, eine Wertschätzung des Überlebens.«
»Nein. Du begreifst nicht. Ich frage dich nicht, ob du mit uns sterben kannst. Ich rede über den Befehl der She'pan. Deine Ehre... ist sie mri?«
Duncan starrte ihn an, das Gesicht reglos im matten Licht, und hatte für einen Moment Angst. Sie ging vorbei. »Ich habe sie gewarnt. Ich habe es ihnen gesagt.«
»Wenn sie sind, wie du einst warst... können sie dann einer offenen Warnung geglaubt haben?«
»Manche wahrscheinlich nicht. Trotzdem habe ich sie gewarnt.«
Jenseits der Zeltwand gab es Bewegung, das leise Murmeln von Stimmen, die sich entfernten: die fremden Kel'ein verließen das Behelfszelt. Niun ging zum Eingang, betrachtete die Ja'anom, die dort feierlich und schweigend warteten, Hlil vor den anderen. Er winkte sie herbei, und sie kamen, ließen sich in völligem Schweigen zum Rat nieder. Duncan wollte den letzten Rang aufsuchen, aber Niun gab ihm ein Zeichen und machte ihm einen Platz in seiner Nähe frei – nicht nach Rang, sondern ein Platz, wo die vom anstehenden Ratsthema Betroffenen außerhalb der Ordnung plaziert werden konnten.
»Gibt es irgendeine Sache«, fragte er, »die nicht geklärt ist?«
Niemand sagte etwas. Aber nach einem Moment gab es eine Regung im zweiten Rang, und Köpfe wurden gedreht, als Ras aufstand. Sie drängte sich entschuldigend durch den ersten Rang und trat in die Mitte, und Niun und Duncan erhoben sich unruhig. Ras kam zu Duncan und umarmte ihn, und danach Niun, wie man es mit Narbenlosen an ihrem ersten Tag im Kel zu tun pflegte. »Ich habe geschworen, die erste zu sein«, sagte sie.
Andere kamen, Peras und Desai und Hlil und Merin; Dias und Seras und alle vom ersten Rang bis zum letzten, zuerst Duncan und dann ihn in seltsamer und stiller Höflichkeit umarmend. Beim ersten war er betäubt, und zum letzten hin begann er, es nicht als Ironie zu verstehen, sondern als etwas von Herzen Gegebenes. Sie alle ließen sich wieder auf ihren Plätzen nieder, sogar Duncan, und die Dusei bei ihm, und Niun blieb übrig, starrte sie mit erhitztem Gesicht und einem durch Benommenheit erzeugten Mangel an Würde an.
Nach einem Moment setzte er sich, die Hände im Schoß, und betrachtete sie noch für eine Weile, bevor er wieder zur Besinnung kommen und die Enge aus seinem Hals verbannen konnte.
»Die Angelegenheit, die im Rat besprochen wurde«, schaffte er schließlich mit einer Stimme zu sagen, die an die eigenen Ohren wie aus der Ferne drang. »Ihr habt danach gefragt.«
15
Auch hier gab es kein Leben. Boaz starrte aus vom Wind wunden Augen auf die Stadt – die beschädigten Straßen, die sandverstopften Alleen, und die Hoffnung begann schwächer zu werden. Durch die dauernde Anstrengung hämmerte das Herz in ihren Ohren; die Gelenke schmerzten wie nach langem Fieber und stachen mit scharfem, kurzem Schmerz zu, wenn der Sand das Gehen erschwerte. Die Jungen wollten die notwendige Last tragen, aber das wies sie hartnäckig zurück, denn sie hatten schon das Ihre zu schleppen. Boaz' Atem schabte durch die Kehle und ging zu kurz durch die zischende Maske; wenn sie auf etwas hätte verzichten können, dann unvernünftigerweise auf diesen klappernden Tank an ihrer Schulter, und die Maske schien den Atem eher zu behindern als zu unterstützen – jedoch bedeutete sie das Leben. Von Zeit zu Zeit drehte sie am Ventil und ließ etwas Sauerstoff hineinschießen – er machte ihren Kopf leichter und die Kehle wund. Sie machte dies dafür verantwortlich und nicht die Luft und die Kälte.
Zumindest gab es hier keine Toten; zumindest das blieb ihnen erspart. Kein Zeichen wies darauf hin, daß seit dem
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