Kutath die sterbende Sonne
ordnungsgemäß im zweiten Rang, der sich pflichtgemäß und gleichmäßig verteilt und diese Gegenwart akzeptiert hatte. Das war überhaupt die Aufgabe des zweiten Ranges, dachte er beunruhigt, wandte das Gesicht wieder der Dunkelheit zu und wartete; das Dus berührte ihn und begann einen vibrierenden Gesang; völlig unpassend hier, diese übermäßige Zuversicht. An ihn gelehnt sang es so, daß nur die in der Nähe es überhaupt hören konnten, so tief, daß es durch Knochen und Fleisch zitterte, betäubend, besänftigend. Für einen Moment war er des Gefährten ein paar Schritte hinter sich gewahr; des ängstlichen Duncan, des blutenden Schattens von Ras; Meleins, wach und in einem anderen Zelt. Und sie frohlockte so heftig, daß es ihm in den Ohren pulsierte. Die Ruhe von Sen'ein spürte er, die Liebe von Kath'ein, den schlafenden Frieden von Kindern... Lager und Kel'ein im Umkreis verstreut, weit hinweg über die Dünen. Und in noch weiterer Entfernung, Dus-Sinn, Kontakt mit anderen...
Er zitterte plötzlich, zerbrach die Gnosis, zog sich aus größerer Tiefe daraus hervor, als er je in eine gefallen war. Das war Duncans Art mit den Tieren – keine Zurückhaltung. Keine Barrieren. Der Gesang griff auf andere über und zog auch sie mit hinein. »Yai!« rief Niun. Es hörte auf, und das Dus warf den Kopf und rieb sich an ihm. Es gab noch andere dort draußen, jenseits der Dunkelheit und des Schattens, der auf dem gegenüberliegenden Kamm unterscheidbar geworden war, der daran herabströmte, mit Waffen und Ehrenzeichen, die im Sternenlicht glitzerten.
Hao'nath; das konnte man aus ihrer Richtung erkennen; und an der Art, in der sie herankamen, wurde ihre Absicht deutlich, denn die Krieger gingen mit langen Schritten, die Hände frei herabhängend, mit zufälligen Abständen und nicht in Marschordnung.
»Ai«, murmelte jemand in der Nähe, und das ganze Kel entspannte sich. Ein Strom der Freude lief durch die Dusei wie ein starker Wind.
Andere Massen tauchten am Horizont auf, angekündigt durch das erste Durchbrechen des Tageslichtes, die genannte Zeit. Eine erschien im Osten, eine im Südosten, und im Norden... vielleicht.
Die Hao'nath kamen jetzt den Hang herauf, beeilten sich in der Nähe des Lagers etwas. Rhian s'Tafa führte sie, Zentrum zu Zentrum, und Niun ging ihm entgegen, entschleierte sich, als Rhian es auch tat, umarmte den älteren Kel'anth glücklich. Die Kels vermischten sich, Kel'ein, die untereinander ihre Gesichter kennengelernt hatten, fanden einander mit einer Erleichterung, die seltsam an eine Heimkehr erinnerte, denn die Schleier waren unten und die Hände ausgestreckt.
Für einen Moment fehlte es an Ordnung; und in diesem Chaos drehte Niun sich um und hielt Ausschau nach Duncan, der sich ebenfalls entschleiert hatte und zwischen den anderen so auffiel wie das Dus an seiner Seite. Wieder drehte er sich um und blickte den Hang hinab und sah, wie andere auf den Spuren der Hao'nath näherkamen, unbeschwert und ohne Feindseligkeit, der zweite und der dritte Stamm, und der vierte war ein Schatten vor der aufziehenden Dämmerung.
»Auch sie kommen«, sagte er überglücklich zu Hlil, und auf einen plötzlichen und kalten Impuls des Dus an seiner Seite hin drehte er sich erneut zu Duncan um, so abrupt, als hätte eine Hand seine Schulter gepackt.
Dort war Rhian stehengeblieben, betrachtete Duncan einfach, wie Duncan ihn betrachtete, und Niun stieß das Dus an, damit es aufhörte, dieses Unbehagen zu formen... Rhian wandte jedoch einfach den Rücken und ging weg.
»Ich bin nicht krank, Sir«, sagte Duncan, hörbar für alle Umstehenden.
Wieder drehte sich Rhian um, und Niuns Herz hüpfte, obwohl er dieser Antwort beipflichtete, obwohl er einigen Glauben in den Hao'nath setzte. Rhian senkte den Kopf, musterte Duncan von Kopf bis Fuß, und das Tier neben ihm desgleichen.
»Du bist narbenlos«, sagte Rhian, womit jede Frage von Herausforderung zwischen ihnen aus der Welt geschafft war, aber nicht von richtig und falsch.
»Meine Unerfahrenheit hat meine Furcht befreit, und meine Furcht ließ das Tier los«, sagte Duncan. »Meine tiefempfundene Entschuldigung, Sir.«
Wieder gab es ein längeres Schweigen, denn der Stolz eines Kel'anth stand auf dem Spiel. »Du bist gut gelaufen, Kel'en«, meinte Rhian und drehte ihm wieder den Rücken zu, während sich ringsherum Gemurmel erhob... ai-ai-ai , was Erleichterung und Miß- billigung gleichermaßen bedeutete, Kutathi-Applaus, wie für einen guten
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